SS 1980
Die Hunde der Persephone

Part III

p65

Kehren wir von pseudo 'eschatologischen' Caniden, die realiter nur ein Kolurengerüst einzureißen drohen, für eine Weile zurück zu den 'positiven' Eigenschaften und Taten dieser Spezies, denen zufolge der Hund von der Zunft gerne als "Kulturbringer" eingestuft wird; amerikanische Beispiele haben wir gehabt, weitere werden folgen, aber da wir Afrika bislang vernachlässigt haben, fangen wir mit diesem Erdteil an.

In Afrika also stiehlt der Hund häufig das Feuer für die Menschen (s. Beilage 12), und zwar von sog.'Geistern' oder von Toten, die einmal als "Zwerge" firmiert werden (Kosi, Kamerunküste). Mit Vorliebe bindet er sich ein brennendes Holzstück an den Schwanz (Kosi; Niloten: Murle/Beir, Djur, Shilluk, Bodi; Südostsudan: Bongo; Kordofan :'Nuba proper'), wozu Barbara Frank in ihrer Dissertation "Die Rolle des Hundes in afrikanischen Kulturen" (p122) anmerkt, diese Form des Transports sei eine "aus dem Wesen des Hundes nicht erklärbare". Als ob das nicht für alle Formen des Transportes des sog.'Feuers' gelte! Je nun. Bei Niloten (Murle, Bodi) und an der Kamerunküste (Kosi) ergibt sich die zusätzliche Schwierigkeit, daß der Feuerdieb durch einen Fluß schwimmen muß, wobei der Feuerbrand am Schwanz zu verlöschen droht. Bei den Yoruba (p135) transportiert der Hund das Feuer durch das "Wasser, das die Erde umgibt", allerdings mit der Schnauze. Auf diesem angeblich `natürlichen' Wege, nämlich mit dem Maul, holt der Hund in Nigeria (Kalabari, Idjo,Ibo) das Feuer aus dem Totenreich, und zwar ist bei den Kalabari die Story mit der von der Himmel Erde Trennung verquickt.

"Früher", so heißt es, (B. Frank p122 f. nach Talbot: Tribes of the Niger Delta. London 1932, 338 42) "war der Himmel so nah an der Erde, daß das Essen von der Sonnenhitze gar wurde." Ein Hund floh vor einem vermeintlichen Feind ins Totenreich,"wo er den Geistern die Trommel spielte. In der Zwischenzeit aß die Schildkröte, die ihm gefolgt war, in den Hütten alles auf. Die erzürnten Geister verjagten daraufhin auch den Hund mit seiner Familie aus dem Totenreich. Sie waren damals die einzigen Feuerbesitzer. In ihrer Wut warfen sie die brennenden Stöcke hinter dem Hund her. Dieser lief geschwind zurück, ergriff einen und trug ihn im Maul mit. Bald traf er eine alte Frau. Die dachte, daß es sehr gut sei, Feuer zu besitzen, nahm den Feuerbrand und zündete das erste Feuer auf Erden an. Alle Leute holten sich von diesem Feuer. Sobald die Sonne sah, daß die Menschen Feuer hatten, sagte sie zum Himmel, nun sei es nicht mehr nötig, sich so tief unten aufzuhalten, da die Menschen ohne ihre Hilfe kochen könnten. Darauf ging der Himmel hinauf, weit von der Erde fort."

Auch bei den nilotischen Murle kannte man früher kein Feuer, sondern trocknete das Fleisch in der Sonne. Eines Tages aber,"als es regnete, sah Orudh, der Hund, einen Regenbogen. Er lief ihm nach, um sein Ende zu finden Als der Regen aufhörte, kam er zu einer Höhle, die Regenbogen zur Wohnung genommen hatte, da sie schwer zu finden war. Orudh kroch in die Höhle, und fand Regenbogen wie eine riesige Python in vielen Windungen schlafend um ein Feuer liegen. Vorsichtig trat Orudh zwischen die Windungen, ergriff den Feuerbrand, wickelte seinen Schwanz darum, kroch aus der Höhle und rannte davon. Das brennende Holz mit dem Schwanz haltend schwamm er sogar durch einen F1uß. Regenbogen wachte auf, rannte Orudh nach erwischte ihn aber nicht. Orudh gab das Feuer den Bäumen, daher geben sie heute Feuer, wenn man ihr Holz aneinander reibt." (B. Frank, p126)

p66

Bei den nilotischen Nuer stahl der Hund das Feuer aus dem Dorf der Schlange und brachte es unverweilt den Menschen.

In jeder Hinsicht segensreich erwies sich eine Hündin, von der die nilotischen Kuku erzählen (p 130-32 nach Yunis, Sudan Notes and Records 1,1924, 1-6). Früher wußte man noch nichts vom Gebären, und wenn eine Frau lange genug schwanger war, schnitt ihr Gatte sie auf und holte das Kind heraus: die Mutter starb unweigerlich. Da kam eine Hündin, um sich geschwind ein Messer auszuleihen der Herr des Hauses hatte es aber bei der letzten 'Entbindung' verlegt. Die Hündin war entsetzt und brachte den Kuku die richtige Manier bei, d.h. sie spielte Hebamme für die nächste Frau des Hausherren. Gleich anschließend besorgte sie für die Kuku das Feuer, d.h. sie holte Grastrockenes Gras, der Mann mußte das Grasbüschel unter ihren Schwanz halten und kräftig pusten: als bald fing das Gras Feuer, und die Hündin unterrichtete den Hausherrn, wie man Feuer am brennen hält und wie man, falls es doch einmal ausgehen sollte, mit zwei Holzstücken neues erzeugt. (Bei den Anuak uriniert der Hund auf das Gras; in Westafrika, Ogoni, Kalabar Provinz, erbricht der Hund das Feuer). Anschließend erteilte die Hündin den Kuku Unterricht im Mahlen von Körnern an Operation so far unknown to them: die Menschen hatten bislang nur Spelzen gegessen und hielt Kochstunden ab. Abschließend dann verkündete sie, hinfort werde sie nicht mehr sprechen."Würde ein Hund dennoch sprechen, so brächte das dem ganzen Haushalt den Tod. Um seiner Unfähigkeit zu sprechen ganz sicher zu sein, zerschneiden die Eingeborenen den Hunden eine bestimmte Sehne unter der Zunge' In diversen anderen nilotischen und in westafrikanischen Mythen verliert der Hund die Sprache als Strafe dafür, daß er Gott oder den Geistern Feuer oder andere sog.'Kulturgüter' gestohlen hatte. Spricht er, so wird das fatal für die Familie, mit der er lebt.

//Orakel verheißt Tarquinius Superbus Übles, sobald ein Hund zu sprechen anheben werde; gemeint war Brutus//.

Bei den Tetela im Nordostkongo (B. Frank p134 =L.F.Atlantis XII 80) stieg der Hund erst auf einen Baum und von dort aus in den Himmel, um das Feuer zu besorgen. Mit dem mitgebrachten Feuer steckte er den Baum in Brand, und von dort holten sich alle Leute das Feuer. Darauf stieg der Hund erneut in den Himmel und brachte von dort acht Nahrungspflanzen auf die Erde herunter. Und sowie man bei den Cakchiquel in Guatemala Mais in Coyotes Kot fand, // Krickeberg: Märchen 130 f.358; Schultze Jena: Popol Vuh 101// so Hirsekörner in dem des Hundes im Westsudan (Padokwo, Altnigritier, Fr.147):der einzige alte Mann, der Körner besaß, hatte den Hund damit gefüttert. Daher kommt alle Hirse.

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Bei den Gbunde in Liberia (148 f) heißt es, da Gott (Gala) sehr weit weg von den Menschen lebte, die er auf die Erde hinuntergeschickt hatte, machte er einen Hund und schickte ihn herunter, um sich der Menschen anzunehmen. Dieser Hund erhielt täglich ein Reiskorn von einem Vogel, dem es Gala, eben Gott gegeben hatte. Der Hund kochte das Reiskorn und es reichte für alle. Eines Tages stand ein altes Weib nahe dabei, als der Hund das Reiskorn in den Topf legte, und sagte zu sich selbst:"How can we fill all our bellies an that little thing? So she put in more." Woher sie die zusätzlichen Körner hatte, wird nicht verraten. Gala jedenfalls verfügte, von Stund an sollten die Menschen, ihrer Gier halber, viel Reis brauchen und schwer dafür arbeiten müssen.

Der einzige, der "Bescheid weiß", ist der Hund auch bei den Tschako in Gimírra (Südwestaethiopien, B. Frank 149 nach Straube): "Ein Mensch kam mit dem Jams, den ihm Gott gegeben hatte, vom Himmel herab. Der Hund unterwies nun die Menschen in der Zubereitung der Knollen und nannte ihnen den Namen der Frucht." Hier bei den Tschako, hat der Hund wiederum mit der Himmel Erde Trennung zu tun, wie in Nigeria, und das kam so (150, nach Straube):

"In alter Zeit lag der Himmel dicht über der Erde, so daß die damals noch nicht das Vieh zu melken verstanden, ihre Kühe täglich zum Melken zu Gott saku in den Himmel senden konnten. Eines Tages hielt sich der Hund im Himmel auf und sah, wie saku die Kühe der Menschen molk und wie er der frischen Milch Blätter des boschu Strauches zusetzte, um den Säuerungsprozeß zu beschleunigen. Der Hund, der damals noch sprechen konnte, erzählte nach seiner Rückkehr auf die Erde den Menschen, was er gesehen hatte, und zeigte ihnen, auf welche Art und Weise die Kühe zu melken sind und wie man die Milch säuert. Er kostete selbst die frisch gemolkene Milch vor und forderte die Menschen auf, die Milch selbst zu trinken und besonders die Kleinkinder mit Milch aufzuziehen. Gott saku wunderte sich, daß ihm keine Rinder mehr zugetrieben wurden und erfuhr anläßlich eines Besuches auf der Erde, daß die Menschen vom Hund das Melken gelernt hätten und daher Gottes Hilfe nicht mehr bedürften. Zornig fuhr Gott daraufhin den Hund an und sagte zu ihm: Du sollst von nun an nur mehr mit Schwanz und Schnauze sprechen. Der Hund antwortete ihm in frechem Tone mit den Worten: und du sollst von nun ab die Milch nur noch sehen und riechen. Daraufhin löste sich der Himmel von der Erde und verschwand in weiter Ferne."

Die südäthiopischen Basketto wiederum erzählen (150):

"Vor den Menschen waren Kühe und ein Hund da. Die Kühe gehörten dem Hund (er hatte auch Schafe und Ziegen), und da dieser sie weder schlachten noch melken konnte, vermehrten sie sich außerordentlich. Inzwischen kamen die Menschen. Den Hund fror es sehr; denn er hatte keine Kleider. Er sagte zu den Menschen: 'Bitte kauft die Kühe, denn ich kann nichts damit anfangen. Gebt mir dafür etwas warme Asche, wenn ich euch besuche, etwas Milch und wenn ihr schlachtet, die Eingeweide'. Danach gab er ihnen alles Vieh. Deshalb schläft der Hund gern beim Feuer, und man gibt den kleinen Hunden auch etwas Milch."

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Wir können schlechterdings nicht alle afrikanischen "kulturbringenden" Hunde unter die Lupe nehmen: wer ernstlich interessiert ist, mag die einschlägigen Geschichten bei Barbara Frank nachlesen. Einige wenige Beispiele wollen wir aber noch ins Spiel bringen, die Ihnen die Wege kundige Saramâ in Erinnerung rufen werden und, wie ich hoffe, Upuaut, den oberägyptischen stehenden Wolf oder Schakal mit Namen "Öffner der Wege", der an der Spitze des Horusgeleits, d.h. der königlichen Standarten, vor dem Pharaoh hergetragen wurde.

//Mythos von Entstehung des Schwirrholzes Oro bei den Yoruba, Schwirrholz = "der große Vater". Man muß ihm Schafbock und Hund zu essen geben."Vor allen Dingen werden wir ihm einen Hund geben, denn mein großer Vater hat einmal den Weg verloren. Der Hund hatte ihn ihm gezeigt. Ohne den Hund hätte mein großer Vater den Weg nicht wiedergefunden". Leo Frob.Atlantis X 52//

Die am unteren Kongo wohnenden Mpangu (B. Frank 156) verdanken einem Hund ihre Wohnsitze.

"Als sich die Nachkommen des Stammelternpaares in San Salvador so vermehrten, daß es an Land mangelte, sollte von jedem Clan eine Familie ausziehen und neues Land suchen. Die Mutter, Mpenge Nzinga, zeigte ihnen die Richtung, Ost Nord Ost, und gab ihnen einen Hund als Führer. Der ging voraus; bei Sonnenuntergang hielt er an, am anderen Morgen ging er weiter. Und jedesmal blieb da, wo er sich niedergelegt hatte, ein Clanführer mit seinem C1an.So ging es, bis alle Clane sich niedergelassen hatten."

"Die nördlichen Tschokwe in Angola sagen (Leo Frob. 157 =Atlantis XII 128), daß alle Völker von Sonnenaufgang kommen. In der Zeit, als es noch nichts zu essen gab, fanden sie im Kropf einer Taube alle Feldfrüchte. Die Taube kam von Sonnenuntergang, deshalb beschlossen die Menschen, dorthin zu wandern. 'Sie hatten den Hund. Mit dem Hunde gingen sie in Richtung des Sonnenunterganges. Der Hund lief immer voraus. Er zeigte den Weg.' Die Menschen folgten, indem sie sich an der Hand hielten und eine lange Kette bildeten. Endlich kamen sie in ein Dorf, wo eine alte Frau, die nur eine rechte Seite hatte, ihnen die Feldfrüchte gab."

Im südlichen Kongobecken erzählen die Songe das Folgende (ibid.=At1.XII 101):

"Im Anfang machte Fidi Mukullu alle Menschen und Tiere. Es gab aber nur die Nacht. Die Menschen sandten Mbou (Büffel), den Morgen zu suchen. Der Mbou lief und lief und lief und konnte den Morgen nicht finden und kehrte zurück. Die Menschen sandten den Nsevu (Elefant), den Morgen zu suchen." Dem ging es nicht besser als dem Büffel. "Die Menschen sandten den Mboa (Hund), den Morgen zu suchen. Sie gaben ihm Quaddi (Perlhuhn) und Katodi (ein Vogel, der am Morgen vor der Dämmerung schreit) und Mukuku (Kuckuck) und Tombolo (den Haushahn) mit. Der Hund lief und lief und kam nahe zum Dorf Fidi Mukullus. Er ließ Quaddi und Mukuku und Katodi (Perlhuhn, Kuckuck und den Morgenschreier) im Busch zurück und ging selbst mit dem Tombolo/Haushahn in das Dorf Fidi Mukullus. Als Mboa (der Hund) in das Dorf kam, nahte der Morgen. Da sagte er zum Hahn: 'Rufe!'.Der Hahn krähte. Im Busch schrie Katodi, im Busch schrie Makuku. Die Menschen hörten den Schrei des Makuku (Kuckuck) und sagten: 'Der Morgen kommt'. So kam der Morgen. Die Menschen machten Mboa (den Hund) zum ersten Häuptling." Später beschloß man jedoch, daß nicht Mboa, sondern derjenige, der ein Leopardenfell besitzt, Häuptling werden sollte." (S.a. für Kuba Bolombo Atlantis XII 182 f.)

Bei einem Unterstamm der Kongo, den Ngongo, "findet ein Hund da, wo die Menschen nicht weiter wissen, zwischen den Felsen einen Weg zu Woto, dem Kulturheros und Ahn des Königshauses, der das Licht mit fortgenommen hatte. Woto gibt ihnen...drei Vögel und sagt ihnen, wenn am Morgen der letzte gerufen haben werde, sollten sie ins Freie gehen und sehen. Sie taten so und sahen die Sonne aufgehen."

p69

Bei den Lala in Nordrhodesien (Frank 158 nach Munday) hatten "Lesa (Schöpfer) und Mushili (Erdgöttin) zwei Söhne: Kashindika,den älteren, und Luchele, den Jüngeren. Als ihr Vater sie auf die Erde schickte, fanden sie dort alles ganz dunkel ohne Sonne und Mond. Kashindika ging zu Lesa, um Sonne und Mond zu holen. In Lesas Dorf brachte man ihm zu essen in die Hütte, in der er schlafen sollte. Lesa hatte einen großen dicken Hund, der kam auch dorthin, aber sobald Kashindika ihn sah, gab er ihm einen Schlag, daß er fortlief. Am Morgen rief Lesa Kshindike in die Vorratshütte, daß er Sonne und Mond hole. Da waren aber viele Pakete, unter denen er nicht Sonne und Mond herausfinden konnte, und so kehrte er unverrichteter Sache zurück. Am anderen Morgen machte sich Luchele auf. Er erlebte alles wie Kashindika; als aber der Hund kam, gab er ihn gleich von seinem Essen. Als der Hund das verzehrt hatte, sagt er, am anderen Morgen werde er ihn an einigen Paketen kratzen, an anderen Schnüffeln sehen, die letzteren solle er nehmen. So bekam Luchele Sonne und Mond."

Die erleuchtete Autorin fügt hinzu (B. Frank p159): "Es ist möglich, wenn auch meiner Ansicht nach nicht sehr wahrscheinlich, daß diese Vorstellung vom Hunde als Bringer des Lichts und der Gestirne mit seiner Eigenschaft als Feuerbringer irgendwie zusammenhängt."

Wie der Coyote in California mit einem sog."Höchsten Wesen" oder mit dem Silberfuchs gemeinsam die Welt gestaltet, so tut es der Hund in Ruanda (B. Frank p159):

"Imana (Gott) machte sich daran zu schaffen, was es auf Erden gibt. Nun schuf er erst einmal einen Hund, damit er ihm bei der Erschaffung der Dinge hülfe. Jedoch hatte er ihn in aller Eile gebildet, denn er eilte, um alles andere zu schaffen. Er hatte den Hund noch nicht schön geschaffen. Nun schufen sie alle beide: Imana und der Hund. Sie schufen und vollendeten das Werk. Da sagte der Hund zu Imana: 'Schaffe mich! Alles andere haben wir fertig geschaffen.' Imam sagte: 'Warte, laß mich etwas ausruhen, dann will ich dich morgen schaffen. Und Imana dachte dabei., er wolle ihm Verstand geben zum Schaffen. Aber der Hund hatte es eilig und sagte: 'Schaff mich! Schaff mich!
' Imana:'Laß doch, ich will dich morgen schaffen'.Der Hund sprach: 'Nein, schaff mich! ' elfmal wiederholt. Da ermüdete Imam über das Gekläff des Hundes und sprach: 'Laß, ich schaffe dich', und gab ihm Zitzen und einen langen Schwanz und sagte: 'Du bist ein Kläffer. Du wolltest nicht, daß ich dich schuf, wie ich wollte. Das wolltest du nicht und hattest es so eilig. Wie du geeilt hast, sollst du auch in der Eile Junge werfen und sollst blinde Junge zur Welt bringen; wer aber dich essen wird, der wird eines bösen Todes sterben'."

Und wie im westlichen Amerika der Coyote in den Todesursprungsmythen abwechselnd eine positive und eine negative Rolle spielt, so ist das auch in Afrika, soweit der Hund in diesen Mythen überhaupt auftritt, zuweilen verbummelt er die Lebensbotschaft, zuweilen tut er sein Bestes, die Menschen unsterblich zu machen, die aber achten nicht auf seine Ratschläge und haben sich ihre Sterblichkeit ganz alleine zuzuschreiben (B.Frank 168 75, s.a. H.B.:Schöpfung u. Urzeit 289 f.; Todesursprung generell 268 91).

p70

Und wie wir bei den Tonkawa am Mississippi und bei südamerikanischen Populationen einen Caniden beim 'Aufstieg' der Menschen aus der sog. Unterwelt beteiligt sahen, so bringt im Westsudan (Frank 166 nach Griaule) in der Ursprungsmythe eines Clans der Nioniose ein Hund den Clangründer auf die Erde: "un homme du nom de Yirigué descendit du ciel: un chien noir, Bila, tenait un fil de fer qui reliait le ciel et la terre.Il descendait le long de ce fil et Yirigué se laissait glisser derrière lui." Ein schwarzer Hund also hielt den eisernen Faden, der Himmel und Erde miteinander verband, und an dem ließ er sich herunter, gefolgt vom Clangründer Yirigué. Wie das mit Himmel Erde Verbindungsstücken so zu gehen pflegt, ob es sich um eine Pfeilkette handelt oder um einen Eisenfaden:"le fil se brisa", der Faden riß, Mann und Hund blieben auf der Erde.

Auch hier ist der Hund also der erste; wir hörten ja bereits, daß ursprünglich ihm die Kühe gehörten, oder es heißt bei den nilotischen Anuak (B.Frank, p162):

"Once upon a time there were only cattle and animals an earth.There were no men and women. Dog was the intimate servant of God.Then God created a male child and a female child but did not like his creation and told thë dog to take them away and throw them into the river." Das tat der Hund jedoch nicht, vielmehr versteckte er sie und zog sie auf, bis Gott sich gnädiger gestimmt zeigte. Im Kongo Kasaigebiet ist häufiger der Hund der erste Häuptling, der dann wegen seiner Essgewohnheiten abgesetzt wird (Leo Frob. Atlantis XII 85 f.,128 f., 325, Frank 160 ff.).

Von den vielen hier notwendiger Weise zu unterschlagenden Hundegeschichten z.B. über den Hund als Totemahnen muß aber eine (schier endlose) aus dem westafrikanischen Dahomey wenigstens erwähnt werden (2 Fassungen, 1) nach Quénum, 2) nach Herskovitz, Frank 159 f.; Leach 14 16 hat Nr.2):

"Die Götter konnten sich nicht einigen, wer ihr oberster sein sollte. Der Hund erbot sich, den Streit zu schlichten und teilte die Götter in drei Gruppen: Himmels , Erd und Wassergötter, aber über alle setzte er Legba. Deshalb ist der Hund in Dahomey Legbas Tier und hoch verehrt." (Leach 16: Thus today any dog is called the Dog of Legba ....the dog is sacred to Legba...No one in Dahomey would euer hurt a dog to this day").

Legba aber, der dem Edju der Yoruba entspricht,ist der typische Trickster Baumann (Schöpfung 184) nennt ihn "eine Art Loki" , also ein eminent merkurischer Charakter. Hier entscheidet denn Merkurs Hund über die Einteilung der "Drei Wege".

Das eher kärgliche Material über den Hund als einen der Gürtelsterne des Orion mögen sie selber lesen (B.Frank, p204 - 208), denn wir haben nicht genug Zeit,um den afrikanischen Orion wieder aufzugreifen, und 'normale' Fixsterne - Sirius immer ausgenommen - fördern ohnedies nicht die Einsicht in die Bedeutung unserer Caniden.

p71

Es fügt sich trefflich, daß Barbara Frank gleich anschließend an den Hund im Orion das Kapitel "Der 'vieräugige' Hund" bringt: das mögen Sie auch gleich an sich nehmen und sich angemessen wundern; wir können uns auch selbander wundern, solange Sie nicht von mir erwarten, daß ich druckreife kulturhistorische Urteile emaniere; die vergehen einem nämlich im Laufe der Jahre. Über indische und persische Einflüsse auf Afrika gibt es eine beträchtliche Menge von Literatur, und zwar auch über Einflüsse, die über das altorientalische und altmediterrane Kulturerbe hinausgehen, das Afrika, Persien, Indien, China .usw. und selbstverständlich uns selbstgemeinsam ist.

Unter den Feuerdiebstahl Mythen aus anderen Weltgegenden wollen wir nur einige wenige Fälle besichtigen, und dabei sei betont, daß das Besorgen von Feuer keineswegs ein canidisches Monopol gewesen ist, vielmehr sind ganze Heerscharen von Lebewesen damit befaßt; häufig handelt es sich um regelrechtes Teamwork, wie z.B. bei den athapaskischen Karok in California (Dähnhardt III 10 2 f ; Kretschmar I 217 f.),und bei den Maidu (Krickeberg: Indianermärchen aus Nordamerika, 283 ff ; Dähnhardt III 103 gekürzt).

Gemäß den californischen Kato Athapasken (Goddard II 192 97,Krickeberg I 216; Anspielung bei Kroeber: Handbook 155) "stahl der Coyote die Sonne aus dem Haus, das von der Großmutter bewacht wurde, und brachte danach ...Sonne, Mond und Sterne in ihren Turnus. Später tat sich der Coyote mit dem Kolibri zusammen, um das Feuer für die Menschen zu stehlen."

Die nördlichen Miwok (Penuti, Krickeberg I 218 f.) sagen, "daß die Bergvölker früher im Dunklen lebten. Sie wünschten sich sehr, Feuer zu haben, aber sie wußten nicht, woher man es bekommen könne . ..., der Coyotemann versuchte eifrigst, die Feuerstelle ausfindig zu machen. Aber er hatte keinen Erfolg . ...die weißfüßige Maus (aber) entdeckte das Feuer und die Bergleute sandten sie aus, um es zu stehlen. Die Maus bezauberte die Talmenschen mit ihrer Flöte und schläferte sie alle ein. Sie stahl das Feuer und trug es nach Hause. In ihrer Flöte trug sie es. Danach brachte sie das Feuer mit Laub zusammen . ...der Coyote roch das Feuer. Er kam herzu, um es zu stehlen. Mit seiner Nase stieß er hinein, weil er es verschlucken wollte. Da schoß das Feuer plötzlich in die Luft und wurde zur Sonne. Coyote befahl ihr, von Osten nach Westen zu gehen." (Für Yokut:´Coyote + Wolf, Krickeberg p 220).

Die kalifornischen Yana sagen:

"Zwei Menschen, ein Fuchs und ein Vogel wollten das Feuer rauben. Auf dem Heimweg ließ sich der Coyote von dem Fuchs das Feuer geben. Aber er ließ etwas davon fallen und verursachte so einen Weltbrand, der Adler und die Spinne versuchten die Menschen zu retten und setzten sie in einen großen Korb, den sie an den Himmel trugen. Der neugierige Coyote aber machte ein Loch hinein, um sich das Feuer zu betrachten. Das Loch aber war so groß, daß er hindurch fiel und mit ihm die anderen Menschen" (Krickeberg I 217 nach Sapir: Yana Texts. UCP 9 (1910) 31 f.;J .Curtin: Creation Myths of primitive America.Boston 1898,365 ff.).

p72

Bei den nordwestamerikanischen Kwakiutl von Vancouver Island heißt es (Dähnhardt 111 503 f.,vq.Kr.216):

Einst lebte ein Seeotter weit draußen im Meere. Er trug das Feuer auf der Brust, und alle Menschen versuchten, ihn zu erschlagen, um das Feuer zu erlangen. Der Wolf hätte gar zu gerne das Feuer gehabt, aber sein Versuch, den Otter zu erlegen, schlug fehl. Er kehrte zornig nach Hause zurück und herrschte dort seine drei Töchter an:"Warum könnt ihr auch nicht Männer sein statt unnützer Mädchen. Dann würdet ihr jetzt hinausgehen, um den Seeotter zu erlegen." Die Mädchen fühlten sich durch diese Rede des Vaters gekränkt, und die jüngste nahm heimlich seinen Bogen und seine Pfeile, und alle gingen in den Wald. Sie beschmierten die Pfeile mit Lachseiern und übten sich im Schießen, bis sie gute Schützen geworden waren. Dann fuhren sie heimlich in ihres Vaters Boote ins Meer hinaus. Sie fanden den Seeotter, und die älteste der Schwestern erlegte ihn. Als die Menschen das sahen, verfolgten sie die Wolfstöchter, um ihnen das Feuer zu rauben. Sie aber erreichten glücklich ihres Vaters Haus und verschlossen die Tür. Da sandte ein Häuptling den H i r s c h , um das Feuer zu holen. Vier Tage lang stand er vor der Tür, ehe jene öffneten. Dann sprang er hinein und tanzt um das Otterfell herum", und entwich mit dem Feuer.

Daß im amerikanischen Nordwesten der Hirsch häufig der erfolgreiche Feuer-Entwender sei, das wissen Sie aus einer meiner Lieblingsgeschichten von den Catloltq; Anfänger allerdings werden auf Anhieb in dem faulen Mädchen mit dem Bogen nicht die zur Bogenkonstellation mulBAN gehörige Ishtar von Elam erkennen,"who stirs up the Apsu before Ea", indem sie in den Whirlpool hineinschießt, aber die Simplegaden, die Klappfelsen sind deutlich wahrzunehmen: hier passiert sie der Hirsch mit dem gestohlenen 'Feuer', in Griechenland die Argonauten mit dem Goldenen Vlies, d.i. mit Aries, dem Widder, der fortan das Frühlingsäquinoktium regieren sollte. Was da jeweils 'besorgt' wird, ist ein neuer Äquinoktialkolur.

Bei den Motu im melanesischen Neuguinea ist es wieder der schlichte Hund, der Erfolg hat, und zwar wird erzählt (Dähnhardt III 107 f.):

"Unsere Vorfahren aßen ihre Nahrung roh oder in der Sonne gekocht. Eines Tages sahen sie Rauch in Taulu. Der Hund, die Schlange, der Bandikut (Art Beuteldachs) und das Känguruh sahen es und riefen:"Rauch in Taulu, Rauch in Taulu! Dìe Tauluaner haben Feuer. Wer will gehen und uns etwas holen?" Die Schlange ging aus, aber die See war stürmisch, und sie kam bald zurück. Der Bandikut versuchte es und kam wieder zurück. Der Vogel flog auf, aber der Wind war stark und er konnte nicht weiterfliegen; so kam er zurück. Auch das Känguruh mußte wieder umkehren. Da sagte der Hund:"Ich will gehen und das Feuer holen." Er schwamm, bis er eine Insel erreichte, landete und sah ein Feer und kochende Frauen. Die Frauen riefen: "Hier ist ein fremder Hund, tötet ihn , tötet ihn!" Aber der Hund ergriff einen Feuerbrand an dem Ende, das nicht brannte, sprang damit ins Meer und schwamm zurück. Die Leute standen am Ufer und beobachteteig, wie er sich ihnen mit dem rauchenden Feuerbrand näherte. Er landete, und die Frauen waren glücklich, Feuer zu haben, und die Frauen anderer Dörfer kamen und kauften Feuer von ihnen. Nach einiger Zeit wurden die Tiere eifersüchtig und schmähten den Hund. Da lief er der Schlange nach, und diese lief in ein Erdloch. Der Bandikut tat dasselbe. Das Känguruh ging in die Berge, und seitdem ist Feindschaft gewesen zwischen dem Hund und den anderen Tieren."

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Caniden wissen den "rechten Weg", auf dem man Feuer und anderes "Heil" findet, Saramâ zeigt den Weg zur Höhle, aus der jene 'Kühe' befreit werden wollten. Ähnliches hört man u.a. bei den Caddo im Südosten von Nordamerika (Louisiana), wenn auch eingebettet in eine längliche Geschichte (nach Dorsey, Kr.I 194), in der Coyote seine Mitlebewesen davon unterrichtet, der Ersterschaffene sei der Mond, worauf diese entschieden, der Mond solle ihr Häuptling sein.

Damals hatten die Menschen sehr wenig zu essen. Da waren aber zwei Leute, ein Mann und eine Frau, die den Menschen als Bussarde bekannt waren; sie lebten am Nordrande des Dorfes, und die Menschen bemerkten, daß sie immer genügend Fleisch und andere Dinge zu verzehren hatten, und wunderten sich, woher sie das hätten. Einige Zeit verstrich; schließlich machte der Coyote den Menschen den Vorschlag, daß er die Nahrungsquelle der Bussardleute ausfindig machen wolle. In jener Zeit hatten die Tiere, die mit den Menschen lebten, magische Fähigkeiten...Der Coyote verwandelte sich nun in einen Hund und wurde von der Bussardfrau aufgenommen. Es gelang ihm, den Platz ausfindig zu machen, an dem die Büffel eingeschlossen waren..Er befreite die Tiere und entfloh zu den Menschen. Er sagte ihnen, daß sie eiligst Bogen und Pfeile anfertigen sollten. Seit dieser Zeit machen die Leute Pfeil und Bogen, die der Menschheit gegeben wurden, um Wild zu erlegen ....Später aber wurde der Coyote ein böser Mann...

Dieses 'Motiv', genannt "The Release of the Wild Animals" oder "Hoarded Game" (A 1421) ist über ganz Nordamerika verbreitet, von den Eskimo und Nordweststämmen bis in den Südosten, vom nordöstlichen Waldland bis nach California (Thompson: Tales N. Am. Ind. Note 75, 292 f., zu Tale XXI,48 f.Comanche). N u r im nordöstlichen Waldland, im Südosten bei den Caddo (und in Sibirien) besorgt der Held "vegetables,tobacco or nuts, similarly hoarded". Noch magerer verbreitet scheint die Befreiung des Wassers genannt "The Empounded Water" (Note 76,Tale XXII) nämlich bei den Nez Percé im Nordwesten (Shahaptin, Plateau) und im Nordöstlichen Waldland. Das "sagt" Ihnen nichts und stört Sie auch nicht, fürchte ich, aber die Befreiung der Wasser oder der Flüsse ist wiederum eine Haupt Tat des rigvedischen Indra, und über die entsprechend Leistung des Großen Yü wird in China ein ähnliches Trara veranstaltet wie in Indien über die des Indra. Das Wegstecken und Verbergen von Nahrungs und Genußmitteln spielt eine große Rolle in der hawaiischen Überlieferung: Makalii hatte alle Nutzpflanzen nebst Kawa in ein Netz gesammelt und es außer Reichweite aufgehängt. Makali's Netz sind die Plejaden, die heißen nun mal so, "the net of Makalii ". Seine Schwester aber, die Ratte, kletterte hinauf, biß ein Loch in das Plejaden Netz, und so fielen die nützlichen Vegetabilien auf die Erde. Das terrestrische Gegenstück zu Makaliis Netz spielte noch bis vor kurzem eine große Rolle im Hawaiischen Neujahrsfest.

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Was da "stört", ist uns schon mehr als einmal begegnet: eine 'unpassende Verbreitung', nämlich das Aufkreuzen der weggesperrten Nutzpflanzen und der eingekerkerten Wasser im nordöstlichen Waldland, also bei Algonkin (und Irokesen); die Algonkin sind aber nun mal besonders frühe Einwanderer (mit Mattenkeramik), und die sollten schlechterdings nichts mit Indien, China und Polynesien zu tun haben. Frage, bei welcher wichtigen Formel sind wir auf das gleiche Ärgernis gestoßen? Beim Sonnenschlingenfang.

Wir müssen die eingeschlossenen Wasser sich selbst überlassen: darüber wäre zum wenigsten eine umfangreiche Dissertation zu schreiben, wahrscheinlich deren mehrere. RV 9.73.3 konstatiert: "Der große Varuna hat den Ozean verborgen (?)", und 8.41.8 heißt es von Varuna:"Er, der verborgene Ozean, steigt als Machthaber...zum Himmel... 10. Er hat die erste Schöpfung ausgemessen ...der mit einem Pfeiler die beiden Welten auseinander (hält)."

//Neue Hebriden: Großvater Maui verbirgt Pflanzen und Meer vor Enkel Tamakaia (Jehova),+ enorme Schaukel beim Landfischen =Luomala:Maui 221. S. Polynesien II, WS 1969+70 114 16, dort auch Mäuse und Kilas Rattentante und Neujahrsfest, Fornander _4,160 ff.,Kepelino 78, Malo 151/198, Beckwith H. M. 435 //

Was die Wilde Tiere Befreiungs Mythen anlangt, so erhalten Sie deren eine - falsch numeriert, aufpassen! - aus Mooney's "Myths of the Cherokee". Da ich schon mal beim 'reducierenden' Xerokopieren war, habe ich Ihnen eine weitere Geschichte gleich noch angefügt. Wenn Sie die Mär von der aufzuheiternden Demeter agelastos, der lachlosen Demeter, nicht wiedererkennen, tun Sie mir leid.

In der Cherokee Mär ist von keinem Hund oder Coyoten die Redeaber Sie erkennen, denke ich, ein anderes Schema wieder, d.h.Sie verstehen, daß es sich bei dem "Elder Brother", "He who grew up wild" um Enkidu, den Behaarten, handelt. Die Frage ist, ob die Befreiung des Wildes aus der Höhle bei den Cherokee, die dem Kanati, dem "Lucky Hunter" sein bequemes Leben entsüßt, ob dieser Vorgang gleichbedeutend ist mit dem, was der Enkidu dem Jäger antut.

Die F o r t setzung der Cherokeegeschichte von der Maismutter (Cornmother) und überhaupt den Mythos über die Entstehung der Nutzpflanzen aus einem getöteten Urzeitwesen lassen wir hier beiseite; das ist wieder mal ein gigantisches Thema, und zwar eines, über das es zu den leidenschaftlichsten Polemiken gekommen ist. Was wir festhalten, íst,daß der eigentlich "Aktive" der Elder Brother ist, der in der Wildnis aufwuchs oder "in der Steppe",wie der Enkidu.
Zwischen dem Wildling der Cherokee, der das Wild herausläßt wie Coyote bei den Caddo, und dem haarigen Enkidu, gibt es mindestens zwei recht wichtige Zwischenglieder, wenn sich auch dort die "älteren" nicht durch sonderliche Aktivität auszeichnen. Einen Fall bietet die japanische Überlieferung, also das Kojiki und das Nihongi und zwar im Kapitel "Götterzeitalter" (Prof. Dr. Karl Florenz,
Japanische Mythologie, 1901, p76 fff.; 204 ff., 212 f.; Aston 92 108; Philippi 148 55, 413 14 und Florenz 204-05, 212-13)

p75

Hier könnte man versucht sein, 'Hund' einfach für einen Titel zu nehmen, zumal wir wissen, daß im Sakischen und Medischen, später bei Türken und Germanen, die "Leibwächter, Prätorianerhäuptlinge oder Minister" so genannt wurden (Fr. W. König: Älteste Geschichte der Meder und Perser. Der Alte Orient 33 (1934) H.3 4, 30 f.; für Spako und Sibich s.a.W. Brandenstein: D. Abstammungssage der Skythen, WZKM 52,1953,198 200); die Garde der assyrischen Könige führte den Namen kalbe, wiederum 'Hund', Robertson Smith führt eine Klasse von "sacred ministers" an, welche bei den Phöniziern 'Hunde' geheißen wurden (Religion of the Semites,1889/1957,292 A.2), und das aztekische Wort xolotl soll, nach Lehmann (Sahagun: Wahrsagerei 397) bedeuten " Dein Doppelgebilde, Zwilling...(XOLOTL significa a la vez perro y gemelo s.a.Codex Borbonicus Manuscrit Mexicain, folio 16)..2) Bursche,Bedienter". Aber wie weit auch solcher Titel verbreitet gewesen sein mag, der zureichende Grund für dieses Phänomen ist nicht so ohne weiteres ersichtlich, und zudem ist verdächtig, daß die Hayahito, die Nachfahren des geprellten älteren Amaterasu Enkels als Schauspieler und Possenreißer fungieren mußten. Bereits in Sumer finden wir nämlich, daß die transvestitischen Schauspieler, die an Festen der Inanna auftreten, "Hündinnen" genannt wurden.

Bei dem zweiten Fall handelt es sich um einen Ihnen eher bekannten, um den Jäger Esau, den haarigen, den Gen.27 Jacob um den Erstgeburts Segen betrügt, beraten von seiner Mutter Rebecca, die ihm Felle von Ziegenbäckchen um die Arme und um seinen glatten Hals legt, weil der blinde Vater Isaak seinen Erstgeborenen nur an seinem Fell erkennen kann. (Jacob setzt seinem Vater Gericht von Ziegenbäckchen vor, der hatte aber von Esau Wildpret verlangt). Für den geprellten Esau hat der blinde Isaak dann keinen anderen 'Segen' mehr übrig als:

Fürwahr, fern von fettem Boden wird dein Wohnsitz sein,
und ohne Anteil am Tau des Himmels droben.
Von deinem Schwerte sollst du leben
Und deinem Bruder sollst du dienstbar sein.

Wenn Sie Gen.32 und 33 lesen, werden Sie gewahren, daß es mit der Dienstbarkeit so weit nicht her ist, und wenn Sie die beiden Kapitel wirklich aufmerksam lesen, so werden Sie spätestens bei 33.10 stutzen und bemerken, daß der 'Mann' oder 'Engel', mit dem Jacob in der Nacht gerungen hatte, wobei Jacobs Hüftpfanne ausgerenkt wurde,der Esau war. Im Zohar wird denn auch deutlich gesagt:der Engelsfürst Esaus hat mit Jacob gerungen.

p76

Der haarige Esau, auch Edom genannt, d.i. 'der Rote', ist der Mars. Eisenmenger hat eine stattliche Menge von Zeugnissen aus Talmud, Midrashim etc. beigebracht, die ganz unverhüllt von dem Planeten Mars reden dem Sammael, der Schlange im Paradies, der der Kain war, der Esau, der Goliath und manch anderer mehr.Nicht unerwähnt soll bleiben, daß Jacob selbst, bevor er, Gen.48, den berühmten Jacobs 'Segen' über seine zwölf Söhne verhängt (Gen.49), absichtlich beim Segnen von Josephs Söhnen die Hände überkreuzt, und mit dieser Maßnahme den jüngeren Ephraim dem älteren Manasse vorzieht. Die Genesis kennt aber noch einen dritten Fall, wo einer um sein Erstgeburtsrecht kommt. Im Kapitel 38 zeugt Juda, wennschon unwissentlich, mit seiner verwitweten kinderlosen Schwiegertochter Thamar, die sich als Hure verkleidet hatte, Zwillinge. 38.28 30 heißt es:

Während der Geburt aber streckte einer eine Hand vor. Da nahm die Geburtshelferin einen roten Faden und band ihm den um die Hand; das wollte sagen: dieser ist zuerst herausgekommen! Er zog jedoch seine Hand wieder zurück, und nun kam sein Bruder zum Vorschein. Da rief sie: Was hast du für einen Riß gemacht! Daher nannte 'sie' ihn Perez. Danach kam sein Bruder zum Vorschein, an dessen Hand der rote Faden war; daher nannte 'sie' ihn Serach. Wozu Kautzsch vermerkt:"der Zusammenhang des Namens Serach mit dem roten Faden ist für uns nicht mehr erkennbar."

Perez heißt wörtlich "der Riß", und aus diesem Geschlechte Perez stammt David (laut Ruth 4.22). Eine beinahe wörtliche Parallele zu der herausgestreckten und zurückgezogenen Hand des eigentlich Ältesten findet sich bei den Maori auf Neuseeland (Best, JRAI 1914,135,140). Im Falle von Thamars Söhnen wird der sich unberechtigt Vordrängende beschuldigt, einen Riß gemacht zu haben; häufiger kommt der betrogene Älteste auf irgendwie 'verkehrte' Weise zur Welt: Seth etwa wird erbrochen, ebenso der Tangaroa auf Mangaia, der dort als Zwilling des Rongo gilt. Die große Anzahl 'unnatürlicher' Geburten Indra und Bogda Ghesser Khan etwa kamen aus der Seite der Mutter läßt sich schwer anders erklären als durch rückläufige Planeten, die dank Schleifenbildung an einer 'falschen' Stelle der Mutter Konstellation herauskommen: an einem entscheidenden Termin wie sich versteht; nicht umsonst steht im Ägyptischen das gleiche Verbum für "aufgehen" und für "geboren werden". Im Falle von Zwillingen würden also zwei Planeten Kopf and Kopf im Rennen liegen; einer ist schneller, aber da wird er rückläufig, und der zweite kommt zum Zuge.

Wie es um den ägyptischen Befund steht, das zu beurteilen, sehe ich mich außerstande, und zwar desto weniger imstande, je mehr Material ich zur Kenntnis nehme. Hermann Kees (Götterglaube 193 A.3, zu Sethe: Dram.Texte 28) läßt uns in nackten Worten wissen, das Wort wtw bedeute sowohl'`Ältester" als auch "Schakal". Im Ägypt. Wörterb.I 377 ff. habe ich keinen Schakal unter wtw aufgespürt, sondern nur den "ältesten Sohn", und wt/ut meint schlicht "alt", es meint aber auch "einwickeln, umwickeln; I.beim Balsamieren, II.vom Verbinden in er Medizin."

p77

Anders geschrieben (379) bedeutet es "die Mumienbinde ,...der mumienförmige innerste Sarg,... der Balsamierer."Und dann verzeichnet das Ä. W. (380) noch wt "in imj.wt I.als Titel des Anubis... II.Gr.als Name des Anubis" und, wieder anders geschrieben "wt Bez. für Diener ...Gr." Und damit sind wir mitten in einer gräßlich komplizierten Geschichte, von der ich bislang höchstens ein Drittel verstanden habe: dieses imj.wt ist der Balg des Anubis Schakals, 'verkürzt' um Kopf und Pfoten(http://de.wikipedia.org/wiki/Imiut), und die Dame Ursula Köhler hat zwei Bände(Göttinger Orientforschung. IV. Reihe: Ägypten. 4, 2 Bde.) darüber geschrieben und sich ausführlich über das ut in imiut ausgelassen (335, 384 f. A.3, 444-52), wenn auch nicht allzu viel Gedeihliches dabei herausgekommen ist. Auf daß Sie verstehen, warum wir uns auf dieses (beinahe 'ofenfrische',1975) opus über den Anubis nicht einlassen dürfen; hier ein paar Absätze,in denen die Autorin in dem Kapitel "Funktion des Gottes" den Schakal zu'bewältigen' versucht (Ursula Köhler p345-51).

Wichtig scheint, wenn es stimmt (333, s.a.325), "daß das Imiut Symbol während des ganzen Alten Reiches als Anubis Form gegolten hat und auch als Anubis bezeichnet wurde...", und daß man (445, 447) "das ab Ende der 4.Dynastie auftretende Anubis Beiwort" eben jmj.wt = Anubis ut zu verstehen habe als "Anubis, die Hülle" (s.a.323"Der in der Umwicklung", "Der, in dem der Erbe ist")..

Wir haben schon zur Kenntnis genommen (o. S.34), daß man den Anubis als psychopompos hat beschlagnahmen wollen, was mir aber nicht bewiesen erscheint das ist bei weitem eher die Funktion, d.h. eine der Funktionen des Thoth , und daß der Plutarch (De Iside 61) gesagt hat: "Der aber, der die himmlischen Dinge offenbart (anaphainôn ta ourania) und der Logos der oben (Herum )Getragenen oder vielleicht: der nach oben getragenen? ist (tôn anô pheromenôn logos), wird Anubis, aber auch Hermanubis genannt", und im Kapitel 44 sagte Plutarch:
"Nachdem...Nephthys den Anubis geboren hatte, unterschob sich ihn Isis, denn Nephthys ist das unter der Erde Befindliche und Unsichtbare, Isis dagegen das über der Erde Befindliche und sichtbare, und der dies berührende und Horizont genannte Kreis (ho kaloumenos Horizôn kyklos), der beiden gemeinsam ist, heißt Anubis und wird seinem Aussehen nach dem Hunde nachgebildet; denn auch der Hund sieht in gleicher Weise bei Nacht als bei Tage...Auch scheint Anubis bei den Ägyptern dieselbe Bedeutung zu haben wie Hekate bei den Griechen, da er zugleich unterirdisch (chthonios) und olympios ist. Manchen aber scheint Anubis Kronos zu sein.."

Und noch früher (o.S.10) hatten wir vom Clemens Alexandrinus erfahren: "Andere wollen die Hunde die Wendekreise bezeichnen lassen, welche wachen und gleichsam Tordienste tun beim Übergang der Sonne in den Süden und in den Norden." Man scheint schon an dem schlichten Namen dieses enigmatischen Phainomenons Anubis (tôn anô pheromenôn logos) zu scheitern.

p78

Das Ä.W. I 96 verzeichnet zu inpw "Bezeichnung für Kinder (bes. für Prinzen und Prinzessinnen)" mit Deutzeichen Kind, aber auch mit Hund), und getrennt davon "inpw der Gott Anubis", mit liegendem Hund als Deutzeichen, und im Lexikon der Ägyptologie I 327 lesen wir:
"der Name Inpu (Jnpw) bedeutet nach einer unsicheren Deutung durch K. Sethe, der sich H. Kees und ...E. Hornung anschließen, soviel wie 'Hündchen'. A. Brunner leitet...ab vom Wort jnpw 'Königssohn'."

Da ist schlechterdings kein Weiterkommen.

//s. Roeder: Volksglaube 94 für 17.o. ä.Gau Anpu,Hund = Kynopolis; Assiut = Lykopolis //


Weder der Dame Köhler noch zahlreichen namhaften Ägyptologen vor ihr ist entgangen, daß in den ägyptischen Texten denn doch ein bißchen z u viele Caniden auftreten, und es hat auch, wunderbarer Weise, keiner unter ihnen behaupteter wisse, wie die diversen Wö1fe, Hunde und Schakale sich zueinander verhalten, und welcher mit welchem sog."Gott" identisch sein möchte die Zunft redet in solchen Fällen von "Verschmelzung"

//Chontamenti von Abydos, liegend wie Anubis, mit Osiris??//.

Bezüglich des Anubis hören wir z.B., er sei im Papyrus Jumilhac "a form of Seth himself" (Te Velde, Seth, God of Confusion: A Study of His Role in Egyptian Mythology and Religion (Ancient Near East) p41).Und damit sind wir bei der vordringlichen Frage nach der Natur der Hauptperson Seth, d.h. w a r der nun ein Canide oder nicht? Wir haben das Seth Tier schon gestreift, ich will Ihnen aber noch einmal aufzählen, was alles vorgeschlagen und verfochten worden ist. Kurth Sethe fand (1930 § 87):

"Dieses Tier trägt Merkmale an sìch, die man bei keinem lebenden Tiere findet und die zu den verschiedenartigsten zoologischen Bestimmungen, sämtlich unhaltbarer Art, verführt haben, die aber tatsächlich nur beweisen, daß es sich um ein früh ausgestorbenes ...Tìer handelt... Wie die Beinhaltung des Tieres im Liegen und die Gestalt seiner Füße völlig eindeutig zeigt...kann es nur ein hochbeiniger Hund (Jagdhund?) gewesen sein... der Kopf des Tieres hat wohl eine Umwandlung erfahren, die dem etwa einem arabischen Windhund ähnelnden gekrümmten Gesicht ein etwas rüsselartiges Aussehen gegeben hat."

Kees zählt in seinem Artikel Seth in der RE (II A 1897 f.) auf: OryxAntilope, Wüstenspringmaus, Okapi, Giraffe, Wazenschwein, afrikanisches Erdderkel , und zum Erdferkel sagt er an anderer Stelle (Horus u.Seth II 62): "Das kann den Ägyptern wirklich als eine Art Zwischenstufe zwischen Schwein und Wüstenhund (Schakal) erschienen sein." Te Velde in seinem Buch "Seth, God of Confusion" ist der Sache besonders gründlich nachgegangen (pp.7-26), insbesondere der Behauptung, das Seth Tier habe schon in prähistorischer Zeit im Niltal eine Rolle gespielt (Negada), und hat weitere Interpretationen gesammelt: ass, greyhound, fennec, jerboa, camel, long snouted mouse, a kind of hog or boar, a hare, jackal, tapir, long snouted mormyr of the Nile; dazu kommt noch der Greif.

//Der Spitzmaus muß man gelegentlich nachgehen, Tier des Horus Mhntj(n) irtij von Letopolis, s.Brunner Traut: Spitzmaus und Ichneumon als Tiere des Sonnengottes. Göttingen 1965.p.154: P1ut. Sympos.4.5. =670 B (s.a. Plinius II 41.109): Ägypter vergöttern die Spitzmaus wegen ihrer Blindheit, weil "sie nämlich die Finsternis für älter hielten als das Licht. Sie glaubten auch, daß sie nach je fünf Menschenaltern (beim fünften Wurfe? pemptê genea ) im Neumond geboren werde und ihre Leber mit der Verdunkelung des Mondes abnehme."

p79

LCL: "The field mouse is said to have been deified among the Egyptians because of its blindness, since they regarded darkness as superior to light...tên mygalên ektetheiâsthei legousin...typhlên ousan, hoti to skotos tou phôtos hégounto presbyteron; and they thought that the field mouse (mygalê) was Born of ordinary mice (ek myôn) every fifth generation." Brunner Traut 154: mygalê (Maus Wiesel) ...Ichneumon (Wieselkatze)." //

Besonders lebhaft wurde von Helck (http://de.wikipedia.org/wiki/Wolfgang_Helck)und von Scharff (http://kronos.biblio.etc.tu-bs.de/vufind/Author/Home?author=Scharff%2C Alexander) die Auffassung vertreten es handle sich um einen Esel, einen W i l d esel, der den oberägyptischen Nomaden "die Macht der Wüste" soll verkörpert haben,"sein Schrei war etwas Numinoses" (Helck); für Scharff war maßgebend ein von Frobenius entdecktes Felsbild in Fezzan. (Eberhard Otto, Welt des Orients I 433 A.12 meint dazu:"Ob das zum Vergleich herangezogene Bild eines Mannes mit Eselsmaske aus Fezzan (Frob.??..) trotz der verblüffenden Ähnlichkeit mit dem Seth Tier etwas zu tun hat, scheint mir fraglich"). Was die Seth TierHieroglyphe angeht, so schließt Te Velde (15):"The hieroglyph of the Seth animal does not represent an actual living animal.It is not possible to determine from what living creature the hieroglyph...is derived."

//Für kleine Wolfsart in Ägypten s. Wiedemann:Herodots 2.Buch 295 ff.; Wilkinson, 2nd ser.,1841,146 f.//

Nun, ähnlich unbestimmbar sind die Asura auf diversen Darstellungen des Amrtamanthana und, wie bereits erwähnt, das mexikanische "Mars Beast", von Seler umgetauft in "Blitztier mit Hufen".Gleichwohl bleibe ich ausnahmsweise einig mit Kurt Sethe, dabei, daß das Seth Tier mindestens zu 70 % ein Canide sei. Da auch der Esel zur "Partei" des Seth zählt, wie die Oryx-Antilope, das Schwein und die Spitzmaus, so wäre es nicht weiter wunderbar, wenn man versucht hätte, auch diese und andere 'Partei Tiere' mit auszudrücken: zusammengesetzte Tiere, wie etwa die Chimaira, sind uns ja nicht ganz unbekannt.

Ob nun aber Seth direkt, oder aber Upuaut oder Anubis: jeder von ihnen wird früher oder später als "der Ältere" angesprochen. In dem ebenso wichtigen wie schwierigen Text im Papyrus Chester Beatty, genannt "The Contendings of Horus and Seth" (Gardiner p.19), wird der sich über endlose Jahre erstreckende Prozeß zwischen Horus und Seth um die Osiris Nachfolge geschildert, und da beklagt sich Seth: "Shall the Office be given to my little Brother, while I, his elder brother, am (yet) alive?" In der Schabaka Inschrift, offiziell bekannt unter dem idiotischen Titel "Ein Denkmal memphitischer Theologie" geht es gleichfalls um die Osiris Nachfolge, und da entscheidet Geb (Sethe: Dram.Texte 28): "Ich habe bestimmt", weist auf Horus,"dich zum wt.w Schakal, dich allein ...Mein Erbe gehöre dem Sohn meines Sohnes ...dem oberägyp.(?) Schakal, einem Öffner des Leibes ...dem Öffner der Wege. Ein Sohn ist das, der geboren wurde am Geburtstage des Wp w3.w.t."

p80

In einem demotischen magischen Papyrus sagt hingegen Anubis von sich selbst (A.Hopfner: Plutarch I 47 f.): "Ich bin der älteste und erste Sohn des Königs (d.h. des Osiris) und meine Mutter ist die Sechmet Isis (die löwenköpfige Göttin von Memphis)"; und an einer anderen Stelle: "Meine Mutter Sechmet Isis, sie kam zu mir in das Land Syrien... und sprach: 'Hurtig, hurtig, schnell, schnell, mein Kind, Königssohn, Ältester und Erster, Anubis! Erhebe dich und komm nach Ägypten, denn dein Vater Osiris ist König (geworden) von Ägypten'."

Im ägyptischen sogenannten "Zweibrüdermärchen", das natürlich kein Märchen ist, heißt der ältere Bruder Anubis (der jüngere Bata); dieser Anubis ist zwar kein ausgemachter Bösewicht, aber ein unerfreulicher Schwächling, den seine abgefeimte Gattin (vom Typ "Potiphars Weib") zu zahlreichen Scheußlichkeiten bewegen kann: man fühlt sich lebhaft an das Feng Shen Yen I gemahnt, wo die bitterböse Taki, die eigentlich ein neunschwänziger Fuchs war , den letzten Kaiser der Shang Dynastie, Chou Wang, ebenso, nein, noch viel ärger, korrumpiert.

In eurasiatischen 'Natursagen' beim Dähnhardt nennt sich der Satan zuweilen Gottes älteren Bruder, oder Gott findet, vor der Schöpfung, den Teufel irgendwo schon vor (im Stein, in einer Blase, im Schaum; Dähnhardt I 19,31 33,43,54), so wie der Cherokee Knabe seinen "elder brother who grewup wild". Gott erschafft dann allerlei, aber die "Verfahrenstechnik" kennt häufig nur der Teufel, und Gott muß Spione aussenden, um zu erfahren, was zu tun sei. So belauscht z.B. bei den Bulgaren(I2f.) eine von Gott gesandte Biene den Teufel, der gerade zu sich sagt: "Oh dieser dumme Gott... Er weiß eben nicht, was er zu machen hat", und der dann verrät, wie die Sache gedeichselt werden muß. Bezüglich der Perser hören wir von dem armenischen Schriftsteller Eznik (5.Jh. Dähnhardt I 10 f.) von Zurvan, d.i. Chronos, die Zeit:

"Zrvan brachte tausend Jahre lang ein Opfer darob er vielleicht einen Sohn haben möchte, dessen Name Ormizd sein und der Himmel und Erde schaffen solle, sowie alles, was in dieser sei. Nach 1000 Jahren fing er an zu überlegen, ob seine Bemühungen auch Nutzen haben würden, da entstanden im Mutterleibe zwei Söhne, der eine durch den Glauben, dies ist Ormizd, der andere durch den Zweifel, dies ist Ahriman. Da sagte sich Zrvan: Zwei Söhne sind im Mutterleibe, ich werde den zum Herrscher machen, welcher zuerst zu mir kommt. Ormizd erkannte diesen Gedanken des Zrvan und teilte ihn seinem Bruder Ahriman mit, worauf dieser sofort den Mutterleib durchbrach und vor seinem Vater erschien. Als Zrvan ihn sah, fragte er: Wer bist du? Da antwortete Ahriman: Ich bin dein Sohn. Zrvan aber sprach: Mein Sohn ist wohlriechend und licht, du aber bist dunkel und übelriechend. Während sie so miteinander sprachen, da kam auch der lichte und wohlriechende Ormizd hinzu. Als nun Zrvan ihn als den erkennt, wegen dessen er Opfer dargebracht habe, erinnert ihn Ahriman an sein Versprechen, daß er dem die Herrschaft geben werde, der zuerst vor ihm erscheine und Zrvan, der sein Wort nicht brechen wollte, sprach: O du Falscher und Schlechter, 9000 Jahre sollst du die Herrschaft haben, aber nach 9000 Jahren kann Ormizd tun, was ihm beliebt. Darauf fingen beide an, Geschöpfe zu schaffen."

p81

//Sehr ähnlich bei Sharistani, s. Spiegel II 176; cf. Zaehner 60 66,422 f.,428 , 433; für O. u. A. twins s. 4,26,80,120,245,429,431 f.,435,439//

Wir haben über den Seth nicht besonders ausführlich, aber immerhin, im letzten Sommer gehandelt, als wir mit dem Feuerdrill, bzw. dem Buttern des Milchmeeres (s. Beilage 13)und (s. Beilage 14), dem Amritamanthana, zu tun hatten. Und da fanden wir den Seth/Typhon (s. Beilage 15) und (s. Beilage 16), genau so wie in Indien die Asura, verantwortlich für die Nivriti Bewegung, "nach links", und das ist, wenn Sie sich gütigst auf den Timaios besinnen wollen, die Bewegungsart des "Anderen", des zweiten, inneren Schenkels des vom Demiurgen konstruierten Xis, der Ekliptik. Der Plutarch (Is.c.62,376 b) wußte nichts vom Drill und formulierte den Fall so: des Horus Knochen würden Magneteisenstein genannt, die des Seth/Typhon aber Eisen. "Und wie Eisen sich so verhält, daß es das eine Mal vom Magneten angezogen wird und ihm folgt, das andere Mal aber sich abwendet und nach der entgegengesetzten Richtung abweicht, so sorgt die förderliche, gute und vernünftige Bewegung des Universums dafür, daß die Typhonische Bewegung abgemildert und ihre Wirkung reduziert wird; wenn dieser sanft überredende Einfluß aber nachläßt, so kehrt die Typhonische Bewegung wieder in sich selbst zurück und taucht unter in den mangelhaften Zustand (eis heautên anéstrepse kai katedysen eis tên aporian)."

Und im Kapitel 49 (371 b) erklärte Plutarch, der Name des Seth/Typhon bedeute das Obherrschende, das Überwältigende, oft das Rückdrehende, und hinwiederum das Überspringende, Überschreitende, phrazei men to katadyna steion kai katabiazómenon, phrazei de to pollakis anastrophên kai palin hyperpêdêsin.

Interessanter Weise fanden wir die Formel vom Magneten auch in Indien wieder, und zwar in den Pancasiddhantika des berühmten Astronomen Varahamira (+ 5.Jh.Übers.Thibaut 69, c. XII):

"The round ball of the earth, composed of the five elements, abides in space in the midst of the starry sphere, like a piece of iron suspended between magnets ...In its middle there is Sumeru, the abode of the gods. Below (i.e.at the pole opposite to Meru) there are placed the Asura"
(S. dazu Burgess: Suryasiddhanta p.9, + XII 45,p.288, s.a.Needham 4 I 236, nach Daujat, wegen des Hermogenes). Dies aber nur nebenbei.

Und dann läßt uns der Plutarch auch noch wissen, c.44,368 f:

"Es gibt aber auch einige, die den Schatten der Erde, in den der Mond gleitend verfinstert wird, Typhon nennen; eisi dé tines hoi to skìasma tês gês,eis ho tên selênên olisthanousan ekleipein nomizousin, Typhôna kalountes"

Da handelt es sich also um den Knotendrachen. Aber Seth ist mit Sicherheit nicht nur der Knotendrache; häufig 'ist' er der Merkur, ebenso häufig der Mars, und Wilhelm Gundel meint weise (Neue Texte 216):

p82

"Denn Seth Typhon ist nicht nur im Planeten Mars und in einem Stern des Großen Bären - eta - erschaut worden, sondern auch in anderen Bildern. Seine heiligen Tiere, das Krokodil, das Nilpferd, das Schwein, der Fisch, die Schlange u.a.m. sehen wir seit alters auf den astronomischen Denkmälern der Ägypter. Auch unter den Dekangöttern finden wir Seth Typhon. Das ist nicht seltsam, denn auch die anderen großen Götter Isis, Horus,Thoth, Osiris und die Eingeweidegötter haben mehrere Sterne, Sternbilder und Dekane zugewiesen bekommen."

An anderer Stelle (W. Gundel p145) meint er, "man muß erwägen, daß Sonne, Mond und Planeten seit alters von den Ägyptern unter dem Bild sowohl eines und desselben Gottes als auch ganz verschiedenartiger Götter e r s c h a u t werden. Dasselbe ist bei den großen Fixternen der Fa11. Ich nenne als Beispiel nur den Sirius, in dem u.a. zugleich Isis, Sothis, Hathor, Seth und auch der Planet Jupiter sich manifestieren."

Sie gewahren den sprachlichen Kunstgriff: mittels der Verben "erschauen" und "sich manifestieren" enthebt man sich selbst der Verpflichtung, dem System auf den Grund zu gehen, oder wenigstens zu versuchen, solches zu tun.

//Ideler: Handbuch der mathematischen u. technischen Chronologie. I.1825, 126: "Es ist daher sehr wahrscheinlich, daß sie bei der Einführung einer festen Zeitrechnung ihr Jahr mit dem ihnen so bedeutungsvollen Frühaufgange des Sirius angefangen haben. Die Wahrscheinlichkeit wird noch durch den Umstand vermehrt, daß der erste Monat ihres Jahres mit diesem Stern gleichen Namen führte. Mehrere Alte versichern nämlich, der Hundsstern habe bei den Ägyptern Sôthis, Sothis, geheißen.Vettius Valens, von Marsharn zitiert (p.8), nennt ihn Sîth, Seth. Unstreitig sind aber Thoth, Seth und Sothis ein und eben dasselbe, nur verschieden ausgesproche, Wort."//

Da wir den Loki dabei ertappt haben d.h. Viktor Rydberg hat das besorgt daß er nicht nur das Roß Sleipnir zur Welt bringt, sondern auch Fenrir und Genossen, so sollten wir auch zur Kenntnis nehmen, was dem Seth nachgesagt wird in dem schon erwähnten Text "The Contendings of Horus and Seth".

Während eines 'Waffenstillstandes' in dem 80 Jahre währenden Prozeß um die Osiris Nachfolge lädt Seth den Horus in sein Haus ein und versucht in der Nacht, sich an Horus zu vergehen (p.21 f. XI 3 ff.); Horus aber fing mit der Hand Seths Samen auf und lief zu seiner Mutter Isis."And she cried aloud, and she seized her knife, and she cut off his hand, and she cast it into the water. And she drew out for him a hand of like worth." Darauf bewirkte sie eine Erektion bei ihrem Sohne Horus und fing den Samen in einem Topf auf, schritt in den Garten des Seth und bearbeitete damit den Lattich, den Seth regelmäßig zu frühstücken pflegte. Und Seth "arose pregnant with the seed of Horus." In der nächsten Gerichtssitzung rühmt sich Seth, "I have performed doughty deeds of war against him." Horus aber lachte und schlug vor, man solle nach Seths Samen rufen und dann nach seinem eigenen und abwarten, welcher sich von wo melde. Thoth rief dementsprechend"

p83

"Come forth, thou seed of Seth", and it answered to him from the water in the fen." Der von Thoth gerufene Horus Same antwortete auf Befragung "Where shall I come forth?" Thoth forderte ihn auf, "Come forth from his forehead! Thereupon it came forth as a sun of gold upon the head of Seth. Thereupon Seth was exceedingly angry, and he stretched forth his band to lay hold an the sun of gold. Thereupon Thoth took it away from him,and put it as an Ornament upon his head."

Diese Episode hat natürlich viel Tinte zum Fließen gebracht, speziell über eventuelle altägyptische Kriegsbräuche, aber das soll uns nicht kratzen.

//Am meisten zitiert A. Erman: Beiträge zur ägypt. Religion, SPAW 1916, 1142 44; s. Boylan: Thoth 27; Griffith: The Conflict of Horus and Seth,41 46, "The homosexual episode"//

Gardiner (p.23 A.1) macht darauf aufmerksam, daß in älteren Texten Thot selbst aus der Stirn des Seth geboren wurde, und Te Velde hat sich ausführlichst eben darüber ausgelassen und auf Texte verwiesen (p.44), in denen Thot genannt wird "the son of the two rivals" oder "the son of the two lords, who came forth from the forehead", und Thot sagt zu Osiris:"I am the son of your son, the seed of your seed, he who separated the two brothers".

//Fortsetzung p.44: As sprung from Seth he is called 'the Cutter' (mds, Pyr.1999 C). p.39: According to a Pyramid text Thoth came forth from Seth (Pyr.1999 C.) Pyr.1999 C Mercer: those who are before Thot are slain with the knife, coming from SethFaulkner: the sharp knife which came forth from Seth. Te Velde 44: According to a Pyr.T. the eye of Horus is taken from the forehead of Seth (Pyr.84 a) Pyr.84 A Mercer: To say: Osiris N., take the eye of Horus, which is an the brow of Set. Faulkner: O Osiris the king, take the Eye of Horus which is in front of Seth. //

Te Velde (33-46) identifiziert ohne jegliche Hemmung das, was aus Seth's Stirne geboren wird mit dem Horus Auge, das Horus Auge ebenso heiter mit dem Mond, und Thot natürlich mit dem sog. Mondgott. Die Deutung Horusauge wäre durchaus denkbar und auch die versuchte Rekonstruktion von Te Velde, der die Begebenheit einbaut in die Tradition, der gemäß Seth dem Horus das Auge nimmt, Horus aber den Seth entmannt; ich erinnere daran, daß Plutarch vom Standbild des Horus den Koptos sagte, es halte in der rechten Hand "the private parts of Typhon",und die sind nun mal aller Wahrscheinlichkeit nach die Wagensterne.

// Te Velde 40: "The Berlin dictionary has ten (!) different words, which are indiscriminately translated testicals ' (WB VI 80, s . v. Hoden"//

p84

Wir müssen aus diesem Dickicht heraus, aber es wäre in der Tat lohnend, hier einmal weiterzubohren und die Verbindung herzustellen zwischen dem "Einäugigen" und dem "Einarmigen", Le Borgne et le Manchot, die den Dumézil sozusagen periodisch aufregen, und den einschlägig blessierten Horus und Seth: das zähe Kleben an ausschließlich indogermanischem Material verstellt die Einsicht; es würde auch nichts schaden den Tezcatlipoca mit einzubeziehen dem ein Alligator d.h. das Tageszeichen Cipactli den Fuß abgebissen hat, wiederum die Wagensterne; an Stelle des verschwundenen Beines trägt er den rauchenden Spiegel, nach dem er heißt (tezcatl, popoca); ein abhanden gekommenes Auge habe ich in Mexiko noch nicht erspäht, aber dergleichen kann sich ändern.

Was die "himmlische" Homosexualität anlangt, so finden Sie ein paar, wenn auch nicht gerade glasklare Angaben in der Tetrabiblos des Ptolemaios 2.3.62 (s.a.3.14.171 73; für den ganzen Trigon 1.18.39): der führt die angeblich vorherrschende homosexuelle Lebensart der Bewohner von Britannien, Gallien, Germanien und Spanien darauf zurück, daß sie unter den Nordwest Trigon fallen, d.i. Aries Leo Sagittarius; oikodespotéitai de eikótôs hypo tôn kyriôn tou Trigonou Dios kai Areôs hesperiôn, governed by Jupiter and Mars, occidental". Leider sagt uns Ptolemaios weder in 2.3.62 noch in 3.14.171 73, wo er noch einmal generell auf sexuelles Verhalten und auf Abirrungen zu sprechen kommt, klar und deutlich, welcher Planet der Hauptverantwortliche sei, aber er läßt sich erraten: Mars ist es, und gemäß Bouche Leclercq (340 f.,2 Anmerkungen) speziell Mars in Verbindung mit Aries. Außer Bouché hat sich Franz Boll in seinen "Studien über Claudius Ptolemaeus" (1894,207 f.) mit dem Tetrabiblos Passus beschäftigt, aber beide interessierten sich mehr dafür, wo der Ptolemaios seine Information über die Perversität der europäischen Völker abgeschrieben haben möchte anscheinend vom Poseidonios , während es uns natürlich mehr interessieren würde zu erfahren, bei welchen Konstellationen zwei Planeten solcherlei Betätigung nachgesagt worden ist; man wußte schließlich gerne genau, von wem der Mephisto diesen Zug geerbt hat. Sei dem aber, wie ihm wolle, nicht nur Zeus und Loki, auch der Seth hat "geboren".

Nun, Seth ist so gut ein Titel wie Horus einer ist, und es wird nicht gelingen, ihn g e n e r e 1 1 festzunageln, sondern bestenfalls von Fall zu Fa11. Dahingegen scheint mir der geprellte, haarige "Hunde Zwilling" denn doch meistens der Mars zu sein. Es fragt sich, ob nicht der Herakles ein einschlägiger Fall sei, zumal er pausenlos mit einem Löwenfell bekleidet einherschritt. Herakles war, sozusagen, ein doppelter Zwilling. Weniger wiegt sein Twin Iphikles, Sohn des Amphitryon, den die Alkmene mit dem Zeus-Sohn gebar den Herakles um einen Tag früher (mia nykti presbyteron, Apollodorus 2.4.8); um so schwerer wiegt Eurystheus, obgleich sich die "Zwillingschaft" hier ausschließlich auf den Geburtstermin gründet, nicht auf nahe Verwandtschaft. Gemäß Ilias 19.98 fff. hatte Zeus vor den Göttern geprahlt, h e u t e werde Einer geboren werden der die anderen Menschen zu beherrschen bestimmt sei. und es sei einer Seines, des Zeus, Blutes.

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Die ergrimmte Hera läßt es sich beeiden, daß der heute Geborene Zeus Nachfahre Herrscher sein sollte, verläßt eilends den Gipfel des Olymp und begibt sich nach Argos, wo die Gattin des von Zeus abstammenden Perseus Nachfahren Sthenelos im siebenten Monat mit einem Sohn schwanger geht. Diesen Sohn zieht sie voreilig ans Licht, "Alkmenen indessen /hielt sie zurück die Geburt und verscheuchte die Eileithyia", und prellt so den Herakles um die Herrschaft; schlimmer, ihm obliegt es nun, für den Eurystheus die 12 Heldentaten zu vollbringen (Od:11.621) dem Apollodoros zufolge in acht Jahren und einem Monat.

//Eurystheus Kurzform von Eurysthenês, ein von Homer und Pindar häufig gebrauchter Name des Poseidon, O.Gruppe RE Supp1.III 1025//

In einem Keilschrift Text (BM 93038 obv. aol.II 1.39) wird Nergal/Mars direkt als MAS.DA, "The Sinister Twin" angesprochen. Hildegard Lewy (in Festschrift Taqizadeh 148 A.1) will als den anderen Zwilling Sin, den Mond festnageln: die Belege sind nicht besonders üppig (s.a.Tallqvist: Götterepitheta 349 zu Lulal und Latarak = Sin und Nerga1;346 s. Latarak: Lulal = Leo)
//Lewy:"Even more significant...the 'big twins' (MAS.TAB.BA. GAL.GAL.LA) are identified with Lugal girra and Meslamtaea who, in turn, are defined as Sin and Nergal, cf. Orientalia 28 (1959) 121 n.6//

Der sinistre Zwilling Nergal/Mars hatte, außer mul salbatanu, die folgenden Namen (Gössmann 360, s.a.140,271): der fremde Stern, der a n d e r e Stern, der feindliche, der aufrüherische, der böse, der rote Stern, sowie kakkab lâ minâti,"der unberechenbare Stern" (Anders J. Schaumberger,. Sternkunde und Sterndienst in Babel, 3. Erg. p307) und "Gestirn des Sturmvogels Zu" (Gössmann 196); heute nennt man ihn Anzu. Der Eisenmenger (I 820-27) hat hingegen zusammengestellt, unter welchen Namen der Sammael in der rabbinischen Literatur auftritt:

1.Satan, 2.die böse Art, 3.der Engel des Todes, 4.die alte Schlange, die schlechte Schlange... 6.wird er L e v i a t h a n genannt... 9.der Ochse (folgt Goldenes Kalb).10.wird er Hakkélef, das ist der Hund geheißen ...Der Hund ist der Sammael, der Fürst der gottlosen wilden Thiere.11.Schwein (825:)12.Esel. Dreyzehendens wird er...Hafsâir, d.i.der Haarige geheißen... Der Haarige, welcher des Esau Krafft ist, erwecket Streit mit dem glatten Mann dem Jacob (s.a.837,839). 14.Seirissin, Geißbock, 15.Raab, 16.wird er der Esau genennet. 17.Edom (=rot), 18.Amalek,19.Goliath, 20 Haman (827:) 21.das Ende alles Fleisches ...ist die Kelîfa, das ist Schale. 22.wird er El mécher, das ist der frembde Gott genennenet. 23.wird er Sarat méofef, das ist die feurige fliegende Schlange genennet...Der große Ankläger, den die Israeliten im Himmel haben, welcher der Fürst der Wildnis, die feurige fliegende Schlange und die Seele der Sphaerae oder Kugel des (Planeten) Martis ist (s.a.843). Dieser Sammael hat der Rabbinen Lehre nach den Adam und die Evan im Paradeiss aus lauter Neid und Eifer verführt und zum Fall gebracht.

Von besonderer Wichtigkeit ist hier über den "anderen" und den "fremden" Stern hinaus der Herr der wilden Tiere und Fürst der Wildnis - das entspricht in etwa den Titeln, die dem Enkidu gegeben werden, bzw. dem haarigen Sumuqan (s. Beilage 17), mit dem ihn das Epos vergleicht, und mit dem ihn die Assyriologen identifizieren. Die Philologen übersetzen das Wort, sumerisch EDIN, akkadisch eêru, meist mit "Steppe": Sie finden alle Angaben zusammengestellt im Assyrian Dictionary Bd.XVI,138-47:

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//s.a. Bezold: Glossar 233, Delitzsch: Sum. Gloss. 31 f., 204; Jensen: Kosmologie 479 ff. Ass. Dict.139: sêru 1.back, 2.over, upon,above, on top of, in addition to, towards, to, against, 3.hinterland, back country, open country, fields, plain, steppeland//

über das wilde Land draußen,"the home of nomads, lawless persons, the haunt of demons" (146) "the murderous fellow from the heart of the steppeland " nennt der Jäger den Enkidu, Gilgam.Epos 1.IV.7 , außerdem battlefield und battle, wo Sumuqan/Enkidu über die wilden Tiere wacht. Entsprechend ist der ägyptische Seth der Herr der "Fremdvölker" und der Wüste, und der indische Rudra, "des Himmels roter Eber" (RV), gilt ebenfalls als Regent der Wildnis. "Wildnis" oder Steppe ist denn erst einmal die Bahn oder die Sphaira des Planeten Mars, darüber hinaus aber mit Sicherheit ein Sektor der Fixsternkugel: w e 1 c h e r aber, das ist justament die Frage.

Im letzten Sommer bei Behandlung des Orion, haben wir keine verläßliche Antwort erhalten, und in der Zwischenzeit hat sich auch keine neue eingefunden. Über Tallqvist's 'Lösung': Ein N a m e der Totenwelt, brauchen wir kein Wort zu verlieren. Zur Auffrischung des Gedächtnisses die wenigen Angaben über die 'Befindlichkeit' des Sumuqan/Sakkan: in der Umgegend von Orion sollte er sich aufhalten, dort ist ja die Haupt Wild und Jagd Gegend: vergessen Sie mir nicht die indischen Sirius Namen Lobdhaka/Jäger und Mrgavyadha/Gazellenjäger; die dazugehörige Gazelle bildet den Orionkopf, lambda phi Orionis. Wo aber haben wir noch einen Jagd Sektor? Genau gegenüber: ich erinnere 1) an die koptischen Mondstationen beim Athanasius Kircher, der zum Z e i c h e n Sagittarius, d.h. zum Mondhaus gaula, dem Stachel des Skorpions, anführt: Soleka sive Astrokyon, unde et Siot vocatur, statio venatìonis; die Jagdstation befindet sich also bei lambda, ypsilon Scorpii, und ich erinnere 2) an das Quecholli Jagdfest zu Ehren von Mixcouatl, das den Sturz der Götter aus Tamoanchen darstellt, den Übergang vom Sagittarius/Gemini Alter zum Scorpius/Taurus Skambha.

Wenn gesagt wurde, der geprellte haarige Zwilling sei wohl meistens der Mars, so meint das beileibe nicht, alle Hunde seien der Mars ; bei manchen Exemplaren haben wir schon gefunden, daß es sich um den Merkur handeln müsse, und das gilt auch für viele der amerikanischen Coyote Geschichten. M.E. gilt diese Gleichung nicht für den Coyoten der Azteken, den Utuecoyotl den uralten Coyoten, zuständig für ekstatische Krieger und für den Tanz. Der Tanzende pflegt nun einmal der Mars zu sein, dem die tanzenden Salier unterstehen, Skanda, der Hüpfende, bei den Indern; ich erinnere auch an Lukians Angabe, daß Hera ihren Sohn Ares dem Priapos in die Lehre gab und ihm anbefahl, den Knaben Ares erst zu einem perfekten Tänzer auszubilden, ehe er ihn im Gebrauch von Waffen unterrichte.

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100 % ig sicher allerdings ist der Casus des kriegerischen Ueuecoyotl nicht, weil die Azteken, so scheint es, den Merkur zum Kriegsgott ernannt haben, w e n n Sie mir beipflichten, daß Uizilopochtli, wörtlich: Kolibri von links, schlechterdings nichts anderes sein kann als Merkur , wie das auch die polynesischen Tahitier getan haben und unsere eigenen teutonischen Vorfahren.

//siehe dazu: Berserker: Heimskringla c.6; assyr. Text 14. 13.Jh., Ebeling MAOG _12,10: König Assurubalit schildert das Verhalten seiner Mannen: Sie sind rasend voll Wildheìt, wie Zu (Anzu) sind sie verändert im Weser, Ungestüm sind sie, voll Wut für das Kampfgewirr ohne Rüstung. Sie machen die Brust bloß, entfernen die Kleider, Sie banden sich die Haupthaare, ließen tanzen die Speere im Kreise (?) Sie trieben ihr Spiel mit geschärften Waffen, die Kämpen... Und sie stürmten aufeinander los, wie wenn Löwen sich packen, (oder) die Geister (einander) in die Flucht schlagen. //

Zusatz: Heimskringla 1.6: Aber seine (Odins) Mannen gingen ohne Brünne, und sie waren wild wie Hunde oder Wö1fe. Sie bissen in ihre Schilde und waren stark wie Bären oder Stiere. Sie erschlugen das Menschenvolk, und weder Feuer noch Stahl konnte ihnen etwas anhaben. Man nannte das "Berserkergang"(...his men rushed forwards without armour,were as mad as dogs or wolves,bit their shields,and were strong as bears or wild bulls,and killed people at a blow,but neither fire nor iron told upon themselves.This was called the Berserk fury).

Ueuecoyotl also muß noch einmal näher untersucht werden; vorläufig stimme ich für Mars, wenn es sich auch eigentlich um einen Wolf handeln müßte, nicht um einen Coyoten, denn der Wolf ist das martialische Tier aber auch, enigmatischer Weise, ein apollinisches. Roscher (in Roscher II 2430) konstatierte: "Ja der Wolf gehört so wesentlich dem Mars an, daß lupus Martius oder Martialis seine stehende Bezeichnung wurde."

//Verg. Aen.9.566 und Serv.; Hor. car.1.17.9 u. Schol. Liv.10.27.9. Gruppe 1380 A 2 für Tier des Ares, s.a. RE XIII 2402 f. Ebeling: TuL 36, KAR 307 Rücks.11: "Der Wildesel ist der Totendämon des Enlil, der Wolf ist der Totendämon des Anu. "Schneider: Somaraub, 1971, 55 57,Vrka, der "Fremdling". Osiris als Wolf: Diod.1.88//

Warum ist nun aber der, im Ganzen gesehen, eher "Negative" beinahe durchweg der Ältere? In später Verfallszeit, will sagen im Dunstkreis der Gnosis, heißt es z.B. bei den Manichäern (Bang: Manichäischer Laien Beichtspiegel, Muséon 36,147 bei Zaehner 432): "Khormuzta also Ahura Mazda (der Urmensch) und Schimnu (der Urteufel, die Materie) sind jüngerer und älterer Bruder."

//Anm. Zaehner zu Schimnu: "i.e.Ahriman: narurally not 'matter' in Zervanite doctrine"//

In den meisten gnostischen Systemen wird ja die Schöpfung dem Teufel in die Schuhe geschoben: der große, absolut jenseitig theos agnostos hätte sich niemals mit der Erschaffung der Welt befleckt. So zugespitzt lautet es bei den Gnostikern. Deutlicher kommt das Gemeinte, wie nicht anders zu erwarten, bei Platon heraus: der Demiurg f a n d v o r kinoumenon plemmelôs kai ataktôs, unordentlich und ohne Takt Bewegtes, und das Einzige, was ihm möglich war zu tun, das tat er unverweilt, nämlich die a-taktische ungeordnete Bewegung in rhythmische proportionierte Bewegung umzuformen, also die Fixsternkugel zu konstruieren, beherrscht von dem "Gleichen", dem Äquator, der sich nach rechts bewegt, und die sieben Planetenbahnen, beherrscht von dem "Anderen", der Ekliptik, auf der sich die Planeten, die Instrumente der Zeit gemäß zählbarem Rhythmus, kat'arithmon, nach links bewegen, im Sinne der Diagonale.

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Der Linksdrall und die Tendenz zur Unordnung, bzw. zur Irrationalität, sind immer schon vorgefunden; m a c h b a r ist nur der den Planeten aufgezwungene Rhythmus. Ich erinnere an die indische Formulierung, wonach die Welt sich rechtläufig bewegt, solange Vishnu wacht und sich linksläufig aufdröselt, wenn Vishnu schläft, und an den Mythos in Platons Staatsmann (269), wo Platon die Weltalter darauf zurückführt, daß Gott abwechselnd das Universum in der richtigen Richtung dreht und losläßt, worauf die Welt, "in einem solchen Zustand sich selbst überlassen wiederum viele Myriaden von Umläufen rückwärts durchwandern kann."

//Vg1.o.S.78 zur mygalê, Plut. Symp.45,670 B, Spitzmaus vergöttert wegen Blindheit, hoti to skotos tou Phôtos hêgounto presbyteron//

Einen wirklich zureichenden, also männiglich einleuchtenden Grund für die Sprachregelung, den "Älteren" mit dem Linksdrall und der Neigung zur Unordnung als Caniden zu bezeichnen, habe ich immer noch nicht zu entdecken vermocht. Vorübergehend hatte ich gehofft, mehr Aufschluß zu erhalten aus dem zweiteiligen opus der Dame von Bartels (Jastrow Schülerin), gewidmet der "Etruskischen Bronzeleber von Piacenza"(Bartels W. v., Die Etruskische Bronzeleber von Piacenza in ihrer symbolischen Bedeutung. Ein Versuch Mit zwei Abb. Berlin, 1910. V. 45 S), worinnen sie sich bevorzugt mit dem etruskischen Fufluns befasst, dem "Haarigen", "Wölfischen", den sie - wohl zurecht - als Ur- oder Vorform des Dionysos versteht (I 14 f.,18;II 8,64 68,72 ff. und später) und dessen Mythen und Kulte sie vom ägyptischen Upuaut bis nach China zu verfolgen versucht. Aber da sie sich nicht dazu entschließen konnte, dem Glauben an die extreme Jugendlichkeit von Astronomie und Astrologie zu entsagen, war es Essig mit dem erwarteten Aufschluß. Ich zitiere nur e i n Beispiel (I 17):

"Wenn die gewölbte Oberseite der Leber als Symbol für den gewölbten Himmel anzusehen ist, so muß die Linie, der Weg einer am gewölbten Himmel vorhandenen Linie oder Straße entsprechen, und da es für diesen Begriff nur den Regenbogen oder die Milchstraße gibt, so muß eines von beiden gemeint sein."

Tatsächlich erwägt sie in einer Fußnote die Ekliptik, verwirft sie aber wieder: die ist ihr zu abstrakt. Hätte sie den Timaios Kommentar des Proklos zur Kenntnis genommen, wäre ihr vielleicht die eklìptikale Natur des Dionysos aufgefallen.
Wir sind zwar ziemlich weit herumgekommen, aber niemand könnte behaupten, es seien zahlreiche handfeste Ergebnisse eingebracht worden. Ich weiß wohl, daß Sie die gerne hätten, möglichst gleich in Tabellen Form, um sie schwarz auf weiß nach hause zu tragen, aber dieser Wunsch ist vorläufig unerfüllbar.

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Sie haben selbst wahrgenommen, in welch prähistorische Ferne, bzw. Tiefe, die Mythen vom Hunde oder Wolfstammvater zurückgehen, wie wenig 'Konkretes' über Kerberos artige Wächter des Totenreiches ob vieräugig oder nicht sich eruieren ließ, so wenig wie über die praecise Relation solcher Kerberoi zum psychopompos und, Hauptsache, wie schwer es hält zu entscheiden, wann wir mit 'fixen', wann mit wandernden und wann mit total abstrakten Caniden zu tun haben. (Den Kerberos nebst der Sarama möchte ich nach wie vor für 'fix' halten - a b e r : Aiakos hütet das Hadestor, s.z.B. Real Enzykl. s.v. Kerberos 278 - den psychopompos möchte ich aber beinahe immer für den Merkur halten). Man müßte sämtliche Sphairas, nach canidischen Sternbildern durchmustern. Das hab ich früher schon mal in Angriff genommen, aber man kommt nicht eben weit damit //Habil 237 f., 241//. Was den babylonischen Himmel anlangt, so haben wir da z.B. den schon erwähnten Fuchs Stern, das ist Alkor, ein "Wolfsgestirn" mul UR.BAR.RA, das mit Beta Trianguli identifiziert wurde und als Vertreter des Planeten Mars gilt (Gössmann 161, Kugler Erg.208), einen Schakal mul UR.IDIM, den man a) mit Lupus identifiziert hat, b) mit delta epsilon Serpentaii (Kugler Erg.203,223, Gössmann 163), den Hund der Göttin Gula mulUR.KU, das soll Hercules/Engonasin sein (Gössmann 167, vg1.145,Weidner RLA II 406), und zu allem Überfluß heißt Leo mulUR.GU.LA,"das Gestirn des 'Großen Hundes". Von den canidischen, meist "feurigen" Tageszeichen der Mexikaner am anderen 'Ende' des Verbreitungsbildes wollen wir gar nicht erst anfangen: von einer halbwegs zuverlässigen Identifizierung der gemeinten Gruppen kann gar keine Rede sein; aber auch die babylonischen Gleichungen sind nicht übermäßig 'sicher'. Obendrein aber müssen wir, wie gesagt, mit abstrakten Hunden rechnen: Plutarch beglückte uns mit der Gleichung Anubis = ho kaloumenos horizôn kyklos, Clemens mit der Formel: Hunde = Wendekreise, und für diese Deutung sprachen die Paletten des Alten Reiches und das astronomische Deckenbild im Ramesseum.

Die Fülle des n i c h t behandelten Materials ist erdrückend; wir sind , von der totalen Aussparung des Fuchses und der sorgfältigen Vermeidung von Sirius Problemen abgesehen, nicht einmal bis zu den Lupercalien vorgedrungen, die ich natürlich eingeplant hatte. Wenigstens soll zum Schluß noch die dunkle Mär vom arkadischen Lykaon gestreift werden: lykos ist der Wolf. Lykaon war Sohn einer Okeanos Tochter Meliboie und des Pelasgos, welcher Pindar zufolge noch vor dem Mond lebte, "wie die Arkader überhaupt als proselênaioi gelten" (RE XIX 256 ff.). Wichtiger noch: er war der Vater der Kallisto/Helike, mit der der Zeus eine seiner unvermeidlichen Affairen hatte. Dieserhalb wird Kallisto aus der Jagdschar der Artemis ausgestoßen, Artemis verwandelt sie auf Veranlassung der zürnenden Hera in eine Bärin, Zeus aber versetzt sie als Ursa maior an den Himmel, den Sohn Arkas noch dazu, als Arktouros/ Arktophylax. Seither stehen Arktos Lycaonia und Arktophylax nahe am Himmelspol und die nördliche Zone heißt entsprechend Axis Lycaonia.

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Nachzulesen bei Pausanias 8.3.3, Apollodoros. 3.8.1, Ov.Fasti 2.170 92; Met.2.405 507. Die Katasterismen Literatur erzählt die Kallisto Geschichte natürlich zu Ursa maior, die Lykaon Mär aber zu Bootes/Arktophylax (Erat. Kat.VIII, Hyg. astr.II 4).

//Oder aber Artemis tötet die Kallisto, Zeus aber läßt den Hermes den ungeborenen Sohn Arkas lebend aus der toten Mutter bergen, Paus.8.3.6. Vg1.Geburt des Asklepios, Verbreitungskarte Frobenius, Paideuma I 8//

Pausanias stellt dem Lykaon ein gutes Zeugnis aus (8.2; 8.38.1.): er war der Gründer der ersten Stadt, die die Sonne sah, und von ihm haben nicht nur seine Söhne, sondern auch alle anderen Menschen den Städtebau gelernt. Laut Dionysios von Halikarnass (1.11.) wurde auch Italien erstmals von arkadischen Griechen erreicht und besiedelt, und zwar unter Führung des Lykaonsohnes Oinôtros. Auf dem Berge Lykaion gründete er die erste Stadt Lykosoura, also Wolfsschwanz; er gab dem Zeus den Namen Lykaios (vgl. Höfer in Roscher II 2171 Z.1) und stiftete die dortigen Spiele, die agôna lykaia, die Pausanias für älter als die Panathenäen hält. Der folgenden Ereignisse wegen 'müssen' sozusagen Vater Lykaon und seine zahlreichen 50 oder 22 Söhne sündhaft gewesen sein: Sie wissen ja, daß der Zustand einwandfreier "Güte", alias Pünktlichkeit, nicht vorzuhalten pflegt. Ovid (Met.1.216 43) schiebt dem Vater alle Schuld in die Schuhe, Apollodor (3.8.1) sagt den Söhnen nach, sie hätten an Stolz und regelwidrigem Benehmen alle Männer überttroffen (hyperêphanîa kai asebeîa). Wie dem auch sei, Zeus kommt, um nach dem Rechten zu sehen, nach Arkadien laut Apollodor in Gestalt eines Tagelöhners (eikastheìs andrî chernêtê) und wurde gastlich aufgenommen (da kann man nur sagen "Schon faul!"). Ohne weitreichende Folgerungen ziehen zu wollen, sei doch vermerkt, daß Aries bei den Babyloniern "Lohnarbeiter"/Tagelöhner hieß: mulLU2.HUN.GA (Gössmann 244, s.a.189,190). Vater oder Söhne töteten einen Knaben nach einigen Berichten tötete Lykaon einen seiner eigenen Söhne und setzten dem Zeus diese Menschenfleischmahlzeit vor; angeblich, so heißt es z.B. bei Hyginus f.176, wollten die Söhne erproben, ob der Besucher ein Gott sei: Sed Lycaonis filii Jovem tentare voluerunt, deusne esset. Zeus, in seinem gerechten Zorne, (Apd.3.8.1) tên...trapezan anétrepsen, ántha nyn Trapezous kaleitai ho topos, Lykáona de kai tous toutou paidas ekeraúnôse, chôris tou neôtatou Nyktimou, Zeus kippte den Tisch um, weswegen der Ort seither Trapezous heißt, und zerschmetterte mit dem Donnerkeil den Lykaon nebst seinen Söhnen bis auf den Jüngsten, den Nyktimos. Unter der Herrschaft des Nyktimos brach dann prompt die Deukalionische Flut aus. So lautet die Geschichte beim Apollodoros (s. Beilage 18). Beim Pausanias (8.2.3) opfert der Lykaon auf dem Altar des Zeus Lykaios einen Knaben, worauf er sich unverweilt in einen Wolf verwandelte (kai auton autika epi tê thysia genésthai lykon phasin anti anthrôpou).

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Und seit dieser Zeitsagen sie, werde immer ein Mann in einen Wolf verwandelt beim Opfer an den lykaischen Zeus; aber diese Verwandlung gilt nicht für das ganze Leben; wenn der Mann in Wolfsgestalt sich des Menschen-fleisches enthält, wird er nach neun Jahren (etei dekátô), im zehnten Jahre also, wieder ein Mensch, aber wenn er Menschenfleisch frißt, bleibt er ein thêrion, ein wildes Tier (s.a. Augustin. De civ.d.18.17; Plinius 8.34.80 81; Anspielung bei Platon: Rep.8.16,565 DE).

Frazer, in seinem großen Kommentar zu Ovids Fasti (vo1.II p.318 ff.) bringt hierzu den einschlägigen Bericht des Plinius und Parallelen aus der französischen Folklore, denen der gemeinsame Zug eignet, daß es zur Verwandlung in einen Werwolf eines Wassers bedarf: eines Teiches, den man durchschwimmt (beim Plinius), einer Quelle, i n die man taucht (in Frankreich). Der Plinius berichtet da das Folgende, nachdem er erst festgestellt hatte, derlei Geschichten seien unglaubhaft (falsum esse confidenter existimare debemus):

"Euanthes, ein nicht gering zu achtender griechischer Schriftsteller, schreibt, daß die Arkader überliefern, ein Mann aus dem Geschlechte eines Anthus, von seiner Familie durch das Los gewählt, werde zu einem bestimmten Teiche (stagnum) dieser Gegend geführt, hänge hier seine Kleider an eine Eiche, schwimme hindurch, entferne sich in die Einöde, wo er, in einen Wolf verwandelt, neun Jahre in der Gesellschaft mit den übrigen Tieren derselben Art lebe. Wenn er sich inzwischen von Menschen ferngehalten habe (quo in tempore si homine se abstinuerit), kehre er zu jenem Teich zurück und nehme, wenn er hinüber geschwommen sei, seine frühere Gestalt wieder an, sei aber um neun Jahre gealtert, und, was noch fabelhafter ist, lege dasselbe Gewand wieder an. Wie wunderlich weit geht doch die griechische Leichtgläubigkeit! Keine Lüge ist so unverschämt, daß sich nicht ein Gewährsmann für sie fände. So erzählt auch Skopas, der über die olympischen Sieger geschrieben hat, Demainetos aus Parrhasia habe beim Menschenopfer, das die Arkader damals noch dem Lykaiischen Zeus darbrachten, vom Eingeweide eines geopferten Knaben gekostet und sich dabei in einen Wolf verwandelt; im zehnten Jahr sei er wieder in einen Athleten zurück verwandelt worden, im Faustkampf aufgetreten und als Sieger aus Olympia zurückgekehrt."

Frazer hat, wie sich versteht, die Frage erörtert (loc cit. + zu Apd. 2.5.11, Vo1.I p.218 u.3.8.1 p.393), ob es sich bei dieser "Werwolfs Periode" tatsächlich um n e u n Jahre handle oder aber um eine Oktaeteris. Pausanias gab an, der Werwolf werde, bei guter Führung, zurückverwandelt dekátô etei. Jacob Grimm (DM 916 f., s.a. Frazer Fasti II 319) sagt von teutonischen Werwölfen, einer bleibe "neun Tage lang ein Wolf, erst am zehnten Tag darf er in menschliche Gestalt zurückkehren, nach anderen Sagen muß er drei, sieben oder neun Jahre in dem Wolfsleib verharren." Klarheit ist nicht zu gewinnen.(S. Nilsson ARW 14, 433,Habi1.252 f.)

Von den Agôna Lykaia, den Lykaiischen Spielen wird angenommen, sie seien nach Ablauf eines eniautos, eines 'großen Jahres' von acht Jahren abgehalten worden, und zwar Mitte Mai (RE XIII 2232f) auf dem Berge Lykaios aber nicht, wie Sie wohl annehmen möchten, i m Heiligtum des Zeus Lykaios, sondern in dem des P a n.

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Oberhalb dieses Pan Heiligtums fand sich die runde (peribolos) Mauer der Stadt Lykosoura (Paus.8.38.1), noch weiter hinauf aber das größte Wunder des rätselhaften Berges, der spezielle Bezirk des Zeus Lykaios, den man nicht betreten durfte (Paus.8.38.6); d.h. wer ihn betrat, lebte unweigerlich nur noch ein Jahr; floh ein Wild in das Temenos, verfolgte es kein Jäger: kein Lebewesen nämlich warf dort einen Schatten. In Syene, so betont Pausanias, werfen Bäume und Lebewesen keine Schatten solange die Sonne im Krebs steht, aber das Temenos des heiligen Berges beeinflußt die Schatten gleicherweise und zu jeder Zeit. Gekrönt wird der Berg vom Altar des Zeus und zwei Säulen mit vergoldeten Adlern. "Dort opfern sie heimlich dem Zeus Lykaios"; Pausanias wollte aber keine Details erforschen, mochten die Riten sein, wie sie wollten und wie sie von Beginn an waren (echétô de hôs échei kai hôs eschein ex archês). Ungleich modernen Schriftgelehrten, hat der Pausanias nicht angenommen, die arkadischen Griechen hätten Menschenopfern und Kannibalismus gefrönt.

//Paus.8.38.2: Lykaios = Olympos. On it, they say, Zeus was reared, und nicht in Kreta//

Hê ourá ist der Schweif, der Schwanz(akin to órros =end of the os sacrum), 2.aidoion; es wird auch von der Nachhut gebraucht, of a marching army rearguard, rear, und vom linken Flügel einer Phalanx. Sie kennen das Wort nicht nur von Kolouros/Stutzschweif, sondern vom Namen der Kleinen Bärin: Kynosoura/Hundeschwanz, Sanskrit Sunahsepa; Aratos (182,227) nennt sie auch Kynosourîs Arktos , die hundeschwänzige Bärin, oder auch nur Kynosouris (s.a.RE XII 37 f.,XIII 2249).

Man sollte denken, Schriftgelehrte, die sich mit der ältesten, vormondlichen Stadt Kykosoura befaßten, hätten ein paar Gedanken an Kynosoura/Ursa minor verschwendet, und das umsomehr als ja der ganze Lykaon Komplex in die amtlich anerkannte Katasterismen Literatur hineingehört, insofern Ursa maior/Kallisto die Tochter Lykaons ist, Bootes dessen Enkel, und die nördliche Himmelsgegend den Namen Axis Lycaonia führt. Aber Hunde und Wolfsschwanz werden nicht in gleichwelche Relation gesetzt, weil sich die Schriftgelehrten gleich an dem vorgefundenen Wort festbeißen, bzw. an der von ihnen bevorzugten D e u t u n g der Wurzel lyk, und es dann beim Parteiergreifen für lyk = Licht oder für lyk = Wolf belassen, ohne sich um die "Sache", nämlich Kynosoura/Sunahsepa und Lykosoura weiter zu kümmern. Hermann Usener (Götternamen 208 ff., auch Cook) war ganz fürs Licht und ernannte Lykosoura zur "Lichtwarte", weil ourós auch Wärter, Wächter bedeutet Nestor ist der ouros Achaiôn, Arktouros der Wächter der Bärin , Gundel (RE XII 37 ff.)hält es mit dem Wo1f, Frazer findet die Auffassung von Zeus Lykaios als eines Lichtgottes "erroneous" (Fasti II 55).Schmidt (RE XIII 2251) meinte:

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"Erschwert wird das Verständnis der ganzen Wortgruppe durch die gleichlautende Wurzel lyk ,welche Licht bedeutet, und, wie es scheint, mit lykos Wolf nichts zu tun hat (vgl. Curtius Etym. 5160 f.). Unleugbar hat auch sie dem Lichtgott Apollon Beinamen geliefert; bei dem Berg Lykaion, auf dem Zeus verehrt wird, schwankt die Erklärung zwischen Lichtberg und Wolfsberg . ...Es ist dieses Ortes nicht, die beiden Wortfamilien, die sich vielfach gekreuzt haben mögen, auseinanderzuhalten"

//Roscher: Schattenlosigkeit ist ganz für Wolf//.

Ich will keineswegs die Möglichkeit zweier Wurzeln lyk ausschließen, aber woher die Herren dergleichen immer so genau wissen wollen, nimmt mich denn doch Wunder. Wir haben die ganze Zeit mit überaus licht vollen Caniden zu tun gehabt.

Nun, ich hatte, wohlgemerkt, gleich gesagt, die Mär vom Lykaon sei dunkel , und das ist noch ein Euphemismus: sie ist vorläufig schlechterdings undurchschaubar, und um unsere wichtigsten teutonischen Werwölfe aus dem Geschlecht der Volsungen, Sigmund und Sinfjötli, steht es keine Spur besser.

//Helgakv. I 34 46, 11 23 26: wieder mal Schimpfreden + Geschlechtswandel und Geburt von 9 Fenriswölfen; Sinfjöt li's Tod/Fra daudh Sinfjotla, Gering pp.183 85; W.Grimm: Dt.Heldensage pp. 16 18, 414,453 Sinfjötli =Fitela, Sintarfizzilo//

Vom abaton des Zeus Lykaios möchte ich annehmen, es repräsentiere den nördlichen Äquatorpol, und der erste Städtebauer Lykaon kommt mir ausnehmend saturnisch vor. Aber selbst, wenn beide Annahmen sich bewahrheiten sollten, verstünden wir die Geschehnisse nicht besser: da bleibt noch alles zu tun.

//LCL Apd.3.8 mit Fußnoten von Frazer//
//Zur Schattenlosigkeit etc.s. Plut. quaest. gr.39,300 CD; dort auch über Steinigung von Eindringlingen + "he who enters is called a deer, elaphos ho embàs kaleitai. W.H.Roscher: D. Schattenlosigkeit des Zeus Abatons auf dem Lykaion, Fleckeisens Jahrbücher 38, 1892, 701 09: er meint, mit der Identifizierung von Lykaion = Olympos sei der Fall gelöst. Pausanias kommt zum Berg von Heiligtum der Despoina aus, der Persephone, 8.37.1 f., 38.2; cf.Ernst Meyer: Lykaia RE XIII 2237; Roscher in Roscher s.v. despoina,I 993 f.//