18. Februar 2012
Vorlesung von H. v. Dechend zu Frankfurt am Main
Polynesische
Kosmologie I
WS 1977-78
Teil 1
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Poly- heißt "viel", nesos ist die Insel, Polynesien ist das Reich der vielen Inseln und wird unter dem Oberbegriff "Ozeanien" zusammengefasst mit. anderen Inselreichen, nämlich 1) Melanesien - melas ist schwarz, und schwarze Inseln heißen sie, weil die Bevölkerung teilweise negroid ist, und jedenfalls durch die Bank dunkler als die Polynesier - 2) mit Mikronesien, dem Reich der kleiner Inseln also, die sich nördlich von Neuguinea und Melanesien,östlich der Philippinen befinden. Es gibt auch solche, die Indonesien unter Ozeanien subsumieren, und das ist ethnologisch und linguistisch berechtigt, andere rechnen Australien dazu, was geographisch natürlich nahe liegt, ethnologisch und linguistisch aber schwer bis garnicht zu rechtfertigen ist.
Wir lassen Australien, Melanesien, Mikronesien und Indonesien mehr oder weniger großzügig links liegen, ungeachtet der Tatsache, daß 1) auch dort für Kosmologie-Beflissene viel zu holen ist, daß es 2) zahlreiche Gemeinsamkeiten zwischen Polynesien, Mikronesien und Indonesien gibt, auch solche mit Melanesien, wobei man aber tunlichst weite Gebiete Neuguineas ausspart. Gemeinsam ist dem Inselreich - wiederum mit Aussparung großer Teile Neuguineas - die Zugehörigkeit zur malaio-polynesichen Sprachfamilie; d.h. malaio-polynesisch hat Wilhelm von Humholdt sie getauft: heute nennt man sie die austronesische
Sprachfamilie, zu der auch di Sprache von Madagaskar zählt, das von den indonesischen Hova in Besitz genommen worden ist: wie man annimmt, rund um die Zeitenwende und von Java aus. Die spezifisch polynesischen Sprachen, die man ruhig Dialekte nennen darf, stehen einander noch so nahe, daß man bereits nach kurzem Training weiß, wie ein Wort, das man in der Maori-Sprache von Neuseeland kennt, auf Hawaii, Tahiti, Samoa, Marquesas usw. lauten muß.
Das Reich der vielen Inseln nimmt den bescheidenen Raum zwischen 80 Breitegraden und 70 Längengraden ein. Aber nur, wenn man einen Globus anschaut, wird man des angemessenen Schocks ob der beängstigenden Größe des Pazifiks teilhaftig. Weltkarten helfen nicht viel, europäische sind geradezu schädlich, weil diese Asien-Europa stolz in die Mitte setzen, wodurch der Stille Ozean an die Ränder rechte und links gedrängt und rüde mitten durch geschnitten wird. Ich möchte soweit gehen zu behaupten, daß die täglich hinter dem Sprecher der Tagesschau auftauchende Weltkarte, wenn schon unbeabsichtigt, das Bewußtsein und Unterbewußtsein des Betrachters in einem pointiert antihistor-ischen Sinne beeinflußt, oder, wie man heute sagt, manipuliert: eben durch die totale Unterschlagung des Pazifik, dem für die Kulturgeschichte eine hundertmal größere Bedeutung zukommt als dem Atlantik. Werfen Sie denn öfters einen Blick auf einen Globus, um sich schockieren zu lassen.Ohne einen Schock nämlich vermögen Sie schwerlich zu realisieren, was es eigentlich heißt, daß die Polynesier von Hawaii nach Tahiti, nach Samoa, nach Neuseeland und der Osterinsel gesegelt sind, ja, daß das Inselreich überhaupt von menschlichen Wesen besiedelt werden konnte.
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Wenn der homo normalis an Polynesieri denkt, so assoziiert er - außer Hulahula und Wellenreiten - ein wenig Gauguin, ein wenig "Meuterei auf der Bounty": beinahe immer basiert seine vague Vorstellung auf der sogenannten "Südsee-Romantik", die praktisch gleich alt ist wie Napoleon, sintemalen 1769 die ersten hingerissenen Schilderungen von "Utopia" von einem Reisebegleiter Boegainvilles in Paris erschienen; gemeint war Tahiti, damals meist Otahaiti genannt. Dem Vernehmen nach hat über diese romantischen Vorstellungen niemand so gelacht wie die tahitischen Adligen, die ja ein wenig besser Bescheid wussten.Sie verstehen, daß es sich da nicht um landschaftliche Schönheit handelt - die muß in der Tat atemberaubend sein - sondern um die einzigartig edlen, würdig-friedfertisen "Naturkinder", die dort leben sollten. Verantwortlich für dergleichen Wunschträume und Wahnvorstellungen war, wie für vieles andere, Jean Jaques Rousseau.
Ich schlage vor, tellerhafter Romantik endgültig zu entsagen, und an Stelle von Gefühlsduselei den Bewohnern des Inselreiches - bzw. deren Vorfahren - den nüchternen Respekt zu zollen, den sie sich verdient haben: es waren die größten Navigatoren, die unser Erdball gesehen hat. Sie sind es nicht mehr; seitdem die Weißen die Inseln an sich gerissen haben, finden keine polynesischen Großreisen mehr statt (Einfluß der Missionare cf. Golson 30, 121.). Auf welche Weise die polynesischen masterminds navigierten, darum haben sie die weißer Entdecker und Eroberen wenig bis garnicht gekümmert; die älteren und bedeutenderen unter ihnen bekundeten die angemessene Bewunderung für seemännische Leistung an, aber Details haben sie uns nicht mitgeteilt (Golson 111, Lewis 17 f.): man hielt die Angabe für ausreichend, die Polynesier navigierten mit Hilfe der Sterne. Da die Polynesier, wie gesagt, keine großen Reisen mehr unternehmen - es sei denn auf modernen Schiffen - kann man keine einschlägigen Informationen von ihnen mehr erhalten. Zum Glück, zu unserem großen Glück, haben aber die Mikronesier ihre Reisetätigkeit nicht eingestellt, und im laufe der letzten dreissig Jahre haben sich einige wißbegierige und wagemutige Forscher die Zeit genommen, sich von mikronesischen Kapitänen gründlich belernen zu lassen und mit ihnen größere Reisen ohne Kompass und andere europäische Hilfsapparaturen zu unternehmen. Xerokopien aus den wichtigsten Arbeiten (Golsen, Thomas Gladwin, David Lewis) stehen zu Ihrer Verfügung, sofern Sie näher interessiert sind.
Mit den Sternen segeln, das sagt sich leicht dahin, und keiner kann sich etwas Konkretes darunter vorstellen. Voraussetzung für die mikronesisch-polynesische Weise zu segeln, ist die Kenntnis der Sterne , die durch den Zenit der Zielinsel gehen, und zwar nicht nur die Kenntnis eines Sterns, sondern einer ganzen Flöte von Sternen, die in der gleichen Breite auf- und untergehen. Eine ganze Sequenz brauchen Sie aus dem Grunde, weil Sie jeweils nur solche Sterne ansteuern können, die sich nahe dem Horizont befinden: ab einer gewissen Höhe werden Sterne als Segelsterne unbrauchbar; wenn Sie nach Osten segeln, richten Sie sich nach aufgehenden Sternen, wenn nach Westen, nach untergehenden.
Je nach Länge der Reise, bzw. Entfernung des Reiseziels, brauchen Sie 3-10 oder noch mehr Sterne, und die müssen Sie vorwärts und rückwärts auswendig kennen.
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Bezüglich der Puluwat-Insulaner in den mikronesischen Karolinen sagt Thomes Gladwin (130 f.): "Wenn man sich vergegenwärtigt, dass es mindestens 26 Inseln oder Atolle sind, zu denen (noch) lebende Puluwat-Navigatoren gesegelt sind, plus einer weiteren Anzahl, deren "Stern-Kurs" gegebenenfalls steuern zu könner von einem Navigator erwartet wird, und bedenkt man ferner, daß man (als Navigator) von gleichwelcher dieser Inseln zu gleichwelcher anderen segeln können muß, so wächst die Zahl der 'star courses' zwischen möglichen Insel-Paaren zu einem erschreckenden Umfang an, to a formidable size. Die Stern-Kurse für 55 gewöhnlich unternommene Reisen wurden aufgenommen, recorded, (110 wenn man die Rückreiserouten einschließt), und die weiter entfernten Inseln erfordern noch einmal so viele." Ende des Zitats.
Wir haben es da mit einer Vertrautheit von Uranographie und Geographie zu tun, die wir schwerlich bei einem heutigen Europäer oder Amerikaner aufspüren könnten. J.Banks, Reisebegleiter von Captain Cook auf der "Endeavour", bemerkte 1769 (Golsen 112) "The Polynesians' knowledge of the stars was very detailed.They know a very large part by their names, and the clever ones among them will tell in what part of the heavens they are to be seen in any month when they are above the horizon.They know also the time of their annual appearing and disappearing to a great nicety, far greater than would be easily believed by an Eeuropean Astronomer." In der Tat sind die mikronesischen Navigatoren mit den Bewegungen der Sterne so vertraut, daß, wenn bei verhangenem Himmel ein Aufreißen der Wolken ihnen einen kurzen Blick auf ein paar Sterne freigibt, sie imstande sind, ihren Kurs zu korrigieren. Bei Schilderung einer Reise mit Mikronesiern bei miserablem Wetter konstatiert David Lewis (52): "This brought home to me the importance of a navigator being able to know the whole sky so well that one glimpse of a single star or constellation sufficed to give him his bearings."
Nun ist die Reisetätigkeit der Mikronesier vergleichsweise, ich wiederhole: vergleichsweise, einfach, verglichen mit den Fahrten der Polynesier; zum einen sind die Entfernungen weniger riesig, zum anderen befindet sich das mikronesische Inselreich und die Gilbert-Inseln in großer Äquatornähe, was die Bahnen der Sterne leichter überschaubar macht (Abb. Makemsom 109, Grimble 217). Die Kenntnisse der polynesischen Kapitäne müssen dementsprechend umfangreicher gewesen sein. Mit der uns schwer vorstellbaren Kenntnis der Sterne ist es allerdings nicht getan.Ein Navigator muß ebensoviel von Meeresströmungen verstehen wie von Sternen, von oberflächlichen und tiefergehenden, oft einander entgegenwirkenden Dünungen, von den Terminen vorherrschender Windrichtungen, von Wolkenbildungen über Festlands und über dem Meer, vom Benehmen von Wellen über einem versteckten Riff und nahe von Inseln (Wolkenbildung vgl.Erdland:Marshall-Insulaner.1914, 70-75).
Die detailliertesten Schilderungen finden Sie bei David Lewis, und wenn Sie ihn lesen, werden Sie, falls Sie ein ähnlich harmloser Festlandbewohner sind wie ich, nicht nur von vielen Ihnen bislang unbekannten Verhaltensweisen des Meeres hören, sondern auch davon, wie man diese mannigfaltigen Verhaltensweisen analysieren und beurteilen kann, wenn man halt ein mikronesischer Navigator ist (oder ein polynesischer war). Dergleichen Kenntnisse sind theoretisch nicht zu vermitteln, die kann man nur durch Erfahrung, durch Teilnahme an zahlreichen Reisen erwerben, während die vielen 'Star Courses' erst einmal an Land gründlich ge parkt werden:p4
in jedem Falle kostet es sehr viele Jahre intensiver theoretischer und praktischer Ausbildung, bis ein Sohn oder Neffe eines Kapitäns - in verschwindend wenigen Ausnahmen auch eine Tochter - als initiierter Navigator anerkannt wird und damit in die Creme de la Creme aufrückt. Niemand erfreut sich eines vergleichbaren Ansehens wie erfolgreiche Kapitäne, die darüber hinaus beinahe immer auch ihre eigenen Schiffsbauer sind.
Die bislang erwähnten Autoren befleissigen sich einer respektvollen bis bewundernden Ausdrucksweise, wenn sie von den navigatorischen Leistungen der Mikronesier sprechen. Vermutlich würde sich auch die Tonart aller anderen Kulturberichterstatter merklich wandeln, wenn man dazu überginge, die Spezialisten für polynesische Zivilisation in Tahiti auf einem Auslegerboot auszusetzen mit dem Auftrag, das 2000 Meilen entfernte Hawaii gründlich unter die Lupe zu nehmen. Wer, wie der amerikanische Archaeologe Robert C. Suggs (80 f.) auf einem marquesanischen Segelboot in ein mörderisches Unwetter hineingeriet und, dank der Umsicht des polynesischen Kapitäns auch wieder heraus, der verbeißt sich von Stund an das hochnäsige Geschwafel seiner Zunftgenossen. Eben dieser Robert C. Suggs stellte denn auch 1960 fest (73): "Considering the Polynesian geography, the Polynesians appear to stand among the greatest mariners of all human history, their accomplishments in this field making the Vikings, Romans, and Phoenicians look rather insiginificant by comparison, especially considering that the voyaging was made against the prevailing winds and currents for the largest part... Unfortunately, the actual navigation techniques, are little known although much speculation has been expended on them."
Seemännischer Sachverstand ist so dünn gesät wie die Fähigkeit zu denken und wie die Kenntnis kulturhistorischer Fakten, mindestens in unserem vertrottelten Jahrhundert, und so ist beinahe zwangsläufig den tellerhaftesten Theorien durchschlagender Erfolg beschieden, an erster Stelle denen von Thor Heyerdahl und von Andrew Sharp. Andrew Sharp vertritt die Ansicht, Polynesien sei durch "accidental voyages" besiedelt worden, durch von Wind und. Strömungen verschlagene Bootsbesatzungen. Diese Ansicht ist schwachsinnig, aber sie enthebt jeden ihr Anhängenden nicht nur aller weiteren Denk-Anstrengungen hinsichtlich der Rekonstruktion ozeanischer Kulturgeschichte, sondern sie erlaubt ihm auch, sich vor jedem Respekt-Erweis zu drücken: verschlagenenen Schiffbrüchigen schuldet man Mitgefühl, aber keine Hochachtung. Es versteht sich, daß einsichtige Gelehrte sich scharf gegen Andrew Sharp ausgesprochen haben (s.a. Suggs 83-85) , doch Vernunft und Sachverstand sind nun mal nicht gefragt. Thor Heyerdahls Theorien dürften Ihnen eher bekannt sein: er will Polynesien von Amerika, speziell von Peru aus besiedelt worden sein lassen, und um dies zu 'beweisen' unternahm er die ach! so populär gewordene Kontiki-Expedition.p5
Nicht nur spricht das prähistorische Material gegen eine solche 'Lösung', sondern auch 9/10 des ethnologischen Materials, und obendrein verliert die Kontroverse - ob die polynesischen Inseln von SO Asien oder von Amerika aus besiedelt wurden - insofern viel von ihrer kulturhistorischen Relevanz, als auch die amerikanischen Kulturen insgesamt aus Asien stammen: wir bekommen unweigerlich und in jedem Falle mit ost- und südostasiatischen Zivilisationen zu tun, wenn wir die polynesische Kultur halbwegs verstehen wollen. Verstehen Sie mich recht: es wird nicht geleugnet, daß manches Kulturelement von Amerika aus seinen Weg in den Pacific gefunden haben mag, z.B. scheint das bei der vieldiskutierten Süßkartoffel der Fall gewesen zu sein (e.g. Bellwood 16 A, s. aber Friederici, Anthrops 24, 1929, 469-87); rundweg bestritten wird die Behauptung, die Mehrzahl der Inseln seien von Amerika aus besiedelt worden und zeigten "indianische" Beeinflussung: alles Material, wie gesagt, spricht deutlich dagegen. Gleichwohl werden wir uns auf die ozeanische Prähistorie näher nicht einlassen; nicht nur bin ich nicht sachverständig genug, vielmehr nötigen immer neue RC 14-Daten zu kontinuierlichem Umbau der Chronologie, sodaß man gut daran tut, eine abwartende Haltung einzunehmen. Den Xerokopien aus Barnard, Bellwood und Shutler können Sie entnehmen, wie etwa die Sachlage zur Zeit ausschaut.
Merken Sie sich erst, einmal nur, daß wir a) von den westpolynesischen Inselgruppen Tonga und Samoa Radiocarbondaten von 1140 und 800 vor Chr. haben. Melanesien und Teile Mikronesiens waren schon lange vorher besiedelt, von New Ireland (vormals Neu Mecklenburg liegen RC Daten vor von -6000 (flake industry, preceramic), von Neukaledonien solche von -2190 (Australien 20.000, s. Bellwood 12 A, Barnard-Symposion vol.3, 533). Und merken Sie sich b) daß man in diesen alten Schichten sowohl in Melanesien - ausgenommen Neu-Mecklenburg- wie auch auf Tonga Keramik gefunden hat, eben die Lapita-Keramik, einige Keramikschichten sogar in der untersten Schicht von Marquesas, die auf 130 v.Chr. datiert worden ist (Suggs, nach Shutler 83), während ab ungefähr der Zeitenwende die Töpferei in ganz Polynesien verschwindet (s.a. Bellwood 14 B). Von Samoa und Tonga aus scheinen alle anderen polynesischen Inseln besiedelt worden zu sein, die meisten, so wird in rezenten Publikationen angegeben, im Laufe des ersten nachchristlichen Jahrtausends, Neuseeland vorgeblich erst im 12. oder gar im 14. nachchristlichen Jahrhundert (14.: Mühlmann, Anthropos 29, 1934, 739). Heine-Geldern allerdings teilt mit, "auf Grund geologischer Untersuchungen" sei festgestellt worden," der. Neuseeland tatsächlich schon um 300 vor Chr. besiedelt war" (Paideuma 5, 1954, 409, Verweis auf G. Leslie Atkin 1952, besprochen in Antiquity, 27, 1953, 58). Wer im 12.nachchristlichen Jahrhundert in Neuseeland landete, das waren die sog. "Hochpolynesier", die man von den sog. "Vorpolynesiern" zu unterscheiden pflegt. Selbige Hochpolynesier, die im 12. Jahrh. von Tahiti über Rarotonga anreisend, Neuseeland vereinnahmten, waren also anscheinend nicht die ältesten Bewohner der Doppelinsel. Wer unter den Stammkunden sich darauf besinnt, daß man an der Küste von Ecuador Mattenkeramik ausgegraben hat, die der frühen und mittleren Jômon-Keramik Japans engstens verwandt ist und mittels RC14 auf 3200 v. Chr. datiert wird (Meggers: Ecuador 1966, 42-47), wer sich darauf besinnt, wird ohnedies der behaupteten Erstbesiedlung Neuseelands im 12. Jh. n. Chr. skeptisch gegenüber stehen.
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Zur Erbauung sei Ihnen ein kurzer einschlägiger Abschnitt aus dem Werke "Triste Tropiques des Struktralisten Claude Lévy-Strauss übermacht, der nicht gerade als penibler Historiker verschrien ist (transl. John + Doreen Weightman, New York: Atheneum 1974, 256 f.), umso eindrucksvoller ist der Rückgriff auf die gesunden Prinzipien der kulturhistorischen Ethnologlie. Beigefügt sind ein paar Zeilen aus dem von Golson editierten "Polynesian Navigation" (p.120), denen Sie entnehmen können, dass der kluge Georg Forster schon 1777 die Polynesier seiner Zeit als degenerierte Nachfahren der "eigentlichen Seefahrer erachtete.
Ich werde Sie nicht mit den zahlreichen Spekulationen über die Besiedlung der verschiedenen Inselgruppen und die angenommenen Kulturschichten langweilen, heißen sie nun hoch- oder vor-polynesisch, oder, spezifierter, "Chinese Buddhist", "Dynastic Indo-Malaysian", "Brahmanic" und dergleichen mehr: über den tatsächlichen Hergang der Geschichte wissen wir zu wenig, wir wissen beinahe nichts. Es steht Ihnen frei, sich der optimistischen Ansicht von Robert Suggs anzuschließen, der meinte (85):"Die faktische Reihenfolge, in der die polynesischen Inseln besiedelt wurden, kann einzig durch die Archaeologie bestimmt werden, da gleichwelches Theoretisieren harte Tatsachen nicht ersetzen kann. Wenn erst die prähistorische Schichtenfolge aller wichtigen Inselgruppen etabliert ist, werden wir besser imstande sein, die navigatorischen Fähigkeiten der Polynesier zu beurteilen. Nur und erst dann werden wir Kontakte zwischen den Inselgruppen auf Grund von Stein- und Muschelartefakten nachweisen können und erst dann werden wir endlich der Wahrheit näher kommen, only then will we finally attain a more certain grasp of the ultimate truth."
Ob es jemals dazu kommen wird, dass alle polynesischen Inseln systematisch ausgegraben werden, das wage ich tz bezweifeln; noch mehr wage ich zu bezweifeln, daß wir alsdann der "ultimate truht" sehr viel näher gekommen sein würden, wenn nicht gleichzeitig die "letzte Wahrheit" über die Aufeinanderfolge der prähistorischen Kulturschichten in Ost- und Südostasien und in Amerika greifbar geworden wären. Obendrein bekenne ich mich dazu, daß diese Gattung von Wahrheit mir recht unbefriedigend vorkömmt. Solange sich den besagten Sequenzen von Vierkantbeilen, Schulter- und Ärmchenbeilen, Muschelkratzern und -messern, Knochen von Hausschweinen und Hunden, analysierbaren Resten von Taro und anderen Kulturpflanzen keine sogenannte "Weltanschauung", oder gegebenenfalls deren mehrere, zuordnen lassen, kommt am Ende nur jene Art von Geschichte heraus, die Aldous Huxley definiert hat als "one damn thing after the other". Was n i c h t heißen soll, ich erachtete die Erforschung der praehistorischen Schichten der gesamten Region, also des gesamten Pacific, Südost- und Ostasiens und Amerikas für uninteressant, das Gegenteil ist der Fall: ich finde, daß zur Zeit die Vorgeschichte die aufregendste und spannendste, weil die lebendigste aller Disziplinen ist, jedenfalls für den, der sich auf richtig datierten Keramikscherben und Beiltypen nicht zur Ruhe setzt, vielmehr sein Augenmerk auf die Ideen und Erkenntnisse der Menschen richtet, die die Muster entwerfen und die Artefakten hergestellt haben.p7
M. a, W., spannend sind die Ergebnisse der Praehistoriker - außer für diese selbst - für Beflissene der Ethnologie, der vergleichenden Religionswissenschaft und der vergleichenden Mythologie. Diese Fächer heißen so und werden wohl noch eine Weile weiter so heißen, obwohl sie diesen Titeln zu Grunde liegende Vorstellung von "Religion" und von "Mythologie" verkehrt ist. Mythologie und Religion alter Zeiten sind theoretische und angewandte Kosmologie und haben mit "Glaubenslehren" im Sinne unserer Offenbarungsreligionen nichts zu schaffen. Vielmehr sollten sie vorrangig ein Forschungsgegenstand des Naturwissenschaftshistorikers sein, der wenigstens ein Minimum von astronomischer Sachkenntnis mitbringt. Unabdingbar sind wenigstens rudimentäre Kenntnisse der Astronomie für jeden, der sich mit der sog. Religion und der sog. Mythologie der Polynesier beschäftigt; d.h, sie sollten es sein. Faktisch hingegen sind die gelehrten Weißhäute begriffsstutziger als erlaubt. Zugegeben: ein Sextaner, den es in die Mathematikstunde der Oberprima verschlagen hat, der kann garnicht anders reagieren als mit Begriffsstutzigkeit, ihm fehlen die Voraussetzungen. Im Falle Polynesien aber bildet der forschende Sextaner sich ein, er sei der Primaner, und die sogenannten Eingeborenen gehörten nicht einmal in die Sexta, sondern in den Kindergarten .So fniden Sie denn in europäischen und amerikanischen PubIikationen jede genwünschte Quantität von Ausführungen über Himmels-"schichten" und Unterwelts-"schichten": es wird als "the bizarre view-point of the native" bezeichnet und. festgestellt, es sei "difficult for us to grasp the Polynesian idea", nämlich daß "Hawaii -lowest of all, the nadir of the netherworld, is identical with the ethereal sky" (Emory, Bull. 103, 123):es sei bizarr und für uns unbegreifbar, daß das unterste Hawaiki identisch sei mit dem ätherischen Himmel. Und wenn ausnahmsweise ein verständiger Europäer eine angemessene Übersetzung von polynesischen Formulierungen bringt, so werden die entscheidenden Worte flugs "verbessert". So hat etwa Caillot (Mythes 243, 244 n.3, 260) über die Lage eines bestimmten Totenland-Bezirks, Lolofenua, von den Tonganern erfahren, es sei die Gegend der "Antipoden", "genau gegenüber den Tonga-Inseln", worauf Williamson (Beliefs 1,353) beschwichtigend erläutert: "The idea which Caillot interprets as being 'diametrically opposite' must be that it was immediately below". Sie können sich leicht ausmalen, wie es um die Interpretation polynesischer Traditionen bestellt ist, wenn sich dieser Aufgabe ausschließlich Leute unterziehen, die weder von Planetensphären noch von der Fixsternkugel jemals etwas gehört haben, und die ausgerechnet die größten Navigatoren unserer Erdkugel unter die Geoplanisten einreihen. U n d Sie können sich ausmalen, was aus den Polynesiern geworden wäre, wenn ihre astronomischen und geographischen Kenntnisse denen ihrer Erforscher vergleichbar wäre: sie würden insgesamt ersoffen sein oder, mit anderen Worten: es gäbe schlechterdings keine Polynesier, deren Kultur man erforschet könnte, wenn diesen "Eingeborenen" die "bizarre" Einsicht in die Kugelgestalt der Erde, die Existenz von Planeten in unterschiedlicher Entfernung, und die Notwendigkeit eines sphärischen Koordinatensystems abgegangen wäre.
Die schwer zu beantwortende Frage bleibt die, wie die allerersten Besiedler die Inseln gefunden haben, also ehe sie wissen konnten, welche Sterne den Zenit welcher Inseln passieren; vorherwissen konnten sie dergleichen schließlich nicht.
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Den einzigen mir einleuchtenden diesbezüglichen Vorschlag hat Cartwright gemacht (JPS 38,109, s.a.Golson 114), Er meinte, die Beobachtung bestimmter Zugvögel habe den Polynesiern, als sie noch an der süd-chinesischen und hinterindischen Küste saßen oder schon auf den Phlippinen oder Formosa zunächst einmal zu der Gewißheit verholfen, im Osten Land zu finden. "There is no question that a steady departure of plover - das ist der Regenpfeifer - or other shore-birds in one direction, and their return from the same direction would be noticed. The Polynesians would know that these birds could not live on the open sea, as they are no water-fowl, and therefore that they went to some land and later returned from it. They would naturally reason that if birds could fly to this land in one flight, they in a large case certainly could sail to it. When once they had proved the theory it would not be long before they were following migrations of shore-birds in different directions until all the islands to which these birds migrated would be discovered." Daß Vögel beim Auffinden kleiner Inseln auch den Mikronesiern große Hilfe leisten, können Sie in den schon zitierten Büchern von Thomas Gladwin ure David Lewis nachlesen.
Kenntnis des Verhaltens von Vögeln führte ja auch dazu, daß man früher gerne Vögel auf weite Seereisen mitnahm. So hören wir von "Floke Vilgedarson, der 868 auszog, um Island zu entdecker", daß er "nach dem Landnambuk drei Raben mit. sich nahm, die ihm als Wegweiser dienen sollten, und von denen man annahm, daß sie bei der Nähe von Land diesem zufliegen würden, sodaß die Seefahrer ihnen bloß zu folgen brauchten" (Andree Flutsagen 131 ff. apud Rooth 157). Und von Dahlmann erfahren wir (ibid. 158), wenn auch in unpraecisen Formulierungen: "Der 'Seekompass' der alten Inder war die Taube. Zwar habe ich hierfür im Mahabharata selbst noch keinen Beweis gefunden: Wohl aber wird uns der Gebrauch durch eine der ältesten buddhistischen Schriften bezeugt. Es heißt Digha Nikaya im Kevattasuttantam...: Einstmals, o Mönch, nahmen die seefahrenden Kaufleute einen landerspähenden Vogel mit und schifften dann in das große Meer hinaus. Sobald das Schiff kein Land mehr zur Rechten hatte (so Franke, WZKM VII, 358) ließen sie den landerspähenden Vogel abfliegen. Er aber flog gegen Osten und gegen Süden...er flog nach allen Richtungen. Wenn er endlich Land erblickte, dann eilte er dorthin. Wenn er dagegen nirgends Land erspähen konnte, dann flog er zu seinem Schiff zurük. "Die Stelle beweist", fahrt Dahlmann fort, "daß die altindischen Seefahrer sich des gleichen Mittels zur Erspähung des Landes bedienten, wie die ältesten semitischen Seefahrer. Auf jedem Schiffe der Phönizier, das in See stach, befanden sich Tauben, die man entließ, wenn man sich über die nächstgelegene Küste oder Insel orientieren wollte."
Zum Abschluß dieser völlig unzureichenden 'einführenden Worte' sei nachdrücklich verwiesen auf die Xerokopie aus den frühen Aufsätzen von Sir Arthur Grimble, woselbst Sie S. 28 unten über zwei beherzigenswerte Fakten hinsichtlich der Navigatoren von den Gilbert-Inseln belehrt werden, die aber in etwa auch für alle anderen Inselgruppen gelten: 1) die "Stern-Kurse" sind bzw. waren "classified information", sie wurden innerhalb einer Kapitänsfamilie strikt geheimgehalten, also zwischen Vater und Sohn, eventuell Onkel und Neffen, und das mag Ihnen erklären, warum auch ernsthaft wißbegierige Weißhäute nicht Genaues erfahren haben, bis eben in den letzten 20 Jahren ein paar mikronesische Kapitäne beschlossen, Thomas Gladwin und später David Lewis "einzuweihen".
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2) Die Stern-Routen wurden, wenigstens auf den Gilbert-Inseln, in Form von Erzählungen auswendig gelernt, also "auf Mythisch". Da haben wir eine spezielle, uns bislang noch nicht über den Weg gelaufene Anwendung der kosmologischen Fachsprache. Es ist ein Jammer, daß Grimble uns nicht weitere Details mitteilt, aber vermutlich hat er nicht mehr in Erfahrung bringen können als diese wenigen Andeutungen. Immerhin hätten diese Andeutungen, die allen Südseespezialisten bekannt waren und sind, die Herren aufhorchen lassen sollen. Aber ein Sextaner, der Oberprimaner für Kindergartenbesucher erachtet, horcht aus Prinzip nicht auf, er hört nicht einmal zu. Und hier will ich Ihnen kurz erzählen, wie ich dazu gekommen bin, die Dinge anders anzupacken, als es bislang geschehen ist.
Durchdrungen von der unerschütterlichen Absicht, unter keinen Umständen jemals etwas mit Astronomie zu tun zu bekommen, wählte ich mir vor rund 20 Jahren als Thema die Rolle des Deus Faber in der Mythologie, wähnend, solches würde ein ausnehmend technikhistorisches Unternehmen. Nachdem ich mit dem mesopotamischen Enki/Ea "fertig" war - unter hygienisch einwandfrei sauberer Aussparung jeglichen sideriechen Bezuges -, halb fertig mit den ägyptischen Vertretern Ptah und Chnum und mit dem indischen Tvasthri, und nachdem ich den keltischen Goibniu und den finnischen Ilmarinen angekratzt hatte, und natürlich Wieland den Schmied, Hephaistos und Daidalos, stürzte ich mich auf Tane, hawaiisch Kane, den Deus Faber des Inselreiches, um diesen schleunigst zu 'erledigen'. Nach einem Jahr intensiver Lektüre - ich habe damals allermindestens 10 000 Seiten laufenden Text polynesischer Mythen hinter mich gebracht, es gibt viel mehr - , schrieb ich die Ergebnisse zusammen, nach dem schon erprobten Schema F: ich wusste ja schließlich mittlerweile, was zur Ausstaffierung des Demiurgen gehörte: er ist Verfertiger von Himmel und Erde und Menschen; er ist der ursprüngliche Besitzer des Lebenswassers und des ersten Rauschtrankes und beherrscht das Wasser, ob es sich um das Meer handelt oder um Ströme; er ist Architekt und Städtebauer und verfertigt viele noble Kunstwerke und Zaubergegenstände (u.a. die 'Pandora', beim Ilmarinen ist sie aus Gold, bei Goibniu aus Blüten), und er ist der Shah-in-Shah oder Khakhan, König der Könige. Soweit war alles ganz in Ordnung. Aber es wurmte mich doch gewaltig, daß ich von all diesen endlosen Mythen nichts wirklich verstand, gar nichts: es blieb schleierhaft, worüber diese Leute eigentlich so ausführlich Bericht erstatteten. Und die Theorien über die säuberlich nach Fortschrittsgesichtspunkten geschichteten Einwanderungswellen mochte ich auch nicht leiden. Irgendwas stimmte da nicht, alles stimmte nicht, und es schien mir doch angemessener, an meinem Grips zu zweifeln als an dem der Polynesier: daß die was im Köpfchen hatten, bewies ihre schiere Anwesenheit auf allen Inseln. So holte ich mir erst einmal alle Bände der Veröffentlichungen des Museums von Honolulu, die von Archaeologie handeln, und besah mir den praehistorischen Befund, soweit er greifbar war. Dabei stieß ich auf das schmale Bulletin 53 des Museums, genannt "Archaeology of Necker and. Nihoa", das sind zwei kleine Inseln der Hawaii-Gruppe. Auf Nihoa könnten bei bescheidensten Ansprüchen 150 Menschen leben, Necker-Island ist hingegen wegen völliger Abwesenheit von Wasser unbewohnbar, und es hat auch nachweislich niemand jemals dort gehaust. Gleichwohl finden sich auf diesem unbewohnten Felseninselchen 33 Maraes, d.i. megalithische Kultplätze.
(bei Graphik Anzeigen erscheint sie in voller Größe)
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"Where then?" fragte der Verfasser Emory, "did the people live who visited Necker for the purpose of erecting maraes or performing rites upon them?" Und dann fragte er nach dem speziellen 'Stil der Bauanlagen und fand sie am ähnlichsten einer Gruppe von Megalithplätzen im Inneren von Tahiti.
Ich habe Ihnen schon öfters gesagt, daß die progressiven Scholaren unter einem malignen Parzival-Komplex leiden, und das trifft auch auf Kenneth Emory zu: nach einem zureichenden Grunde für so phaenornenale Baufreudigkeit hat er nicht gefragt. Als ob es angesiehts von 33 Megalithplätzen auf einem unbewohnten Inselchen eine andere Frage geben könnte, als warum ? Jedenfalls kriegte ich mir erst mal Andrees Handatlas her, und dann traf mich beinahe der Schlag: Necker Island liegt haargenau auf dem Sommerwendekreis (Nihoa ein wenig südlicher). Logischer Weise besah ich mir daraufhin den Wendekreis des Steinbocks, und fand dort Tubuai (nicht ganz genau, aber 'so approximativ' im Sinne von Altgraf Bobbi); ein paar Wochen zuvor hatte ich in meiner Schema F-Abfassung indigniert vermerkt, es sei unerfindlich, aus welchem Grunde in der tahitischen Kosmogonie die Insel Tubuai eine so große Rolle spiele - die Insel entstand aus den von Maui abgetrennten Armen des die Weltmuschel umklammernden Oktopus, und hieß auch Tumu-tai-fenua, "Foundation-of-earthly-heaven."
Mutter Natur hat es nachlässiger Weise an der Bereitstellung von Inseln direkt auf dem Aequator fehlen lassen; so blieb den pflichteifrigen Polynesiern nichts anderes übrig, als die z.T. unbewohnten Inseln in größter Aequatornähe mit Maraes vollzupflastern, wie Fanning, Christmas Island, Malden - das unbewohnte Malden weist mehr als 35 Maraes auf (Emory Bull.123, 10 ff., 26, 40).
Angesichts dieser Sachlage blieb mir nichts anderes übrig, als mit allem von vorne anzufangen und zähneknirschend Astronomie zu lernen. Erst dachte ich noch hoffnungsfroh, es handle sich durchweg um Sonnwendmythologie, aber das erwies sich schnell als Irrtum: Helden oder Götter, die mehrere Jahre unterwegs sind, die zwischendurch umkehren, die "in den leeren Raum" abstürzen und dgl. ließen sich keinesfalls auf die Sonne oder den Mond reimen: das waren Planeten. Es hat aber noch ganz schön lange gedauert, bis ich endlich auf den Trichter kam, daß der hochverehrte Deus Faber und Prototyp des legitimen Kaisers der Planet Saturn sei.
Die archaeologische Erkundung von Necker Island durch das BPB Museum hat noch ein corpus delicti zu Tage gefördert, das Bände spricht, wenn man geneigt ist, zuzuhören, und zwar - neben unerheblicher kleiner Steinplastik, einigen Schalen und Steinwerkzeugen - eine steinerne Vogelstange (Bull.53, 96 f.), von der Emory sagt: "To myknowledge, the nearest Polynesian equivalent to the remarkable stone artifact...is the bird-snaring perch of New Zealand described by Best." Vögel in Schlingen zu fangen, war in Polynesien nicht nur Olympiade und Fußballmeisterschaft in einem, und eine höchst sakrale Angelegenheit obendrein: man eiferte damit - abgesehen davon, daß es Spaß machte - dem großen Maui nach, der die Sonne in seiner Schlinge gefangen hatte, bzw. Te-manu-i-te-ra, den Vogel in der Sonne; folglich hießen die Vogelstangen tuke-a-Maui. Häufig wurden kleine quadratische Gerüste gebaut unter einem in Blüte stehenden Baum; auf die besagte Vogelstange wurde eine Locktaube oder ein Lockpapagei geatzt, und im Innern des blütengeschmückten Gestells harrte, durch Farne und Blätter verdeckt, der Trapper seiner Beute.
p11
Wenn Sie wissen wollen, wo "Tuke-o-Maui", Mauis ureigenste Vogelstange sich befindet: "Mauis Vogelstange" heißt der Oriongürtel, und Puanga oder Puanga-rua, d.i. blossom cluster, heißt Rigel, beta Orionis. The constellation Orion was visualized as a bird-snare, with Puanga as the lure" (Makemson 263,247). Wenn einem angesichts einer steinernen Vogelstange - im Allgemeinen sind diese nützlichen Gegenstände aus Holz, in seltenen Fällen aus Menschenknochen - mitten auf dem Wendkreis kein anderes Problem aufstößt als das, wo es ein solches Artefakt sonst noch geben könnte, so kommt man klärlich zu nichts. Die progressive Angewohnheit des Verlages des Honolulu-Museums, Karten prinzipiell ohne Längen- und Breitengrade zu drucken, weil es angeblich nur auf die relative Lage der Inseln zueinander ankommt, trägt allerdings nicht dazu bei, diesbezügliche Aufmerksamkeit zu wecken. Auf die Formel vom Sonnenschlingenfang und deren skurrile Verbreitung kommen wir, aller Voraussicht nach, später zurück.
Jetzt hingegen betrachten wir uns erst einmal polynesische Kosmogonien. Dieses Wort allerdings ist mit größter Vorsicht zu behandelnd wie Sie wissen, denn es gibt nicht nur eine creatio, sondern deren mehrere, weil es nicht eine Welt gibt, sondern nur einander ablösende Weltalter, ein jedes mit einem neuen Himmel und mit einer neuen Erde. M.a.W. bei den großen Schemata, als da sind die Weltelterntrennung, der Weltei-Mythos und der Mythos vom Weltriesen, aus dessen Körperteilen eine Welt entsteht, handelt es sich definitiv nicht um einander widersprechende Versionen einer Kosmogonie, die von den Experten kunstgerecht auf verschiedene Bevölkerungsschichten verteilt werden, so als "glaubten" etwa die kleinen Leute oder die sog. 'Vorpolynesier' an die Entstehung der Welt durch Trennung der Welteltern, während es die großen Herren der Erobererschicht mit dem Weltei hielten. Was sich unabänderlich und stetig wandelt, sind eben nicht die Ansichten und Dogmata über eine einzige fixe Welt, sondern allein die himmlischen Konfigurationen, die Stellung der Planeten zu dem sich, dank der Praecession, verschiebenden Kolurengerüst. Eigentlich dürfte man demnach nicht die -gonien in den Plural setzen, sondern die kosmoi, die nacheinander 'werden'. Indessen lässt sich leider nicht in Abrede stellen, daß gerade in Polynesien 'Versionen' der einzelnen Haupttypen auftreten, und es ist vorderhand unmöglich zu entscheiden, worauf die Differenzen jeweils zurückzuführen sind; von den Fällen abgesehen, wo man auf den ersten Blick sehen kann, daß der polynesische Gewährsmann mit seines Ausbildung noch nicht fertig war, oder einfach ein uneingeweihter Angeber.
Gemeinsam ist den meisten erhaltenen sogenannten Schöpfungsgeschichten ein ausnehmend abstrakter Beginn: es ist viel Einbildungskraft darauf verwendet worden sich vorzustellen, was das "Nichts" sei, und wie sich daraus etwas entwickelte. Viele Schilderungen könnten geradesogut aus dem Munde eines alten indischen Philosophen kommen wie aus dem eines Polynesiers. Es klingt nur alles häufig 'irdischer' und ausgesprochen 'biologisch', weil den Polynesiern eine besonders ausgeprägte Leidenschaft für Genealogien eignet: sie übertrumpfen mit ihrer diesbezüglichen Verbissenheit noch das, was wir aus dem Alten Testament kennen, und diese Passion für Geschlechtsregister, die Alfred Métraux nicht anstand, als "fast krankhaft" zu bezeichnen (Osterinsel 112), scheint einen nicht zu unterschätzenden Einfluß auf dke Formulierung kosmogonischer Prozesse gehabt zu haben;p12
in kürzester Zeit geraten die Berichterstatter in das Herunterrattern von Genealogien, und das muß auch so sein, denn jede angesehene Familie verfolgt ihren Stammbaum zurück bis zur Entstehung des kosmischen Urkeims, und diese Familien sind es schließlich, die ihre Hofdichter bezahlen. Die Bedeutung der Genealogien für das tägliche Leben hat wenigstens dafür gesorgt, daß trotz des Christentums die Traditionen lebendig geblieben sind. Um es mit dem alten Carl Schirren zu sagen (Maui-Mythos 8 f., cf. Beckwith HM 293, Kumulipo 36 f.; Bastian: Heilige Sage 68): "Unter den Beweismitteln, die...bei Landstreitigkeiten...von den Parteien beigebracht wurden, stehen die Geschlechtsregister oben an. Diese aber erhalten ihre Bedeutung erst im unmittelbaren Zusammenhang mit den Mythen. Wurden die Mythen darum mit Bezug auf solche Rechtsfragen vorgetragen, so ergaben sich für ihre Überlieferung zwei Folgen: sie mußten im Ganzen unverändert fortleben, soweit gegenseitige Controle der Stämme reichte. Denn die aus ihnen abgeleiteten Beweismittel mussten auf allgemein bekannten Daten beruhen." Und Elsdon Best (School 5) führt als Beispiel von Neuseeland an: "when Tamarau Waiari appeared before the Land Commission at Ruatoki in order to explain the claim of his clan to certain lands, he traced the descent of his people from an ancestor who flourished thirty-four generations ago. The result was a long table of innumerable branch lines, of a multitude of affinitive ramifications. This marvellous recital occupied the attention of the Commission for three days. The old man gave much evidence as to occupation, extratribal marriages, etc.; and the genealogical table contained well over fourteen hundred names of persons." Für alle Inseln gilt, was in der Einleitung zur Genealogie der Häuptlingsfamilie von Tongareva gesagt ist (Nevermann 99):
Die Abstammung geht zurück his auf den Himmel als Vater
Die Abstammung geht zurück bis auf Atea.
Binde sie, damit sie festhält,
Lass die Knüpfung fest sein,
Lass die Verknotung fest sein,
Damit sie hält.
Wie Sie wissen, halte ich diese "genealogische Besessenheit" für eine Konsequenz der Vorstellung von der Fixsternseele, konzipiert im Jungpalaeolithikum, am breitesten dargestellt in Platons Timaios. Wenn alle Mitglieder und Nachkommen einer Gruppe zu einer Fixstern-Seele gehören, zu der jeder der unzähligen Splitter dieser Ahnenseele früher oder später zurückzukehren hofft, so muß man den größten Wert darauf legen, daß "die Verknotung fest sei, damit sie hält." Es sei erinnert an Adam, in dem laut rabbinischer Tradition die 600 000 Seelen Israels enthalten waren wie in einem aus ebensovielen Fäden zusammengezwirnten Docht einer Kerze, oder an die Skidi-Pawnee, die beim definitiven Weltende zurückzukehren gedenken zu dem "Südstern, zu dem wir gehören"; der Südstern der Pawnee ist aller Wahrscheinlichkeit nach der Antares, alpha Scorpii.
Genealogie' ist aber, wenn wir von den realen fürstlichen Stammbäumen absehen, ganz einfach eine Gattung von Terminologie, eine Art des Formulierens; daß die Polynesier nicht "geglaubt" haben, zahllose Abstrakta, etwa Nacht und Nichts, hätten sich sexuellen Orgien gewidmet, sollte sich wirklich von selbst verstehen.p13
Mit strikten Genealogien lässt sich das Wirken großer Götter nicht immer leicht in Einklang bringen; um so weniger, als sich zu der genealogischen Erzählweise ein beinahe Darwin'sches Prinzip des Evolutionismus gesellt, wie das speziell im sogenannten Kumulipo, dem Abstammungsgedicht der Königsfamilie von Hawaii der Fall ist. Wenn Sie das Prinzip der Entwicklung des 'höher' Organisierten aus dem 'niedrigeren' durchhalten wollen, dann können die Götter erst nach dem Menschen in Erscheinung treten, was deren Schöpfungstätigkeit beeinträchtigt. Beim näheren Hinsehen sind die Dinge weitauskomplizierter, und was zunächst wie schiere Evolution aussieht, entpuppt sich dann als eine Kette von "self-activating-phases" eines allerhöchsten Gottes, dessen Name nicht genannt zu werden pflegt; es hat lange gedauert, bis die Europäer seiner Existenz inne wurden, und die wenigen 'eingeweihten' Europäer, die es, speziell auf Neuseeland, gegeben hat, haben ihr Wissen nicht weitergegeben, aus Loyalität.
Da Beschreibungen von außen mich immer nervös machen, setze ich solches Unbehagen auch bei Ihnen voraus: Texte sollten immer möglichst früh ins Spiel kommen, wenigstens ausschnittweise. Das sogenannte Kumulipo ist jedoch ebenso lang wie schwierig. Kumu (u) li-po, so übersetzt Martha Beckwith (37,155), ist "Beginning-(in)-deep-darkness". Kumu, in den anderen Inselgruppen tumu ist, dem Vernehmen nach, "Anfang, Wurzel, Quelle", auf Hawaii speziell "the bottom or foundation of a thing" (Tregear 551 f.). Zu Maori ripo (eben Hawaiisch lipo) gibt Teegear (417) an:"a whiripool, an eddy; Tahitian ripoa, a vortex in a current; Hawaiin: lipo, deep water in the sea...bottomless as the ocean, deep down". Daß der Ozean nicht "bottomless" sei, ist den Polynesiern nicht entgangen. Beckwith will li-po als zwei Worte verstehen, 'tiefe Dunkelheit', auf das Wort po/Nacht kommen wir später zurück; ich kann den casus nicht entscheiden, gleichwohl leuchtet mir der anfängliche whirlpool mehr ein.
Ungeachtet aller Anstrengungen fortschrittlicher Experten, und ungeachtet vieler unvermeidbarer Fehler, ist der alte Adolf Bastian diesem 'Gedicht' noch am ehesten gerecht geworden, was von den verständigen Amerikanern Handy und Dixon auch realisiert worden ist, aber auch die sind mittlerweile 'obsolet', und heute wird kaum mehr einer zu dem mit Gedanken überfrachteten Werk von 1881 "Die Heilige Sage der Polynesier" greifen. Womit nicht gesagt sein soll, die neueste Übersetzung und editio von Martha Beckwith tauge grundsätzlich garnichts, sie ist nicht besser und nicht schlechter als die Übersetzungen altorientalischer Texte durch die anderen Schriftgelehrten, und anderes dürfen Sie auch nicht erwarten von einer Autorin, die in ihrer "Hawaiian Mythology" den klassischen Satz prägte "Star lore has yet to be recorded from Hawaii". Adolf Bastian war sich der fast unüberwindlichen Schwierigkeiten bewußt, die sich dem Verstehen entgegenstellen - garnicht erst zu erwähnen, daß sich die Vögel, Fische, Insekten etc. nicht so ohne weiteres identifizieren ließen -, denn um 1880 war der mörderische Einfluß unserer modernen Zivilisation auf alte Trdditionen längst deutlich erkennbar. Ja, Bastian zitiert (66) die verzweifelten Worte, die Adalbert von Chamisso bei seinem Aufenthalt in Hawaii im Jahre 1837 hören ließ: "Alle Schlüssel zu einem der wichtigsten Rätsel, welche die Geschichte des Menschengeschlechts an seinen Wanderungen auf der Erde darbietet, werden von uns selbst, in der Stunde, wo sie in unsere Hände gegeben sind, in das Meer der Vergessenheit versenkt."p14
Nachdem Bastian vom König von Hawaii Zutritt zum Archiv und das Kopieren des Kumulipo gestattet worden war, traf er doch noch einen (157 f, Beckwith 40) "durch hohes Alter gebrochenen Greis", einen Priester, dem er mit der dringenden Bitte um Erläuterungen zusetzte. Der Alte schwieg; und "dann, bei längerem Drängen, schaute er auf, mit einem wehmütig seelenvollen Blick, wie ich ihn selten gesehen habe, und seine rechte Hand auf die Brust pressend, sagte er mit zitternder Stimme in einem fast herzzerreißenden Tone...'Wollt ihr mir meinen einzigen Schatz rauben?' Ich fragte nicht weiter, und konnte mich auch, ohne allzu große Verantwortung, von weiteren Quälereien dispensiert halten, da das Manuskript bereits aufgeschrieben war." Hier allerdings ist der Verehrungswürdige in die Rolle des Wagner abgerutscht: dieses "schwarz-auf-weiß-Besessene", in dem beinahe so viele uns nichts sagende Namen enthalten sind wie Zahlen in einer Logarithmentafel, dieser Text nützt eben nicht all zu viel. Auf Neuseeland ist es nicht anders gewesen. Es gelang zwar noch, zwei alte Weise dazu zu bewegen, in den 80er Jahren einem jüngeren Maori geheime Texte zu diktieren, nämlich "The Lore of the Whare Wananga", aber der erst 1913 von Stephenson Percy Smith publizierte Text ist ein Buch mit sieben Siegeln, und der eine der alten Gewährsmänner, Te Matorohonga, gab selbst zu, daß man nichts Vollständiges mehr wisse. Sagte er (105):
"Be very careful in reciting these valuable teachings that your ancestors have collected during the past generations right away from the period of Rangi and Papa down to the present day. Notwithstanding, that the teachings from the Whare wananga are now mere shreds, because they are no longer combined, some still remain whilst others are lost; some parts diverge... and to some additions have been made. This is in consequence of the decadence of the power, authority and prestige of the conduct of the various rituals of the (abrogation of) the tapu, of the (unbelief in) the gods, until, at the present time, there is none of the ancient mana , or power, left - all things have changed. The tapu has ended; the true teaching has been lost; as well as the karakia (invocations, etc.) the meanings of which are now (comparatively) unknown..."
Später (160) äußert er sich noch bitterer am Ende eines Kapitels:
"You all know that everything about the Whare-wananga is extremely tapu - its teachings, its priests, everything about it. In these days of the white man, everything has become void of tapu, and, hence it is that the learning of old is gradually becoming lost. We never wished that these (sacred) things should fall into the white man's hands, lest our ancestors became a source of pecuniary benefit. All that the white man thinks of is money; and for these reasons this ancient knowledge of ours was never communicated to the Ministers and Bishops."
Nun also zum Kumulipo in Bastians Teilübersetzung und Zusammenfassung. Vorausbemerkt sei nur, daß sowohl Dixon wie Handy den 'springenden Punkt' bemerkt haben, den Beckwith entweder unterschlägt oder nicht wahrgenommen hat, nämlich, daß im Kumulipo "although we have the source of all things from chaos, it is a chaos which is simply a wreck and ruin of an earlier world" (Bastian 70 f., 107-10,116 ff., 147 f.,154; Beckwith 43, Dixon 15):p15
Hin dreht der Zeitumschwung zum Ausgebrannten der Welt,
Zurück der Zeitumschwung nach aufwärts wieder,
Noch sonnenlos die Zeit verhüllten Lichts,
Und schwankend nur im matten Mondgeschimmer
Aus Makaliis mächtgem Wolkenschleier
Durchzittert schattenhaft das Grundbild künft'ger Welt.
Des Dunkels Beginn aus den Tiefen (Wurzeln) des Abgrunds,
Der Uranfang von Nacht in Nacht,
Von weitesten Fernen her, von weitesten Fernen,
Weit aus den Fernen der Sonne, weit aus den Fernen der Nacht
Po-wale-ho-i (Noch Nacht ringsumher).Hanau ka po (geboren in Nacht), 116
Geboren K u m u l i p o , aus der Nacht als männliches
Geboren Poele, aus der Nacht als weibliches
Geboren die Milben im Gewimmel, Geboren das Gewimmel in Reihen,
Geboren die Würmer, die Grabenden, Die Erde aufwerfend, geboren ihre Mengen mit Nachkommenschaft,
Geboren die im Schmutz sich Windenden, geboren ihre zuckenden Reihen
Geboren See-eier ohne Zahl, geboren ihre streifige Nachkommenschaft in Reihen...Die vielen Details sind für uns nicht so wichtig. Bastian versucht sich mehrfach an Zusammenfassungen, aber auch die können wir nicht alle zur Kenntnis nehmen, weil er denn doch ein bißchen zu viele Anspielungen auf buddhistische und gnostische Parallelen einfließen lässt, in einer Art milden Assoziationszwangs.
(p70) "Nach diesem Anschluß an den früheren Weltuntergang, aus dessen Trümmern sich das Vorbild der künftigen reflectirt, beginnen nun die Emanationen der Schöpfungsperiode auseinander (), und zwar zunächst mit dem...Kumulipo oder Wurzel (Kumu) des Abgrunds (lipo), also einem Abyssos. Die erste Schöpfungsperiode steht unter ihm und seiner weiblichen Energie,...Po-ele (dunkle Nacht) und sie beginnt mit der Entstehung von Zoophyten, Korallen, Würmer, Muschelarten u.s.w.; dann höher organisierte Thiere, unter Scheidung der Geschlechtsdifferenz, sowie gleichzeitiger Entstehung der Pflanzen, von denen die des Landes und die des Meeres stets paarweise genannt werden. Die fortschreitende Entwickelung wird durch den...Ausdruck bezeichnet, daß das Frühere dem Späteren zur Speise dienend von ihm bekämpft sei, als das Schwächere duch das Stärkere. Während dieser mit den einfachsten und niedrigsten Thieren oder Pflanzen (Algen, Tange, Binsen u.s.w.) beginnenden Schöpfungen wird der Kraken (Cephalopod oder Octopus) als Zuschauer des Processes beschrieben, gleichsam aus einer früheren Weltperiode herüberragend...: "der Kraken als Pfeiler im Gebrause. "
Und das Männliche, schwellend in Zeugungskraft, und das Weibliche zur 116 Empfängnis ergeben
Geboren die Tange in der See,
Geboren die Algen im Schlamm, und rasch vermehrt ihrer Kinder Zahl,
Bewacht von den Schlinggewächsen am Lande;
Als Pfeiler der Kraken im Gebrause.
Im Streit das Wasser Speise der Aufwachsenden.
Eingetreten die Götter allein, noch keine Menschen.(p71) Nachdem eine Reihe verschiedener thierischer und pflanzlicher Schöpfungen ins Leben getreten sind, wird gesagt, daß mit der Anhäufung des Schlammes, aus den Würzelcher der Schlammpflanzen, das Land sich mehr und mehr gehoben habe, und damit sei Kumulipo's Walten im Luftkreise verschwunden.
p16
Das Männliche aus dam Wasser entstehend in den Göttern 117
Das Schlüpfrige im Wasser aufwachsend durch Zehrung
In rauschend flutender Beschwemmung des Landes
Die Würzelchen der Seehalme umhertreibend
Aufschwellende Strömung von alters her in der Nacht,
Voll aufgefüllt und übergefüllt
Voll hie und. da
Voll fern und nah
Der Erdträger hebt sich zum Himmel empor,
Kumulipo's Walten im Luftkreis verschwindet in Nacht.
Po-no (Noch Nacht überall).
(p71) Die zweite Schöpfungsperiode stellt die Urwesen...als Pole ele (schwarzdunkle Nacht) und Pohaka (weitgebreitete Nacht) an die Spitze (syzygischer) Paarung des Männlichen und Weiblichen (wie in den Aeonen), und in ihr gliedern sich die Blätterpflanzen. Es entsteht Kahaka der Wunderbare..., nämlich die (buntfarbige) Insektenwelt, aus der Schmetterlinge, Heuschrecken, Ameisen u.s.w. genannt werden. Die Vögel treten ins Dasein (Reiher, Falken, Möven usw. und die Wandervögel werden in ihren Zügen besonders erwähnt. Erste Anzeichen der Dämmerung in der Nacht bemerklich.Geboren die Reiher in der Verwandtschaft 118
Die Züge ihrer Kinder im fliegenden Geschlecht
Und das Gevögel fliegend in Schwärmen
Und die am Himmel unter Führung Reisenden (Wandervögel)
Herabkommend zum Niedersitzen, die Flügel flappend,
Zum Niedersitzen auf dem Boden des Insellandes..
Vögel auf dem Lande geboren
Vögel in der See geboren...
Geboren die Möven in der See
Bewacht von den Falken am Strande
Der Kraken als Pfeiler im Gebrause
Im Streit das Fleisch zur Speise dem Vogel,
Eingetreten die Götter allein, noch keine Menschen...(Es folgen Enten und Habichte und weitere 12 Arten, jeweils Land- und Seevögel)
Und in Wolkenhaufen erheben sich die Vögel, im Geräusch der Flügel
Und Gesang ringsum der Vögel, der singenden,
Die in Schwärmen hochfliegenden, zur Sonne aufwärts
Niedersitzend dann auf dem Festland wieder, der Vögel Kinder,gefüttert in der Nacht, Fettrund treibend im Schwimmen, wohlgemästet
Umher spielend (sich entleerend) zwischen den Seegewächsen
Auf den sprießenden Spitzen der Schilfe, auf den Blättern der Zweige,
Der aus Nacht geborenen Zweige
Noch waltet vorwiegend die Nacht
Es waltet die stolze Nacht
Noch waltet die Nacht in der Zeitperiode Poeleele's (schwarze Nacht)
Mit erster Dämmerung Zeichen, in der Fülle der zeitgewordenen Nacht
Po-no (noch Nacht ringsum)
Geboren die Kinder der tief dunkelnden Nacht (powehiwehi)
Umhergeworfen zerstreut in blau dunkler Nacht (poleliuli)
Mit lockender Liebesbewerbung im duftenden Schmuck
In dem auf noch kahlem Lande in der Nacht Umhergestreuten.Doch genug und übergenug, bis eine fähigere Hand diese Übersetzung unternimmt.
p17
(p71) Über die dritte Schöpfungsperiode walten Powehiwehi und Poleliuli, deren Namen verschiedene Modifikationen des Nachtdunkels bezeichnen, im geschlechtlichen Gegensatz - gleich dem Urnebel Erebos und der Urfinsternis Nyx -... Unter dem Aufwallen von Liebesregungen für neue Schöpfungen beginnt das Wasser... weiter zu zeugen, die Fische entstehen und auch im Meer wird der Wunderbare geboren (im Farbengeschiller der Medusen). Der Walfisch naht heran ...blasende Tritonen schwimmen umher, der bisher unbewegt zuschauende Kraken wird jetzt in das Getümmel der Reptilien hineingezogen und mit fortgerissen.
119: 50-60 Fischarten entstehen und 24 Baumarten.
Und langsam naht der Walfisch diesen Seen
Windend niedrig unter des Wassers Fläche
Weiter hinaus im Ozean die Riesenfische
In der Tiefe walten sie des Meeres Bewohner
Die Tritonen, die langsamen, blasend im Schnauben
Wegrollend und verschlingend auf dem Weg
Den Weg des Gewürms, im Strudel fortgerissen...
Der Beginn des jüngsten (Nachtgeschlechtes) im bläulichen Fischgeflute
Das Dunkelblaue waltet hier aus dem Ocean Powehiwehis
Die See des Gewürms in tiefblau dunkelnder Nacht
Der Kraken auf dem Trocknen am Rande des Landes, er der Fisch,
Angestrandet unter dunkelblauem Walten aus der Nachtsonne her.
Po-no (noch Nacht)."
Es wäre vorteilhaft, zu wissen, ob diese Übersetzung stimmt: bei Beckwith findet sich am Ende des dritten Kapitels keine Silbe vom Oktopus, geschweige denn von seinem Stranden am Festland. Zitieren wir denn hier, was Bastian selbst über seine Übersetzung gesagt hat: "Heilige Sage 103-05".
In der vierten Schöpfungsperiode treten die Land- und Wasser-Schildkröten ins Leben, in der fünften erscheint das Schwein, in der sechsten die Ratte, und das mag noch relativ harmlos und 'evolutionistisch' klingen für jeden, der nichts weiß über den gewaltigen Eber-Krieger Kamapua'a (Beckwith: K. 80, H.N.c.14) und über die Ratte, Ziehmutter des grossen Königs Kila, die das Netz des Makalii durchnagte, die Pleiaden.Bevor, im achten Gesang, der Auftritt von Göttern und Menschen erfolgt, oder was sich in der Sprache der Interpreten so nennt, und der Refrain "po no, noch Nacht" abgelöst wird durch "ao", Tag, erscheint im siebenten Kapitel der, den wir als "elder brother" kennen, als Upuaut, den Wegeöffner oder Yurugu, den Fennek der Mande-Völker, und Beckwith betitelt das Kapitel denn auch rechtens (89) mit "The Dog Child" und stellt fest, daß gleich das Anfangswort der ersten Zeile Unbehagen indiziert (91 f.):
"The opening key word is ano , a word for 'sudden fear', here used in duplicate as ano ano in the first five lines. There is 'fear of the mountain top', the kua - lono where the gods assemble; fear of the receding and advancing night,...who are the generating agents of the new birth; fear of the 'pregnant night'...Fear changes to the more violent emotion of dread, he weliweli, and finally to an awsome sense of reverence, he ('ili)'ilihia, toward the dog child, the 'ilio kama':
A dark red dog, a brindled dog
A hairless dog of the hairless ones...
A dog as an offering for the oven (p.91: = 'fire-pit')
Pitiful in the cold without covering
Pitiful in the heat without a garment
He goes naked on the way to Malama."p18
"Malama", so erklärten Martha Beckwith's progressive Gewährsleute, "is the place people go when they die", und dabei ließ sie es bewenden. Überprüfen wir spaßeshalber das Wort in Wörterbüchern, zunächst in dem, schon von Bastian anempfohlenen "Dictionary of the Hawaiian Language" von Lorrin Andrews (1865, Repr. Tuttle 1974, 377 A), so erfahren wir da: "Malama.Light, as of the sun, moon and stars. 2. A solar month in distinction from mahina, a moon or lunar month. 3. A looking-glass... 4. One who observes the heavenly bodies; a prophet; a star-gazer; an astrologer." Tregear hat für Hawaii die Angaben von Andrews wörtlich übernommen (214), zu Marama der Maori gibt er an: "the moon, as deity. 2. the moon, 3. a month. Marama (als Adjektiv) light, not dark". Und bei dem allerneuesten und infolgedessen tellerhaften Hawaiian-English Dictionary von Pukui und Elbert begnügt man sich mit der Angabe "Light, month; cf. lama, torch"
/Tregear: rama = torch, lamp/
Wohin the dog child geht, ist also so einfach nicht auszumachen; jedenfalls in ein Licht oder auf einen Licht-Weg, möglicherweise in den kurz zuvor genannten "fire-pit", in den er so wenig hineinwollte wie Xolotl, der Hundezwilling des Quetzalcouatl bei den Azteken, von dem auch stets betont wird, er sei "haarlos".
Wir haben über den Fall schon mehrmals gehandelt, und ich darf daran erinnern, daß Xolotl der Repräsentant des Zeichens Olin ist (des platonischen Chi) und Herr des Ballspielplatzes. Als nach einer Weltalterkrise und erfolgter Wiederaufrichtung des Himmels zwei neue Himmelslichter gesucht wurden, fanden sich Tecuciztecatl (d.i. "Der aus dem Lande der Meerschnecken",Krickeberg: Märchen 17) und Nanauatzin (vorgeblich der Gott der Syphilis) bereit, künftig als Sonne und Mond zu fungieren; Vorbedingung war: beide mußten in jenen grauslichen "Götterofen"springen. Sie sprangen tatsächlich und gingen kurz darauf im Osten auf, dabei aber blieb es: Sonne und Mond bewegten sich nicht. Da "beschlossen die Götter, sich zu opfern, um durch ihren Opfettod den Gestirnen Leben und Bewegung zu verleihen. Nach Sahagun ist Quetzalcoatl derjenige, der das Opfer vollzieht, und Xolotl derjenige, welcher sich weigert, sich tödten zu lassen... und flieht, schließlich aber doch erwischt und getödted wird. Nach Mendieta ist Xolotl derjenige, der das Opfer an seinen Brüdern vollzieht und danach sich selber opfert" (Seler 1, 442 f.). (Nebenbei sei bemerkt, daß bei dieser Gelegenheit auch jener hier oft erwähnte Schuß von Tlauizcalpantecutli/ Venus-Morgenstern auf die Sonne stattfindet, worauf die Sonne zurückschießt und Tlauizcalpantecutli in den neunfachen Fluß wirft). Mir scheint, die Formel von dem fire-pit möchte den Befund ausdrücken, daß die Sonne "in" einer Konstellation aufgeht, bzw. daß ein Sternbild oder ein Planet in peinlich exakte Konjunktion mit der Sonne gerät; auf solche Weise würde z.B. einsichtig, warum "das Lamm", sprich Aries "geopfert" wird (wenn schon nicht in einem Feuerofen, sondern an einem Kreuz-weg), wenn das Zeitalter der Fische anhebt: die Pisces gehen heliakisch auf, wenn die Sonne "in Aries steht". Was nicht heißt, daß wir darum schon wüßten,wer das scheckige "dog child" und wer Xolotl sei, und wo sie wann in den Ofen hineinmußten.
/s. "pit of Olohe" in Vers 632, p.98, und the hairless Olohe people p.89/
Daß ab dem achten Kapitel der Refrain "Ao/Tag" gilt, wirkt wie reiner Hohn, denn der Text wird eher noch nächtlich-dunkler, als er bisher schon war. Jedenfalls gibt es, so sieht es aus, ab der achten Periode Menschen, unter Pokinikini und Pomanomano (das sind die40 000 Nächte und die 4 000 Nächte).p19
Geboren der Mensch wie ein Blatt
Geboren die verborgenen Götter
Graubärtig, grauhaarig der Mensch
Roth erglänzt die Stirn der Götter.
So lautet es bei Bastian. Beckwith (97) weiß von keinem Blatt und auch nichts von verborgenen Göttern; die Übersetzungen kommen erst wieder halbwegs zusammen bei den Versen 606 f:Ruddy the forehead of the god (akua)
Dark that of man
White-(bearded) the chin
Tranquil was the time when men multiplied.
Und dann heißt es weiter (610-16):
Calm the time when men came from afar
It was called Calmness (La'ila'i) then
Born was La 'ila' i a woman Hanau La'ila'i he wahine
Born was Ki'i a man Hanau Ki'i he kane
Born was Kane a god Hanau Kane he akua
Born was Kanaloa the hot-striking octopus Hanau o Kanaloa, o ka he'e haunawela ia
It was day A-o
Bastian (73) verzichtet auf wörtliche Wiedergabe und konstatiert: "Es verbreitet sich freudige Friedensstille (Lailai) und in dem damit den Weltraum durchstrahlenden Glanz wird das Weib geboren, deshalb Lailai genannt, mit Kii (dem Manne), Kane (dem Gott) und Kanaloa (dem Kraken), als schwarzer Wandlung Tangaroas."
Zu dem anschließenden Kapitel 9 über die Dame Lailai, betitelt "The Woman Who Sat Side-ways", lässt sich Martha Beckwith vernehmen wie folgt (99-100):
"In this second half of the Kumulipo chant, called the A o, the period of living man,three myths of parenthood of mankind from the gods are blended - da wird wieder einmal die Zeit-dimension säuberlich herausoperiert and die Mythen in Plural versetzt anstelle der Weltperioden. The first is the myth of La'ila'i who became mother of gods and men through her relations with the god Kane and the man Ki'i. The second is the myth of Haumea and the god Kanaloa, of Haumea's children born "from the brain" and her strange renewals of youth to become mother and wife of children and grandchildren. The third is the myth of Papa and Wakea; of Wakea's affair with his daughter and the consequent quarrel with Papa; of his fishing up an underseas woman, from whom sea creatures are born, a woman whose son usurps the normal succession upon the family line. In many ways these stories overlap as if they were variants from a common source. It is possible that they represent the way in which different branches on the family line have inherited from their masters of song the story of beginning traditional with their stock.
The first four sections of the Ao period tell the story of La'ila'i's relations with Kane the god and Ki'i the man. Kane is the word used for 'Man' in his procreative function, equivalent to our word 'male'; Ki'i means 'image'...Kanaloa, listed as third in the trio of males born with the woman La'ilali at the dawn of human life, disappears from the action altogether after his birth in the body of an octopus is announced in the eighth ode.p20
This eighth section must be regarded as a kind of synopsis of the next three, although the harmonizing of the four is so extremely uncertain as to be best left to the intuition of the reader in the light of whatever information or suggestion can be gleaned further from the native sources to clarify particular obscurities." Wenigstens wird da einmal zwischenhinein die äußerste Ungewißheit eingestanden: lassen Sie denn Ihre Intuition walten!
La'ila'i, angeblich mit Kane verheiratet, treibt es mit Ki'i, und zwar so, daß ihr erstgeborener Sohn der des angeblichen 'Menschen' Ki'i ist, und des Gottes Kane Nachkommen ins Hintertreffen geraten. Was wirklich vorgeht, kann dem hawaiischen Gedicht nicht entnommen werden, keinesfalls mit den Interpretations-mitteln, die bislang angewendet worden sind, obwohl allen Beteiligten bekannt ist, daß die Hawaiier den nördlichen Wendekreis den "schwarz scheinenden Weg des Kane" nennen, den südlichen den "schwarz scheinenden Weg des Kanaloa." Woraus man wird schließen dürfen, daß Kane ans Sommersolstiz gehört, Kanaloa ans Wintersolstiz; letzteres reimt sich auf den schon berichteten Umstand,daß in der tahitischen Kosmogonie die abgetrennten und herabfallenden Arme des das Weltei umklammernden Octopus die Insel Tubuai auf dem südlichen Wendekreis bilden. Da Kane und Kanaloa Planeten sind, nützt uns dieser Befund aber nicht viel, er legt nur nahe, La'ila'i und Ki'i an den beiden anderen Weltecken, den Aequinoktien, zu suchen, was uns wiederum nicht weiter hilft; eher ist das Gegenteil der Fall.
Unter großzügigem Verschweigen des kompakten Bündels von Rätseln beschließt Handy seine Zusammenfassung' des Kumulipo (Bull.34, 21):
"The appearance of man does not mark the end of the evolutionary process; after the eight's are still seven eras of creation. In the eleventh era commences the pedigree of the kings of the land, and about 740 generations (approximately 18.500 years) are given in this era alone. The genealogy continues in the twelfth era for another hundred generations to Wakea and Papa, the mythical progenitors of Hawaii, who correspond to Rangi and Papa, the 'Sky' and 'Earth' in New Zealand, and to Atea and Atanua in the Marquesas. In the fourteenth era the stars are born. In the fifteenth appear mythical heroes, among them Maui, the culture hero of Polynesia. The sixteenth era brings the genealogy down to the present day."
Vielleicht sollten wir uns hiermit zufrieden geben, wie es die Experten tun, oder wenigstens erst dann zum Kumulipo zurückkehren, wenn wir andere dustere Traditionen zur Kenntnis genommen haben. Da sind aber einige Pasaagen, die jetzt auf der Stelle erwähnt werden sollten, weil sie verdächtig klingen. Zum Himmel aufsteigende Ur-Frauenzimmer sind nun mal verdächtig, wenn Sie sich an den Aufstieg der Virgo am Ende des Goldenen Zeitalters erinnern. Periode neun lautet bei Beckwith (105):
Still, trembling stands earth
Hot, rumbling, split is the heaven
This woman ascends to heaven, ascends right up to heaven
Ascends up toward the forest
Tries to touch the earth and the earth splits up
Children of Ki'i sprung from the brain
Came out, flew, flew also to the heavens
Showed the sign, the ruddy tint by which they were known
Showed the fine reddish hair...
Showed on the chin a reddish beard.p21
The offspring of that mysterious woman...
'From the female firestick comes the fire that makes men'
That woman dwelt in Nu'umealani
Land where the gods dwelt...
A woman of mysterious body was this
She lived with Ki'i, she lived with Kane
She lived with Kane of the time when men multiplied
Forgotten is the time of this multitude...
She returned again upward
Dwelt in the sacred forest of the gods in Nu'umealani.
Bei Bastian lauten die Zeilen so (140):
Ua ao (Licht hervorgetreten) Und im Erdgebebe hebt sich das Land,
Lailai emporzutragen, Und, der Himmel im Zenith gespalten,
Tritt die Mittagssonne hervor. Die Frau schwebt auf zum Himmel,
Die Heimat himmlischer Herkunft. Kinderlos steigt sie empor
In Reinheit pflanzlichen Wachsthums...Nachdem im elften Kapiel 2 x 400 Elternpaare aufgezählt worden sind, setzt es eine Flut. Und bezüglich dieser Flut hat sich Beckwith von fortschrittlichen Einheimischen belehren lassen (107): " 'The whole means that Ki'i slept with her' /der Lai-lai/, summarized Ho'olapa, thus bringing the entire declamatory effusion down to a most explicit conclusion". Beckwith war mit dieser conclusion sehr einverstanden; wir hingegen fragen, wer eigentlich mit wem in der Genesis schläft, oder in der elften Tafel des Gilgameshepos, den man für so splendide Fluten verantwortlich machen könnte? Nach Aufzählung von 800 Paaren also heißt es:
Born was Pola'a
Born was rough weather, born the current
Born the roaring, advancing, and receding waves, the rumbling sound, the earthquake
The sea rages, rises over the beach
Rises silently to the inhabited places (?)
Rises gradually up over the land
/3 unübersetzte Zeilen/
Born is Po-elua (Second-night) on the lineage of Wakea
Born is the stormy night
Born the night of plenty
Born is the cock on the back of Wakea
Ended is (the line of) the first chief of the dim past dwelling in cold uplands
Dead is the current sweeping in from the navel of the earth: that was a warrior wave
Many who came vanished, lost in the passing night.Ki'is Kinder zeigen - laut Beckwith,wohlgemerkt - "the sign of the ruddy tint by which they were known, showed the fine reddish hair...and beard", und nach Aufzählung von bescheidenen 800 Generationen heißt es: "Ended is the first chief of the dim past, Dead is the current sweeping in from the navel of the earth /piko-ka-honua/ : that was a warrior wave." Beckwith's Kommentar zu den rotbärtigen Charakteren (112) sei Ihnen nicht verschwie-gen: " They are aggressive and 'leap to the heavens' (lele pu i ka lani), meaning perhaps that they push their claim to rank. 'The Ki'i people give good jobs to their children', says Ho'olopa. Their advent into the social order is accompanied by the 'trembling of earth' (ola'i ku honua) and the 'splitting open of the heavens' (era ka lani), suggesting the connotation among an established theocracy at the rise of an upstart branch from an alien source.
p22
Zu dem bedeutsamen Hahn, der auf dem Rücken Wakeas geboren wird (cf. 127) - es ist kein Geringerer als Maui - vermerkt die Autorin (108): "The allusion to the 'cock', to be met more than once in the course of the Kumulipo chant, is to a great chief born into the family from an alien source, whose branch becomes itself the main stock from which subsequent ruling chiefs on the family line count descent." Um wen oder was es sich bei dem über und über roten Krieger Ki'i handeln dürfte, ist nicht besonders schwer zu erraten: um den Planeten Mars, und dessen 800 Generationen währende Herrschaft scheint mit der erwähnten Flut ein Ende gefunden zu haben. Bastians Übersetzung der Flut klingt poetisch genug, aber ob sie stimmt, das bleibt eben unsicher. Sicher hingegen ist, daß in einer der von Beckwith unterschlagenen, d.h.unübersetzten, Zeilen (1538) der Kanaloa tatsächlich vorkömmt; ob er "überwunden" wird , wie Bastian will, das kann ich nicht entscheiden (154).Geboren das Böse, geboren das Zeitlicht
Geboren das Rauhe (als Pfeiler), das Runde
Geboren das Wühlen, das Stoßen, der zornige Tröpfelguß
Die Erde bebt erschüttert, in Stürmen bedrängt
Auf steigt es zu den Bergen, wüstschweigend erhebt sich das Wasser zu der Höhen Rücken
Steigt auf stampfend und tobend, steigt auf zum Hauspfeiler Kanikawa's
Es fliegen die Pfeile Kanikaha's
Bezwungen Kanaloa vom Überwinder.Nach der Flut tritt die Haumea auf, eine Super-Lilith und Sexbombe, mit dem Beinamen, (laut Beckwith 113; 114, Zeile 1772 ff.)"Sweetheart supreme".
Haumea of mysterious forms, Haumea of eightfold forms
Haumea of four-hundred-thousand-fold forms, Haumea of four-thousand-fold forms
Haumea spred through her grandchildren 1778
With Ki'o she became barren, ceased bearing children
This woman bore children through the fontanel
Her children came out from the brain...
She lived with the god Kanaloa. 1788Im 15.Gesang (p.115, Zeile 1835) scheidet auch die Haumea:
At the parting of the earth, at the parting of high heaven
Left the land, jealous of her husband's second mate
Came to the land of Lua...
Lived in Kalihi on the edge of the cliff Laumiha
Entered a growing tree, she became a breadfruit tree
A breadfruit body, a trunk and leaves she had...
Mysterious was Haumea in the way she lived
She lived with her grandchilderen
She slept with her children.
Und dann ist endlich der Weg frei für die amtlich anerkannten Welteltern, Wakea und Papa, welch letztere aber auch der Identität mit Haumea geziehen wird (App.zu Kepelino,190), Wakea und Papa, "the first ancestors of the Hawaiian people", deren erster, unzeitgemäß ans Licht gekommener Sohn genau so wenig taugte wie der der japanischen Welteltern Izanagi und Izanami; der Embryo wird verscharrt, aus dem Grabe sproßt der Taro; der zweite Sohn hingegen, Haloa (d.i. the long stalk, der Langstengel, der des Taro wiederum) wird erfolgreich zum "progenitor of all the peoples of the earth" (Malo 320).p23
Mit Wakea werden indessen zwei Brüder geboren, so heißt es im 14. Gesang (120,125):
Lehu'ula and Makulukulu-the-chief
The youngest, a man of great bundles
Collected and placed with Makalii, fixed fast
Fixed are the stars, suspended in the sky.
(There) swings Ka'awela (Mercury), swings Kupoilaniva
Ha'i swings that way, Ha'i swings this way,
Kaha'i swings, swings Kaha'iha'i (in the Milky Way)
Swings Kaua, the star cluster Wahilaninui...
Kurzum, eine ganze Liste von "schaukelnden" Sternen wird aufgezählt, Konstellationen untermischt mit Planeten, aber nur ein schäbiges Minimum ist identifiziert worden, und das ist eine beträchtliche Katastrophe; besonders verdrießlich, daß man über diejenigen Sterne nichts weiß, die bekannt sind als "patron star of Hilo" (Wainaku = Wild-water, Makemson, no.737) und "patron star of Maui" (Wailea, Makemson, no.735). Hilo (Maori Whiro) ist einer der Namen des Planeten Merkur, und zudem der des Prokyon. Außer den wenigen identifizierten Sternen, als da sind die Pleiaden, Betelgeuze, Rigel, Sirius, Atair) hören wir:Swing the Seven, na Hiku (Big Dipper), swings the first of the Seven, 1895
The second of the Seven - bis zum siebenten and letzten Wagenstern,
Swings Mahapili, swings the cluster
Swing the Darts (kao) of Orion
Sown was the seed of Makali'i, seed of the heavens
Sown was the seed of the gods, the sun is a god
Sown was the seed of Hina...Wissen Sie, was solches zu bedeuten hat? Beckwith belehrt Sie gerne. Wakea und seine zwei Brüder hält sie für Repräsentanten der drei Stände (ob von Dumézil beeinflußt oder nicht, das bleibe dahingestellt, p. 120 f.). "Makalukulu in the trio I take to represent this function of the commoners - nämlich: Tribut zu entrichten -, and the 'stars hung in the heavens', enumerated at length in the lines following to symbolize the 'bundles' brought in as a tribute at the Makahiki (Neujahr) or some other great festival of the clan, the whole representing, according to Pokini, the procession arriving with their gifts to lay before the young heir, made up into a pair of bundles and 'swung' over a shoulder pole as was the customary way of carrying loads in Hawaii."
Sie werden zugeben, daß es höchste Zeit ist, diese Ausgeburten der Hölle, die Soziologen, seien sie nun einheimische Hawaiier oder andere, insgesamt vom Antlitz der Erde zu tilgen. Obwohl Bastian, der auch nicht verstanden hat, womit er zu tun hatte und auf die Sternliste überhaupt nicht eingegangen ist - er wird die Namen für solche von Ahnen gehalten haben - sind seine Betrachtungen in eine andere Tonart gekleidet. "Auch diesmal", sagt er (76), "wird sich staunend die Frage darüber erheben, mit was wir es hier zu thun haben? Sind dies die einfach spielerischen Natarkinder, auf die wir von unserer Höhe herabzublicken pflegten, als eben erste, und unterste Staffeln in der großen Entwicklungsleiter der Menschheit erklimmend? Und doch uralte Klänge fernster und frühester Schöpfungsgeschichten aus dunkler Urnacht hervorklingend!p24
Ein unermesslich unübersehbares Feld neuer Entdeckungen im Geisterreich idealistischer Gestaltungen liegt vor uns. Wir stehen eben erst an der Schwelle, wo kaum sich noch ein halber Einblick eröffnet. Wer will es wagen, hier bereits in bequemem Wortgezimmer Gedankengebäude aufzurichten, solange die Materialien, die zur Stütze zu dienen haben, nicht mehr als ein paar zufällige Proben (oder Brocken) vorliegen, und bis zur genügenden Ansammlung derselben noch einer langen und sauren Arbeitszeit entgegenzusehen ist (wenn zu sammeln überhaupt noch übrig bleibt)."
"Wer will wagen, in bequemem Wortgezimmer Gedankengebäude aufzurichten?" Bastian hat in unverwüstlichem Optimismus gemeint, die Rätsel würden adaequat gelöst, wenn man nur mehr Material hätte. Inzwischen haben wir mehr Material, sehr viel Material, indeed, und Säumigkeit im Sammeln darf man niemandem vorwerfen. Aber in dem Ozean von Mythenströmen aus Polynesien stehen Bastians Nachfolger wie Tantalos im Eridanos; trinken dürfen sie zwar, aber jeder Tropfen Wasser wird in ihrem Munde zu Staub, jeder Satz zu Anti-Sinn und Aberwitz.
Maß-gebend, wörtlich genommen, ist hier, wie mir scheint: Sown was the seed of Makalii; m.a.W. das Zeitalter von Wakea und Papa wird regiert von den Pleiaden, und danach muß man sich bei Einordnung an die vorhergehenden po richten. Mit dem Pleiaden-Alter hört aber die 'Weltgeschichte' nicht auf. Nach, hier zu übergehenden, Abenteuern Wakeas mit einer untermeerischen Dame (Rina-ia-ka-malama, auch 'Hina-the-bailer', p. 127), die ans Land gelockt wird, heißt es:Wakea as Ki'i (image) slept with Hina-ka-we'o-a (?) 917
Born was the cock, perched on Wakea's back
The cock scratched the back of Wakea
Wakea was jealous, tried to brush it away
Wakea was jealous, vexed and annoyed
Thrust away the cock and it flew to the ridgepole
The cock was on the ridgepole
The cock was lord
This was the seed of The-high-one
Begotten in the heavens
The heavens shook
The earth shook
Even to the sacred places.Und auf tritt Maui, the seed of the-high-one, begotten in the heavens, berufen, die Welt abermals gründlich zu verändern.
Dass das Kumulipo nicht der einzige account Hawaiischer Kreationen ist, werden Sie noch gewahren, aber eigentlich wollen Sie jetzt sofort genau wissen, wer oder was Wakea/Atea sei, was der Unterschied zwischen Papa und Haumea, zwischen Wakea und Rangi/Langi. Es wäre hübsch, man wüsste es; faktisch weiß man nichts Genaues nicht, was Sie anhand der Kostproben von Kommentaren nicht weiter verwundern wird. Wakea/Atea wird munter mit "Himmel" übersetzt, mit Weltall, mit dem törichten "Himmelsdom" alias 'blue vault', oder schlicht mit "Raum", space, auch mit "midday" (Beckwith H.M. 14), und die gleichen unsinnigen Übersetzungen lässt man dem Rangi/Langi angedeihen. Daß die beiden nicht identisch sein können, erhellt schon aus dem Umstand, daß es in der berühmten 'Urheimat' einen Tempel namens "Rangiatea" gab (Tregear s.v.; Maro u.a. werden daraus gestohlen).p25
Zwecks Stiftung weiterer Unklarheit übermache ich Ihnen ein paar einschlägige Auslassungen von Abraham Fornander, S. Percy Smith, Elsdon Best und Maud Makemson.
Lassen Sie sich gleichwohl nicht allzu bange machen. Rangi/Langi ist generell die Fixsternkugel mit Polarachse und Aequator. Atea/Wakea scheint zunächst das Gleiche zu sein, aber, wie mir vorkömmt, in einer anderen Periode, also der Fixsternhimmel während eines bestimmten Weltalters. Mehr wage ich im Moment nicht zu entscheiden.
/Avatea = Mittaggssonne, Bastian: Hl. Sage 230/
Die vieldiskutierte sog. 'Mutter Erde', Papa, ist, - wenn man die ganze Wortliste bei Tregear Revue passieren lässt, ganz allgemein "Fläche, Ebene", ein flacher Stein u.dgl. mehr, und niemals 'Land' etwa im Gegensatz zum Meer; Erde in dieser Beziehung, also als solides Land heißt Whenua bei den Maori, Honua auf Hawaii. Papa ist die uns wohlbekannte gedachte Ebene durch die Jahrespunkte, liegt also in der Ekliptik. Kurzum, alle auftretenden hochgestellten Persönlichkeiten sind keine, wie man schon dem Befund entnehmen kann, daß Atea im Bedarfsfall als weibliche Gottheit auftritt, und Haumea, jenes "Sweetheart supreme", als männlicher Gott auf Neuseeland. Genealogie ist nun einmal eine Weise des Erzählens von Strukturen, wie Sie noch speziell sehen werden an dem tahitischen Text "The Birth of Heavenly Bodies". Auch dies ist keine po]ynesisohe Erfindung: Anu, Enlil und Ea, Marduk, Nabu und Ishtar haben justament solche Stammbäume wie die polynesischen Götter und Helden, es hat aber noch niemand nach dem Sinn der babylonischen sog. "Väter-Mütter-Kataloge" gefragt.
Festzuhalten ist, daß in den ernsthaften Berichten wohlausgebildeter, sagen wir ruhig 'Akademiker' Rangi und Papa nicht am Ur-uranfang stehen; ihnen gehen zahlreiche Po voran, wie Sie ja schon im Kumulipo gesehen haben, sogenannte "Nächte". Diese Po sind hier oft erwähnt worden, speziell Percy Smith's Angabe zu diesen " Po, or Ages, Aeons of Darkness" (99 f.):"These aeons seem to be personified, endowed with semi-personal and material characteristics", oder, wie John White (?) sich ausgedrückt hat (bei Bastian 231): "There was darkness from the first division of time unto the tenth, to the hundredth, to the thousandth (and these divisions of time were considered as beings and each termed a Po)." Diese Angaben über die "semi-personal" Po hatten wir verglichen mit den Ophanim, den personifizierten Zeitperioden im Alten Testament, von denen man sich kein Bild machen soll, mit den ägyptischen sog. Göttern der einzelnen Zeit-Teile, mit den als 'Menschen' dargestellten Zeitzyklen der Maya und mit den chinesischen San Kuan, zu denen Werner (Dictionary s.v.) bemerkte;"The three rulers: Yao, Shun, Yü; these three rulers, now a peculiar Taoist triad of subordinate divinities, presiding over heaven, Earth and water, were originally vast periods of time, like a geological epoch, but were subsequently deified." Kurz, die polynesischen Po reimen sich, wie die San Kuan und ihresgleichen, auf den vom Cicero überlieferten Satz des Anaximander: Anaximandri autem opinio est natives esse deos longis intervallis orientis occidentisque eosque innumerabiles esse mundos, Götter würden geboren in langen Intervallen des Aufgehend und Untergehens, und sie seien (die) ungezählte(n) Welten. Man wüsste gerne, ob Anaximander auch unterschrieben hätte, was den wißbegierigen Maori-Jünglingen eingehämmert wurde (Smith 105): "Now, let it be clearly understood about Tama-nui-te-ra (the-great-son-the-sun) and Te Marama-i-whanake (the-waxing-moon) and their younger brethren, the stars. All of these are worlds (with their) earth, waters, rocks, trees, mountains, open spaces and plains."
p26
Der Vorteil von Polynesien ist, daß es dorten nicht ein Enuma elish, ein Gilgamesh Epos u.dgl. gibt, sondern 50 oder 100 oder noch mehr; der Nachteil ergibt sich aus eben diesem Umstande: ein Mensch allein kann es schlechterdings nicht schaffen, mit dem Material zu Rande zu kommen; allein gegen die Übersetzungen anzustinken, vermag einer allein nicht. Das ist nicht von vorneherein als hochnäsiger Tadel gemeint - obgleich ich unterschreiben möchte, was Elsdon Best über die Übersetzungen von John White bemerkte, nämlich sie repräsentierten eine Goldmine für einen Humoristen der Zukunft; unsere Sprache gibt 'richtige' Übersetzungen polynesischer Nuancen einfach nicht her, speziell nicht die zeitlichen Konnotationen zu prima vista räumlichen Angaben. Nehmen wir als ein Beispiel raro (Hawaii: lalo, Marquesas: ao): das heißt "der Grund, unten, darunter"; auf Neuseeland bedeutet raro nördlich (bei denen ist der Süden 'oben'), auf Hawaii ist lalo südlich, auf Tahiti und auf mehreren anderen Inseln meint es "towards the west or sunset", und Craighill Handy (Bull. 34, 70) vermerkt dazu: "raro means both westward and below, and in addition carries with it not only this double special sense, but also a temporal connotation. A Marquesan, when he says 'io ao oa', means 'far westward', 'far below' and 'long ago'; these are not alternative meanings, but convey a single idea including the double sense of locality, and of time."
Rebus sic stantibus, hat es wenig Sinn, Ihnen alle Details auch nur einer der abstrakten Maori-Creationen an den Kopf zu werfen: man stolpert von einem, uns nichts sagenden Wort oder Namen zum nächsten, und so bleibt wiederum nur der Weg, Ihnen eine 'Abkürzung' von Bastian mitzuteilen, auf den in solchen Fällen die meisten zurückgreifen, sogar der vormalige Super-Soziologe von Heidelberg, Wilhelm Mühlmann. Le voila (Hl. Sage 19 f.):"Die Schöpfung beginnt in Neuseeland, wie sonst in Polynesien, mit dem Po als Urnacht, mit cyklischen Kreisungen von Nachtperioden, Kreise in Kreisen kreisend...Im Dunkel der Nacht vollziehen sich die dem Denken unzugänglichen Schöpfungsprozesse des Werdens... Unter dem Rollen der Urnächte oder Po (die den Übergang von der vergangenen Weltperiode zur künftigen deckt) manifestiert sich in der bis dahin ungeteilten Finsternis zuerst das Kore, das Nicht oder Nichtsein, und damit scheidet sich die Nacht, Te Po, als bestimmter Zeitraum ab. Darauf im Umlauf ungezählter Perioden erwacht als erste Ablenkung zur Bewegung te Rapunga (das Sehnen), das sich in Waia oder Fortdauer (dieser ersten Sehnsuchtsregungen) ausbreitet zur Sehnsucht, und dann macht sich Te-Kukune (Empfindung) bemerkbar, die in Te-Pupuke (Ausbreitung) erstarkt. Als Folgewirkung beginnt ein erstes Pulsieren des Lebens, Te-Hihiri oder Luftschnappen (wie das des Neugeborenen), und hieraus emaniert Te-Mahara, der Gedanke, fortentwickelt zum Te -Hinangara (Geisteswirken). Jetzt entspringt Te-Manako oder Wunsch (als der Wille zum Leben), hingerichtet zuerst auf Wananga (heiliges Geheimnis), das große Lebensrätsel. In verzückter Anschauung des Versenkens über die umgebenden Wunder entfaltet sich Te-Ahua , der Glanz der Glorie, und damit als schöpferischer Liebesgott Te-Atamei, die Zeugungskraft (der Liebe), in materielle Schöpfungen niedersinkend, sodaß Te-Whiwhia , das Festhalten (am Dasein) oder das Kleben an der Existenz hergestellt ist, durchdrungen von Ravea oder (freudenvoller) Wollust, und somit ist dann eine bestimmte Gestaltung (der Form) gegeben in Hoputu (dem Aufrichten), belebt durch Hau-ora (Lebensathem), und jetzt flutet Atea (das Weltall) im Raume, durch Geschlechtsdifferenz gespalten in Rangi und Papa (Himmel und Erde).
p27
Was haben wir hier vor uns? Solche Fragen wird sich beim Durchblicken dieses merkwürdigen Documents sogleich hervordrängen. Ein philosophisches Product? Doch kannibalischer Wilden? und dann orphisch-chaldäische buddhistisch-vedische Anklänge auf allen Seiten. Ist ein verkleideter Anaximander oder Pythagoras hierher gewandert, wenn nicht etwa Anaximenes, der Vorgänger der Spiritualisten...Wir stehen hier vor einer neuen Welt (im Geisterreich), vor der Welt eines Ideenkreises, der...fast ein Viertel unseres Globus (räumlich gerechnet) umfasst, von dem wir doch so gut als nichts wissen."Wie schon erwähnt, scheint indessen 'hinter' diesen (und anderen Abstrakta) eine sich entfaltende Gottheit verborgen zu sein, der Io der Maori, Kiho der Tuamotuaner, und über den letzeren sind wir relativ gut unterrichtet, weil Frank Stimson in letzter Minute noch einige Initiierte dazu bewegen konnte, ihr Wissen preiszugeben, welches er dann in zwei Bulletins des Museums von Honolulu publiziert hat (103 und 111, beide 1933).
Von der Existenz des Io der Maori, häufig "Io-of-the-hidden-face" genannt, wusste man schon im 19.Jahrhundert; Percy Smith nennt die orientierten englischen Individuen (Da-vies, Manning, White) und bemerkt (Whare wananga p.VIII): "All these old settlers, and excellent Maori scholars, knew a great deal more about the god Io than they ever disclosed, I feel persuaded. They all had a sympathetic loyalty to their old teachers and refrained from imparting what was considered sacred knowledge. Times have, however, now changed, and the necessity for this reticence no longer exists." Über den Io haben wir z.B. den von Hare Hongi veröffentlichen Text (JPS 16, 1907, 109-19, bei Handy, Bull.34,10, s.a. Stimson, Bull.103, 75f.).JPS 16, 114-19
Dieser Io soll im zwölften Himmel wohnen, und keiner der untergeordneten Götter kann dorthin gelangen, es sei denn auf Io's ausdrücklichen Befehl (Wh.w.XIV). Was es mit den zwölf Himmeln auf sich hat, ist aus Maori-Texten schwerlich herauszulesen, und Percy Smith bemerkt betrübt in seiner Einleitung zu der Lehre des Whare wananga (VI f.):
"When we consider...the thread of astronomical and meteorological ideas that permeate much of the Sage's teaching, we can scarce avoid the suspicion that the whole philosophy was based largely and originally on Astronomy. It is certain that the Polynesians were accurate observers of celestial phenomena... It may be that the number (twelve) of the Heavens is connected with the twelve months and the twelve signs of the Zodiac, and that this is the origin of their cosmogony. Had somebody with a knowledge of Astronomy been enabled to question these old Sages, I feel persuaded a great deal of information on that subject might have been obtained, but now, alas! it is too late."
In dem Text jedoch wird von den 12 Himmeln in der Weise geredet, als ob der 12. der Erde am nächsten sei, und der erste unbetretbare, woselbst Io wohnt, der alleroberste (p. 116; der oberste heißt: Tikitiki-o-nga-rangi, oder Te Toi-a-nga-rangi).
Die sogenannten "esoterischen Lehren über Kiho-tumu" von den Tuamotu-Inseln sind ausführlicher und schwieriger, weil sie voller Namen stecken, die Stimson häufig übersetzt. Aber da er alles, was er hörte, für eitel "Philosophie" hielt, hat er es garnicht erst für nötig erachtet, sich nach dem genauen Wo oder Wann der vorkommenden topoi zu erkundigen, abgesehen von den Skizzen, die er hat anfertigen lassen. Zudem ist unwahrscheinlich, daß er auf diesbezügliche Fragen eine befriedigende Antwort erhalten hätte; unwahrscheinlich darum, weil die meisten seiner alten Gewährsleute seit ihrer frühesten Jugend von dem ganzen "Kiho-Komplex" nichts wieder gehört hatten. Von der alten Dame Ruea-a-Raka sagt Stimson (103,29):p28
"As Ruea had not thought of the Kio teaching for over fifty years when her memory was awakened by my inquiries, it is hardly astonishing that her contribution should be fragmentary." M.a.W., die alten Herrschaften erinnerten meist nur noch die in der Kindheit auswendig gelernten Texte - diese aber trefflich -, und damit hatte es sich. Alles Wissen ist erfolgreich unter der Lava des Christentuns begraben worden.
Was dieser geheimnisumwitterte Kiho, dessen Name im profanen Leben niemals genannt werden durfte - sowenig wie Io bei den Maori - was der ins Werden kommen ließ, wenn er auch nicht alles allein vollendete, ist eine dreigeteilte Welt. Daß solche Dreiteilung des Kosmos nicht auf die Tuamotu-Inseln beschränkt ist, werden Sie noch sehen. Diese drei Welten heißen in Tuamotu (103, 9):
Ragi-Po, wiedergegeben mit "Lower sphere, World-of-darkness"
Ragi-marama oder Ragi-ao: "central-sphere, Earth-sphere, World-of-light"
Ragi-Reva: "Upper-sphere, Sky-sphere".
Der Gebrauch des Wortes 'sphere' ist ganz willkürlich; ich zweifle langsam daran, daß die Benutzer des Wortes überhaupt wissen, daß sphaira eine Kugel sei; im Falle des dreigeteilten Kosmos ist es ausnahmsweise passend Kugeln aus dem Spiel zu lassen. Weniger passend, daß der diesen drei Welten gemeinsame Gattungsname Rangi die Schriftgelehrten nicht dazu bewegt, von ihrer kindlich-schlichten Übersetzung 'Himmel' oder 'the heavens' abzugehen. Stimson hat was gemerkt, aber nie und nimmer hat er den kühnen Gedanken erwogen, Rangi könne ein verständiger Begriff sein; er wehrt sich wortreich dagegen, daß Rangi "exclusively" als "the sky above" verstanden werde (103, 92), aber erwehrt sich keineswegs im Interesse des jeweils unsichtbaren Himmelsteiles. "The Netherworld" hat er im Sinn, ganz was Nebuloses, und sonach schlägt er vor, Rangi zu definieren als alles das umfassend, was nicht "die Erde" sei; daß diese "Erde" darauf Anspruch haben könnte, genau definiert zu werden, kommt ihm nicht in den Sinn.
Den diversen auf Diktaphon aufgenommenen Texten seiner Gewährsleute schickt Stimson folgende Inhaltsübersicht voran. Bull.103, 9:
Was den Namen Kiho-tumu (bzw. Io) anlangt: tumu/kumu haben wir schon gehabt, das ist 'Anfang, Fundament, Quelle; bei Kiho wird es schwieriger, und der gleich einzusehende Text von Fagatau (Bull. 111, 9 f.) klärt uns auch nur über viele Beinamen Kiho's auf, nicht über "ihn selbst". Andrews' Hawaaian Dictionary (74 A) lässt uns zu io als Adjektiv wissen; "true, real, not imaginary"; Tregear verweist von dem Maoriwort Ioio auf "iho, hard; that wherein the strength of a thing consists /2.obstinate/. " Was Mangaia anlangt, so erfahren wir von Gill (bei Bastian: Hl.S. 246 zu S.49, s.a.Tregear zu Mangaia):"The word 'io', commonly used for 'god', properly means 'pith' or 'core' of a tree. What the core is to the tree, the god was believed to be to man", Kiho wäre also der Kern oder das Mark. Der Gewährsmann des längsten Kiho-Textes von Bagatau lässt uns Folgendes wissen, Bull, 111, 9 ff.:
p29
"Kiho-the-(all)-source, there is a meaning for this name wherefore it was given, and this is, the first of all superior gods; therefore another name was given to him 'Primal-source-of-the-night-world' (Tumu Po), because the place whemin he dwelt was the Night-worldimmeasura ìy-remote at Great-Havvaiki-the-unattainable (Po-anoano i Havaiki-nui-matae tae)... It was this: when the land and the sky worlds (te henua e te ragi) first appeared Kiho-the-all-source had been dwelling since time without beginning upon the boundless Highways-of-repose-of-Space within (the void of) Night-of-profound-darkness and within the Night-of-intense-blackness-without-a-glimmer-of light; this is the explanation: nothing had so far appeared because Kiho was then sleeping immemorially upon his face at the na-dir of Great-Havaiki-the-unattainable. Now, countless ages passed while the god lay thus upon his face; at last he made up his mind to turn his face upward; it was then that he chanted this song:
1. The Primal-Source thrusts outward, upward
The First-Cause of Chaos and the Night,
dwelling below in Havaiki, sends forth a first pulsation of motion.
Unseen, invisible, in the fathomless abyss of Night,
Sleeping face downward...Propped on an elbow in the sunless Deep...
Heaving upward, I stand on Havaiki,
Erect at last upon the sacred mound of My temple
Ahu-toro, Altar-of-ascending-fire...
2. Now dreams the Almighty God
Now the Almighty-God-of-the-Cosmic-Night-dwelling below, in Havaiki visions:
The creation of the Spirit-world, an abiding place for the Spirits-of-the-Dead
(Po...Mauri)
The unfoldment of the wide realms of the Earth, a sanctuary of the living
(Ap.,. Tágáta)
The under-propping of the Sky-world here above, a homeland for the Gods
(ka ragoa te Ragi...Atua).
Den letzten Zeilen können Sie ergänzende Determinanten für die drei Welten entnehmen:
Ragi-Po, die untere 'Sphäre', die Nachtwelt, ist nur die Toten (Mauri),
Ragi Marama, die zentrale 'Sphäre', die Lichtwelt ist für die Menschen (Tagata)
Ragi-Reva, die obere 'Sphäre', 'Sky-sphere' ist bestimmt für die 'Götter', die Atua.
In einem Text von der Insel Anaa (Bull. 103, 14 f.) schläft Kiho unmessbare Zeit im Leeren (Kore), er erwacht, er schaut nach oben, dann schaut er nach unten auf seinen Aufenthaltsort innerhalb der "Schwarzen-schimmerlosen-Nacht" und sagt This is indeed the utterly black night of Havaiki." Dann bedachte Kiho alle Dinge, welche auch immer, und redete darauf sein Noe an, sein 'Activating-self', das Stimson mit Vorliebe als 'Astral-self' oder auch mit 'Astral-double' wiedergibt. "May I be eloquent of my indwelling occult knowledge - dastehen tut nur vananga, 'okkult' ist irreführend; may I be expressive of my outpouring eloquence, in order that all assembled beings shall give ear.
Began to stir the inner-urge of the Dark land (henua) Havaiki-teeming-waters (Vai-puna-riki)
(The Night-world lay in deep sleep beneath the non-existence-of-the-land, kore-o-te-henua)."p30
Nach einer riesig langen Aufzählung von Phaenomenen, die dort schliefen, unter dem Nicht-Sein-des-Landes, das ist allemal kore-o-te-henua, wird gemeldet (p.15), auch Atea-ragi schlummer dort (auf Hawaiisch wäre das Wakea-langi), übersetzt mit "Sky-expanse was sleeping beneath", ebenso "Intense-desire-speeding-to-the-night" (Ko Kororupo), des-gleichen "The foundation of Kuporu" (Te tumu-o-kuporu), und zu guter Letzt: "The radiantrealm-of-Tane was sleeping beneath the Non-existence-of-the-land. Then Kiho created the Primordial-waters (Vaipuna-riki) through the potency of his outpouring eloquence.And they commenced to evolve. And they were evolved- Now indeed Kiho spoke to his Activating-self, saying: 'Make thou violently quake the rock-base of Havaiki that I become cognizant of all things, that all things whatsoever be set apart in their right full places!"
Dann richtete sich Kiho langsam auf, und jedem Status des sich Aufrichtens entspricht eine 'Ebene' (plane, = hoe, s.Bull. 103, 152), wie Sie dem Text eigenäugig entnehmen mögen. Bull. 103, p16-17.
Darauf machte sich Kiho an die Erschaffung der 'mittleren' Welt des Atea (Ragi-hou-o-Atea), und gleich darauf heißt es (17-18): "Then Kiho looked upon his Astral-self...who was lying stretched out below (him)", nahm roten Sand, formte ihn, hauchte die Form an, und der Sand wurde lebendig; darauf trat Kiho's Noe, 'Astral-self', ganz und gar in den roten Sand ein, und es entstand ein fühlendes Wesen, das erst schlief und dann erwachte, um von Kiho folgendermaßen angeredet zu werden: "Du bist Atea-von-der-Legion-der-Götter (atua) und du sollst die feste Grundlage werden für das obere Havaiki (Havaiki-te-arunga), as a sanctuary for the spirit legions". Atea wird beauftragt, neue 'sky-spheres' zu schaffen (Ragi-hou), und den Tapu-Himmel Ateas (Ragi-tapu-i-a-Atea) ordnungsgemäß herzurichten, "that my prince may dwell therein, that he stand upright in his Sky-sphere; Multitudes shall invoke him. See to it that thou troublest him not. Thou shalt become established in thy Heaven-sphere (p.19), Thou art the Pillar of the Skies (Pou o to Ragi). Thou art the Tie-beam (Ankerhaken?)." Zum Abschluß gibt Kiho dem Atea seinen Purpurgürtel (The-crimson-girdle-of-Atea, Te hume-kura-o-Atea), und zieht sich zurück nach Po-tago-tago-i-Havaiki, nach dem schwarz-schimmerlosen-Havaiki.
Es wird aber auch gesagt (p.20), Kiho habe dem Atea-ragi als Gattin zugewiesen Faka-hotu-henua, was Stimson mit "Fructifyer-of-the-Soil" wiedergibt - der Fruchtbarkeitskonzern kriegt die Belange der düngersüchtigen Landwirtschaft nicht aus dem Sinn; henua ist festes Land. Das Paar Atea + Faka-hotu-henua zeugt unverweilt den Tane, hernach Tagaroa und Rogo: these three children were the offspring who were born before the creation of the Upper-world-of-Light (d.i. Ragi-marana, die Mittelwelt). Atea ernannte Tane zum Herrscher des oberen Himmels (Ragi-reva), Tangaroa zum Herren des Meeres, and afterwards he made Rongo lord of oratory and eloquence; die später geborenen Gati-Ru werden eingesetzt als "Labourers and upholders of the Sky-sphere", nämlich Ragi-reva (s.Abb.). "Later on, Tiki was born", aber damit hat es sich, man hört weiter nichts von Tikitiki.
Was dann weiter geschieht, ist ausführlich nur in dem langen Text von Fagatau erhalten; in den anderen Berichten wird nur das Faktum mitgeteilt, Atea habe dem Tane den Purpurgürtel übergeben, sei abgedankt, und nach Po zurückgekehrt. Wenn Götter abdanken - gar noch solche mit so bescheidenen Namen wie 'sky-expanse' oder 'space' - die, wie auf Hawaii als "Vater Himmel" fungiert haben, und die als Pou-o-te-Rangi, als Himmelsstütze angeredet werden - dann sperrt man tunlichst Augen und Ohren auf. Und in diesem Falle besonders, weil der von Kiho-tumu als "mein Prinz" bezeichnete Statthalter des Enlil-Weges, mit dem sich nicht anzulegen Kiho dem Atea wärmstens empfiehlt, faktisch niemand anders sein kann als Tane.p31
Atea war in diesem längsten and bedeutsamsten aller Texte schon vorhanden, aber noch nicht zum Herren der Mittelwelt ernannt, als sich etwas recht Eigenartiges begab (Bull. 111, 16 f.): "At this time Tane-of-the-crimson-cloak (Tane-kahu-kura) had not yet been born. Now, Kiho-the-all-source thought that he would test the divine powers and magical potency of Atea-of-the-legions-of-the-gods. So Kiho-the-all-source spoke unto Atea, saying: 'When you stand erect upon Ragi-tahuri (Sky-overturned) do not let go of the sky lest it roll over.' Atea replied to Kiho-the-all-source, 'I shall do as you say'. Immediately Kiho...turned the sky over, and Atea caught it, but on account of the immensity of the sky, Atea was flung off; and when he fell, he dropped all the may down to the region called Precipitous-land-of-the-abyss-of night (Heke-nui-i-roto-i-to-Po). He was caught by Kiho and put back into the sky as guardian of the Light-sphere (Ragi-Ao). It was at this time that Kiho-the-all-source revealed to Atea the inner essence of his own godhead by means of this chant..."
Zunächst zu der Region, in die Atea hineinstürzte, die Stimson, pompös wie stets, wiedergibt mit "precipitous-land-of-the-abyss-of-night"; der topos heißt Heke-nui-i-roto-i-te Po, und in seinen Nachbemerkungen teilt Stimson mit (p.54), Heke-nui bedeute "vast descent. The first region beneath the Kapi raro in the Ragi-Po on the way down to Havaiki." Rätselhafter ist natürlich die 'Örtlichkeit' Ragi-tahuri, wiedergegeben mit "Sky-overturned". Befragen wir die Wörterbücher, vor allem wie immer Tregear (445): Maori Tahuri bedeutet: 1. "to turn oneself", mit Verweis auf huri, to turn around; 2.to turn over, to upset. Samoa: tafuli, to turn over, von fuli, to turn over, to capsize; Tahiti: tahuri, to turn over, as a canoe (umschlagen); Tonga: tafuli, to move around, to roll along, faka-tafuli, to roll; Marquesas: tahuihui to stagger, to totter, having a rolling motion. Andrews verzeichnet zum hawaiischen kahuli: "to change, to turn over, to up-set..., a change, an overthrow". Zu dem Grundwort, Maori huri gibt Tregear an (95): "to turn round; to overturn, to roll over; to grind in a mill; anything which is turned round, as a mill, or grindstone." Und Andrews zu huli: "to turn generally in any way; to change; to turn over, as the leaves of a book; to search here and there for a thing.. 5. to roll over and over...8.to change, to change one's course in traveling...9. to upset, as any system of government or society." Wissen wir nun, was Rangi-tahuri meint?
Wenn man den Verben huri und tahuri auf den Fersen bleibt, erfährt man ein wenig mehr, wenn auch nichts Sicheres. Die Maori spielen häufig an auf "Te huri hanga-i-a-Mata-aho", "the overturning-by-Mata-aho" (Whare Wananga 106 f.,134; Tregear 96, 22, 558f.), "a name given to the Deluge", und wenn man sich in Verfolgung der Sintflut mit Katastrophen und Schlachten zwischen Götterparteien befasst, so stößt man bei den Maori auch prompt auf Tahekeroa, d.i. Ta-Heke-roa; roa ist lang, nui ist groß: dem Heke-nui, laut Stimson "vast descent" in Tuamotu, entspricht Heke-roa, das Percy Smith mit "long rapid" wieder-gibt (135 f., n.43) und mit "eternal fall", und zwar im Falle der Maori mit dem Fall des Whiro (hilo).p32
Whiro ist ein Name, der dem Planeten Merkur und dem Prokyon gegeben wird. Unser Atea hingegen scheint laut Fagatau-Text erst einmal einen Probe- oder Übungssturz getan zu haben; wo und wann, das bleibt im Dunkeln.
Nach Promotion von Atea als Statthalter für Rangi-Ao, die Tag Weit, alias der Weg Anus, und nach Erteilung eindringlicher Ermahnungen "never so ever lay thy hands (in anger) upon our people", kehrt Kiho zurück nach "Great-Havaiki-the-unattainable; he turned his face to the night-world, and slept". Der Rezitator dieses größten Textes von Fagatau betont (Bull. 111,54), daß dieses unerreichbare Groß-Hawaiki "was never attained by the spirits of mortals". In einem der Texte von der Insel Anaa lautet es ein wenig anders (Bull. 103, 27): "The souls of the dead chiefs, however, would finally arrive at Havaiki-of-twilight-dusk, Havaiki-ruki-ruki, there to dwell in that place where Kiho was; but never indeed did their eyes behold him." Fest scheint nur zu stehen, daß von einem 'Zusammenwohnen' mit Kiho keine Rede sein kann, zu keiner Zeit oder Nicht-Zeit, und das gilt für Götter und Seelen.
Atea aber achtete nicht der Ermahnungen, er ließ viele Jahre verstreichen, ohne die Himmelssphäre auszubauen und zu vollenden; an Stelle dessen "he went about destroying the people as food for himself"; er macht sich also des Kannibalismus schuldig. Stammkunden wissen, daß Kannibalismus hochstehender Persönlichkeiten häufig zu den Untaten gehören, die eine Weltalterkrise auslösen, ich erinnere jetzt nur an das Thyestes-Mahl und den Lykaon-Mythos bei den Griechen. Kiho hörte von Ateas Aufführung und war besorgt. Da er es sich aber ein für allemal versagt hatte, jemals in die Ao-nei zurückzukehren, die "Earth-world"(Stimson 19), gab er Tane die Idee ein, Atea zu vernichten. Zuvor aber versuchte Atea selbst, Tane zu vernichten. Er machte sich auf, aber Tane sah ihn kommen und floh; Atea konnte ihn nicht einholen. "Tane managed to escape by taking refuge above the firmament of the Earth-world. Atea, however, returned to his own home there to remain." Das "Firmament" scheint aus der Luft gegriffen zu sein. Tane flieht nach Hau-pakora, und das soll, laut Stimson, wörtlich heißen "Land-of-the boundless-wilderness", wobei ich ihm das "boundless" wieder mal nicht abkaufe; Tane scheint in die "Wildnis " zu fliehen, in jedem Falle also in einen himmlischen Sektor, der dem Mars untersteht. Die geglückte Flucht des Tane machte dem Atea klar, daß er die Gunst Kiho's eingebüßt hatte, he realized that Kiho-the-all-source had definitely cast him off, und so beschloß er, sich nach Hawaiki zu begeben, und Kiho um Vergebung zu bitten. "So Atea descended to the nether-world and proceeded all the way long to the first boundary of Great-Havaiki-the-unattainable; when he had come thus far, he despatched his herald, the Sacred-crimson-bird, to go before the exalted-presence of Kiho-the-all-source to plead for his forgiveness. At length the Sacred-crimson-bird arrived at the shore of Great-Havaiki-the-unattainable; there he encountered the wind called Wind-blowing-at-the King's-behest which had been sent thither by Kiho as his herald." Was hier mit "Herold" wiedergegeben wird, ist das Wort panoe , und panoe ist, wie Stimson selbst angibt (56) "evening star", whatever this may mean: solche unwesentlichen Details stören den Autor nicht weiter. Indessen: Atea's Bittgang bleibt vergeblich; Kiho lässt ihn wissen, "that Atea's godhead had been given over to Tane" (23). So rezitiert Atea noch ein längeres Gebet an Kiho und schließt mit den Worten: "On sweeping winds I mount to the light-realm of Kiho, I Thy vassal acclaim Thee Lord."
p33
"On sweeping wings I mount to the Night-realm of Kiho".Dem Herrn Stimson wäre es natürlich lieber gewesen, er hätte den Atea können sagen lassen "Ich fahre nieder", aber da steht E hiki rei au ki to Po o Kiho, um das "aufsteigen" kommt er nicht herum, und so wählt er "to mount", dabei denkt sich keiner was besonderes. Schlagen wir das Verbum bei Tregear nach, so finden wir das Folgende unter Whiti /hiti/iti/fiti/hiki: bei den Maori: 1. to cross over, to get to the other side of a sea or river, 2. to shine - cf. rawhiti, the east, kowhiti, to appear, as the moon. Tahiti: 1.to rise, applied to sun, moon, and stars; 2. the revolution of time; 3. an edge, a border - cf. Hitia-o-te-Ra, the East, tahiti, to transplant ...to be drawn or pulled up. Hawaii: 1. to come to, to arrive at...3. to rise as the sun - cf. hikiku, the east, hikimoe, the West (wir hatten Kihomoe, Kiho-the-sleeper). Mangaia: to shine, the East; the place whence came the ancestors of the Aitu, a god-tribe. Marquesas: to go to the side of the mountain; Gegensatz hee/heke, motion down toward the sea, or westward toward the setting sun - oben hatten wir Heke-nui, Taheke-roa. In einem Text von Marquesas, dessen sich Karl von den Steinen angenommen hat (ZfE 65,19) übersetzt er fiti/hiti mit "steigen", im Sinne von "gegen den Passatwind segeln", und unter Whiti-reaia versteht Makemson (p.257) "the Sun's path".
Wären wir nicht konstitutionell ins Zuchthaus unserer Sprache eingesperrt, innerhalb dere allein wir 'Passendes' assoziieren, bzw. könnten wir mit allen unseren Sinnen, als ganze Personen, in ein anderes Zuchthaus gelangen und zu jedem Wort den gleichen Kontext assoziieren wie eben ein Polynesier, so wären wir erheblich besser daran. Es ist aber nicht an dem, und so muß man schon sehr dankbar sein, wenn ein Linguist einem in Klammern Verweise auf andere Worte gibt, auch wenn er nichts Erklärendes hinzufügt. Tregear jedenfalls, der sich in den austronesischen Sprachen trefflich auskannte, fordert den Leser bei dem Wort whiti/hiti auf, sich nach Whetu/hetu/hoku umzutun, zumal weiter im Westen (Melanesien, Meralawa) whetu und viti zusammenzufallen scheinen. Maori Whetu, Hawaiisch Hoku ist "Stern" mit allerlei Zusammensetzungen. In Tahiti etwa ist fetiaave = a "star with a train", a comet, fetiaura, der "rote Stern" ist der Mars; Hawaiiach hokuaea bedeutet generell Planet, "wandering star". Und als Verbum haben wir auf Tahiti fetua, "to roll in succession, as the waves of the sea; hetuhetu, to roll, as the waves on the shore"; auf Hawaii meint hoku auch: "a word, a thought, something rising in the mind". Sie gewahren wohl, daß es sich bei 'aufsteigen', 'herabsinken' und dgl. um astronomische Worte handelt, die Kreisbahnen beschreiben; es ist eben ein whetu/hoku, auf den solche Verben wie whiti und heke gemünzt sind - hiti meint "the revolution of time", fetua "to roll in succession". Ganz zugespitzt: die polynesische Sprache ist sphärisch-trigonometrisch, unsere ist hoffnungslos flächen-geometrisch, und so ist es unvermeidlich, daß alle Übersetzungen nicht nur unzureichend, sondern grob irreführend ausfallen: wir haben einfach keine kongruenten Verben. Bei den Polynesiern kann man wenigstens herausfinden, daß ihr Koordinatensystem sphärisch ist, und daß dieser Umstand ihre tagtägliche Sprache in der Faser gefärbt hat: bei den altorientalischen Sprachen ist man aufgeschmissen.p34
Ich möchte annehmen, daß Atea, der hiti/whiti zu dem Po des Kiho, ohne wirklich zu diesem zu gelangen, in den Ea-Weg übergetreten ist, daß er hinfort also innerhalb der südlichen Breiten aufgeht, die zu Ragi-Po gehören - oder aber zu den nördlichen und zu Enlil, wenn die Tuamotaner "übersetzt" haben -. Da wir weder wissen, welcher Planet Atea sei, noch auch, welche Fixsternstellvertreter zu ihm gehören, nützt uns das wenig, und der noch folgende Text ist nicht geeignet, uns aufzuklären.
Tane (Bull. 111, 24) aber "continued to dwell in his home with the people (minor gods) of his clan": Was da steht, ist tagata. "After a while it occurred to him that Atea must be getting old; so Tane went down below to have a look at Atea, and came upon him; he had become quite feeble with age. At once Tane struck him down with his stone weapon called Champion-destroyer-of-the-exalted-one . Atea fell at the place where the sun rises, and his body extended all the way to the place where the Sun sets, hanging down into the portion of the Night-sphere called Kuru-pogi (Swirling-vapors-of-the-dead.), and there he remained until a certain day when he died."
Das ist nun vorderhand hoffnungslos, und man griffe gern, wie weiland Josef Filser, zum Ochsenziemer. Kuru-pogi, vorgeblich "swirling-vapors-of-the-dead" wird in den Nachbemerkungen von Stimson (58) erklärt: "From kuru (to struggle, strive, clash with), and pogi (odor of putrefaction)." Da in allen anderen 'Dialekten' Pongipongi/pogi/po'i/poni/bogi frühe Morgendämmerung heist, early dawn or morning, und die Farbe, die zur frühen Dämmerung gehört, so haben die "swirling-vapors-of-the-dead" wenig Überzeugungskraft.
/Hawaii u.a. auch "sweet-smelling, as a perfume';Tregear 351/
Zu kuru verzeichnet Tregear (186) "to strike with the fist, a mallet, a pestle; Samoa: ulu the head of a club; Hawaii,cf. ulu the bread fruit...ulumaika, the stones used in ...game resembling bowls."
/187: kurupopo, rotten, worm-eaten (of timber); s.a. 352: popo, rotten, decayed, auch rostig/
Was und wo ist nun Kurupogi, in das der abgedankte Atea "hineinhängt"? Der Abbildung (Fig.1, p.51, Bull. 111) lässt sich nichts Erleuchtendes entnehmen. Ist Kurupogi ein Kampf in der Morgendämmerung, ein Dämmerungshammer oder eine Dämmerungskeule? Im Falle wir Stimson's Übersetzung in etwa acceptieren - er wird sich den Zersetzungsgeruch nicht selbst ausgedacht, sondern von seinen Gewährsleuten angenommen haben -, so wären wir wieder einmal mit himmlischem Gestank konfrontiert; wir kennen ihn aus der Vertreibungsgeschichte von Quetzalcouatl aus Tollan durch Tezeatlipoca, von der Python, der Drachin, die Apollon in Delphi erledigte - abgeleitet von pythesthai/verrotten - ; die nächste Parallele aber wäre - wenn es denn wirklich eine Parallele sein sollte - der Sturz des Phaethon. Phaethon fiel vom Wagen des Auriga in den Eridanus, und der Gestank seines Leichnams machte, lange später, die Argonauten krank und für längere Zeit handlungsunfähig, wie beim Apollonios Rhodios nachzulesen. Da bei den Maori Rigel (beta Orionis) den Weg ins Totenreich markiert, wäre der Eridanus, der ja in Rigel sozusagen 'entspringt', nicht so schlecht; vorläufig spiele ich aber noch eher mit der 'Lösung', Heke-nui, alias Taheke-roa, the long rapid/vast descent, für den Eridanus zu nehmen.p35
Atea jedenfalls ist aus dem Wege geschafft. Zu Tane vermerkt der Erzähler (26): "Now,this is the reason that people said that the Sky belonged to Tane, because today in these times of Tane's ascendancy, the sacred name of Kiho-the-all-source has been concealed; the common people could not mention his name; only the chiefs and priests (could do so) upon the sacred platform of the temple at the time of the ceremonial sanctification of a new king or priest; it was not permitted, however, either to a king or to a priest to pronounce aloud the sacred name of Kiho-the-all-source in any public place; this is the reason that inconsequential people said that Tane was the principal god because this supreme God had not been revealed to them. As for Tane, when he had brought the sky-sphere to completion, he went upon Ahu - ragi (Sacred-temple-platform-of-the-heavens), the temple where Atea had been sanctified by Kiho-the-all-source, and there Tane prayed to the Creator-of-the-gods to lend him his aid in the task of completing the skies." In diesem Gebet heißt es (27):
Awake in the Eternal Night! (Po-roa steht dort)
Arise in answer to the supplication of Tane who does here address Thee...
Thou the gleaming Star! ...
0 Kiho! Turn thy face toward me!
"Thou the gleaming Star" = Ko Taranga-nui-o-Mere. In den Nachbemerkungen lässt sich Stimson herbei zu erläutern: "Probably Sirius. Said to be the brightest fixed star in the heavens". Dieses "said to be" ist ganz typisch: das kann man schließlich sehen. Makemson (Nr. 620, p.257) sagt: "Taranga-nui-o-mere; a Tuamotuan navigating star named for Taranga, the father of the hero Maui and a lord of the Underworld. Taranga alone is a name for Sirius (Stimson)." Makemson's Bibliographie zeigt (p.295), daß sie von Stimson nur ein Manuskript eingesehen hat. Ist Kiho-Tumu der Sirius?
Kiho versichert Tane seiner Zuneigung, indem er ihn kurz aber herzlich mit einem eisigen Wind anbläst - "Now, when the soft fingers of the wind of Kiho played upon Tane, he shuddered as if swept with the icy breath of some dread and awful Presence." Und dann heißt es nur: "Then Tane and his ancestors, together with the peoples of his clan, propped up the Sky-sphere above." Diese Kürze kann jedoch nicht auf das Schuld-Konto des Gewährsmannes Fariua geschrieben werden. Vielmehr erläutert Stimson in seinen Nachbemerkungen (59):
"At this point Fariua gives a long and detailed account of the building of the heavens, but as it is very similar to the account of the building of the light-sphere already recorded by Tuhiragi-a-hiti (Bull. 103), it has been omitted here. Some of the chants occuring in this omitted section are extremely archaic in wording, hence obscure even to Fariua. He cannot translate them. The same chants have been given in nearly identical versions by other informants. Some of the very oldest are couched in such obsolete phraseology that, though the form and rhythm are pre served, the signification seems to be irrevocably lost."
Als ich diese Nachbemerkung las, begann ich an meiner Zurechnungsfähigkeit irre zu werden - schließlich hatte ich die Texte aus dem Bull. 103 wieder und wieder gelesen. Gleichwohl, zurück marsch marsch zum Text von Tuhiragi in Bull.103, auf den Stimson verweist, weil er alles enthielte, was er im Bull. 111 unterschlägt. Dort finden wir auf S. 54:p36
"Tuhiragi's account of the building of the two upper-spheres (Ragi-hou) is even more elaborated and perhaps equally impressive - nämlich wie "The creation, and the Completion of the Night-Sphere (Ragi-Po) by Kiho" - but in keeping with the plan of the present study it has been left for publication at a later date."
Das war 1933: beide Bulletins, 103 und 111, erschienen 1933. Ich enthalte mich des einzig passenden Kommentars, und Sie wundern sich tunlichst nicht länger darüber, daß Sie zu Polynesien bislang, und vielleicht auch weiterhin, Hulahula und Gauguin assoziieren.
Nach Fertigstellung der beiden oberen "Wege" jedenfalls singen die "Heaven-builders" eine Hymne auf sich selbst, und Tane einen Preisgesang auf Kiho-tumu, und dann heißt es (30): "It was just as Tane completed this hymn of praise to the Maker-of-Kings (Fakariki) that Atea died; when Tane had first struck him down he fell into the land of the nether world called Kuru-pogi; but it was not till Tane had concluded his chant of praise to the Source-of-all that Atea really died." Fakariki übersetzt Stimson abwechselnd mit "Maker-of-gods" und "Maker-of-kings" (Bull. 111, 60 zu Fakariki-taki-ora 'Life-taking-Author-of-gods-and kings'). Ariki/ari'i/alii bedeutet allenthalben "Anführer", "chief, leader, king", und eben die sog.' Hochpolynesier', die oberen 10 000, aber auch die leitenden Monatssterne werden so genannt. Bemerkenswerter Weise heißt es in dem Tahitischen Text von der Geburt des Himmelskörper, auf den wir zurückkommen, von Ta'urua-nui, dem Sirius: "This Sirius was the Ta'urua who created kings or chiefs of eathly hosts on the one side and of the chiefs in the skies on the other. 0 te Ta'urua teie i fa'aari'i tahi pae ia rupe a nu'u, e ia rupe a ra'i tahi pae." (Bull. 48, 363). Von Sirius also hängt es ab, ob einer zu den "chiefs of the earthly hosts" gehört oder zu den "chiefs in the sky" (S. für nuku/nu'u Tregear 271 f., für pae 297f., für tahi 443).
Über den stattlichen Rest dieses Textes aus Fagatau nur noch wenige Worte. Bei Gelegenheit hatten Tanes Diener ihrem Herrn den Titel "maker-of-kings" beigelegt, eben Fakariki und da hielt es Kiho für angebracht, dem purpurgegürteten Tane vor Augen zu führen, daß er Ihm, dem Kiho, nicht ebenbürtig sei, da ihm das Purpurdiadem fehle. Er erteilte dem Tane den Auftrag, besagtes Diadem zu holen, dort, wo er es deponiert hatte, von der segelnden Insel nämlich, und zwar innerhalb eines Monats. "The Vanishing-Isle is a migratory bird flashing undeviating flight..." Nach einem Monat kehrte Tane unverrichteter Dinge zurück: er hatte die Insel nicht einholen können, und so musste er sich denn damit abfinden, den Kiho-tumu definitiv als übergeordnet anzuerkennen (Bull. 111, 40f.)
Wir haben Kiho's Gesang über seinen Schöpfungsplan gehört, wo es u.a. hieß:
Heaving-upward, I stand on Havaiki
Erect at last upon the sacred mound of my temple
Ahu-toru, Altar of ascending-fire,
auf dem Altar des aufsteigenden Feuers. Als die Gedanken in sein Bewußtsein aufstiegen, begann die Nachtwelt sich ein klein wenig aufzuhellen, und darauf sieht Kiho im Traum
die Erschaffung der Region für die Geister der Toten
die Entfaltung der Erde als Bleibe für die Lebenden
die Errichtung der Himmelswelt, die Heimat der Götter.
p37
In Hawaii ist Tane, dort aber Kane geheißen, der die Schöpfung zustande bringt. Während er solches plant und tut, singt er (Kepelino 14-17, cf. Beckwith H.M. 44) s.o..
Diverse hawaiische Gewährsleute bestanden darauf, der Gott Kane habe deren drei umfaßt; so heißt es in einem Text in den von Abraham Fornander gesammelten "Hawaiin Antiquities" (Me. 6, 272): "The one god (Kane) comprised three beings, Kane, Ku, Lono. Kane was the root or origin of gods and all created things...their joint name was ke Alii hika-po-loa, equivalent to 'Almighty God'." Desungeachtet wird von drei Göttern im Plural gehandelt, wenn es im Schöpfungswerke weiter geht. "After Light had been created or brought forth from Po... the gods looked upon the empty space and there was no place to dwell in. They then created the heavens for themselves. Three heavens did they... call into existence by their word of command. The uppermost heaven was called 'Lani Makua' - makua = Vater - the one next below was called 'he lani o Ku', and the lowest was called 'he lani o Lono'." Kepelino betont (Bull. 95, 68): "Kane was originally the only god of Hawaii; there was no other god, only Kane...And it was said, that Kane, Ku, Lono were the names that the ancestor of the Hawaiian people gave this god."
Ob es wirklich an dem war, lässt sich kaum entscheiden; beinahe sieht es so aus, als sei der Io/Kiho von den Hawaiiern vergessen, und Kane voll in dessen Rechte eingesetzt worden so wie auf Tahiti der Tangaroa/Ta'aroa, wie wir noch sehen werden. Ein gewisser Gouverneur von Tahiti, Hervé geheißen, behauptete (1931, bei Stimson, Bull. 111,45), Ta'aroa sei der exoterische Name für den gleichen Gott, der esoterisch, also in Kreisen der Eingeweihten, Io/Kiho genannt werde, und Tregear verzeichnet unter Tahitisch Ihoiho "The Supreme Being". Christliche Hawaiier identifizierten, wie wir von Bastian erfahren (Inselgruppen 232) Jehova mit Kane, den Heiligen Geist mit Kanaloa/Tangaroa, Jesus mit Maui.
Schwer auszumachen ist, ob wir mit einem Gott oder mit deren dreien zu tun haben in einem steinalten, unvollständigen Preislied auf Kane aus der Sammlung Fornander (6,363f.)
Was sich da bewegt, von Kane in Schwung gebracht, ist ka Honua nui a Kane, also whenua/ honua, nicht etwa Papa; es heißt aber auch beim Mond: ka Honua i kapakapaua a Kane, wenn es sich wirklich um den Mond handeln sollte; was kapakapaua bedeutet, habe ich nicht eruieren können. Gemeinhin wird whenua/honua/ fonua wiedergegeben mit "the whole earth".
An der dreigeteilten Sphäre ist kein Zweifel erlaubt, um so weniger, als diese Konzeption im Ritual berücksichtigt wird: im Innern der ummauerten Kultplätze der Hawaiier, die hier Heiau genannt werden, auf allen anderen Inseln marae u.ä., wurden dreistöckige Gerüste oder Platformen errichtet - "called nu'u (earth), lani (heavens), and mamao (far off but not beyond hearing") (H.M.51 f.,cf.Buck: Vikings 265). Die oberste Stufe durfte prinzipiell nur vom König und vom höchsten Priester erklommen werden, und die bei dieser Gelegenheit gesprochenen Gebete waren so tabu (bzw. kapu), daß keine Weißhaut sie in Erfahrung gebracht hat, denn "a heat, a burning, a fire, a thing without limit is the tapu of Kane."p38
Und nun ein paar Worte zu Abraham Fornander, dem wir die meisten Traditionen der Hawaiischen Inseln verdanken. Er wurde 1812 in Schweden geboren und starb 1887 in Honolulu an Krebs. Sein Studium an der Universität Uppsala - Theologie, klassische Philologie und Geschichte - musste er aus Geldmangel früh abbrechen, worauf er sich 1830 auf einem Dreimaster, einem Walfängerschiff, verdingte. Selbiges mißfiel ihm gründlich, und so musterte er in Hawaii ab, um nie mehr nach Europa zurückzukehren. Nach mehreren Jahren, in denen er seine Brötchen als Journalist verdiente, wurde er königlicher Richter für die Inseln Maui und Molokai, später, unter Kamehameha V. "General Inspector of Schools", ein Jahr vor seinem Tode wurde er in den Obersten Gerichtshof nach Honolulu berufen. Während dieser ganzen Zeit hat er sich mit Missionaren, speziell Missionsschulen angelegt. Er heiratete den weiblichen Häuptling der Insel Molokai, eine "Alii", und lernte von ihr nicht nur die Sprache, sondern viele Genealogien, Gesänge, Epen usf. Er hat im Laufe seines Lebens eine riesige Sammlung von Traditionen angelegt, aber er hat sie nie übersetzt, und so wurde sie erst lange nach seinem Tode mit einer englischen Übersetzung von Thrum in den Memoirs des Museums von Honolulu herausgebracht. Da der Judge Fornander obendrein das Bedürfnis verspürte, die Hawaiischen Traditionen mit denen anderer Kulturen zu vergleichen, hat er noch, im Do-it-yourself-Verfahren Griechisch, Latein und Hebräisch gelernt, Englisch, Französisch und Deutsch konnte er ohnedies, und hat dann in seinem bekanntesten opus "An Account of the Polynesian Race" kühne Wortvergleiche angestellt, über die man tunlichst hinwegliest: er war kein Linguist. Aber das sind minor matters. "It may truly be said that he did more to preserve the history and traditions of the Hawaiian race than any other man." Das ist ganz unbestreitbar, aber es bleibt für uns ein nie wieder zu reparierendes Unglück, daß er selbst, der beste Kenner, uns keine eigenen Übersetzungen beschert hat. Heutzutage kann man niemanden mehr fragen, denn von der alten hawaiischen Kultur ist nichts mehr lebendig.
Zurückkehrend zu unseren drei Göttern, bzw. dem drei-einigen Gott: man sucht natürlich erst einmal Aufschluß bei den diversen Namen. Martha Beckwith (H.M.12) stellt fest:
"Ku means 'rising upright'." Laut Tregear ist Maori Tu "to stand; whaka-tu = to erect to set up (Tahiti: faa-tu, to raise up, to support), to stand erect; Hawaii: ku, to arise, ro raise up, to stand erect; to stop still, to anchor, as a ship." Makemson (10) stellt gegenüber: Ku = erect (vertikal), moe = horizontal. Moe hatten wir schon als Beinamen des Kiho von Tuamotu: Kiho-moe wurde mit 'sleeping Kiho' übersetzt. Wie sich versteht, werden sofort Konsequenzen gezogen aus dem "stehen", "indicating the general conception of stability" (Williamson: Rel. Beliefs 1,23), und flugs bürgerte es sich ein, hinter den Namen Ku in Klammern zu setzen "(stability)", und alle sind's zufrieden: Sie hoffentlich nicht.
"Lono/Rongo/One...having the general meaning of, or connection with, 'sound!" (Williamson loc. cit.) wird dementsprechend schlicht mit "sound" wiedergegeben (Tregear 461, Beck-with Bull. 95,68), oder aber mit "hearing". Tregear gibt s.v. Rongo an: Maori: rongo, to hear, to feel, to smell, to taste, to obey; tidings, report, sound, noise; whaka-rongo, to cause to hear, to inform; to listen, to attend. Samoa: logo, a report. Tahiti: roo, fame, a report; faa-roo, to hear, to obey; Hawaii: bono, to hear, as a sound; a report; fame, tidings; to observe, to obey."p39
Ich würde mich nicht trauen, das 'Wesen' dieses Lono/Rongo auf Grund der angegebenen Bedeutungen zu definieren. Der Lono kam übrigens hier schon öfters vor: das war derjenige, der mit seiner göttlichen Ehefrau eine Partie Dame spielte --checkers, Konane nennt man es in Hawaii - und sie in aufwallendem Zorne erschlug. Von Reue überwältigt, verfiel er in eine Art von Amok-Lauf, d.h. er begann mit jedem ihm Begegnenden zu ringen an, und damit begründete er die Agone, die Kampfspiele des hawaiischen Neujahrsfestes Mahihiki (Fornander 6,210f.; Beckwith: H.M. 37 f. s.a. Malo 186-209), in dessen Ritual sich bemerkenswerter Weise eine Restform des rituellen Königsmordes erhalten hat (s. Malo 197). Nach der umfänglichen Rauferei baute sich Lono ein noch nie dagewesenes Boot, ein dreieckiges, und begab sich von hinnen mit dem Versprechen, dreinst wiederzukehren. (Captain Cook wurde denn auch prompt für Lono gehalten, so wie Cortez für Quetzalcouatl, und das hat ihn das Leben gekostet). Götter, die verschwinden, und ihre Wiederkehr in ferner Zukunft versprechen, sind von Hause aus Saturn-verdächtig, und dieser Zug könnte für die zäh vertretene Identifizierung von Kane und Lone sprechen, aber ich bin vorläufig gegen jegliches Festnageln, ob es nun um Lono gehen mag oder um Ku. Es ist nicht von ungefähr, daß Martha Beckwith in ihrem dicken Schinken "Hawaiian Mythology" ein umfängliches Kapitel den "Ku-Göttern" widmet, es gibt einfach zu viele sog. Götter, die mit Ku zusammengesetzt sind, und es fruchtet nichts, daß die Dame eine primitive Gewaltlösung erzwingen will (p.13): "Ku is therefore the expression of the male generating power of the first parent by means of which the race is made fertile". Der in Hawaii prominenteste und mächtigste Ku ist ein ausnehmend gewalttätiger Kriegsgott, und derjenige, dem die Einführung von Menschenopfern zugeschrieben wird, Ku-the-man-eater. Wie sich solches auf 'stability' reimt, erklären die angeblichen Experten nicht.
Von Kane sagt Williamson (ibid.):"Tane was widely associated with the conception of light", Grund genug, ihn eilfertig mit der Sonne zu identifizieren, um so mehr, als die Hawaiier die östliche 'portion' des Himmels ke ala ula a Kane nennen, "the dawning or bright road of Kane" (Makemson 21, = Kamakau), den Westen den des Kanaloa - nördl. Wendekreis Kane, südlicher Kanaloa -, und nach Auffassung der Schriftgelehrten ist einzig die Sonne berechtigt, im Osten aufzugehen. Tane/kane bedeutet, wie schon erwähnt, gewöhnlich "Mann, Ehegatte, männlich", und mithin ist es häufig schwer auszumachen, ob man mit dem Adjektiv zu tun hat oder mit dem göttlichen Individuum. Aber was dem Ku recht ist, ist dem Kane billig, und so hat schon der alte White im 19.Jh. (1,160) den Maori-Namen "Tane-nui-a-rangi" wiedergegeben mit "great male power of Rangi"- man könnte mit gleichem Recht übersetzen "großer Himmelstane", oder, vermutlich richtiger: der große fixe Stellvertreter des Tane. Die Zertrümmerung geht kontinuierlich weiter. Stimson (Bull. 103,86) konstatiert ohne Zögern von Rangi-nui auf Tuamotu "poetic or possibly euphemistic term for phallus." Jetzt hat man vor unseren Augen schon drei Götter kurzerhand erledigt, Ku/Tu, Tane/Kane und Rangi/Lani. Wenn es dann an Tikitiki, Hawaiisch Ki'i geht, so ist überhaupt kein Halten mehr, obwohl irgendeiner daran Anstoß nehmen sollte, daß ausgerechnet der oberste der 12 Himmel der Maori, in dem Io wohnt, mit dem fraglichen Wort gebildet ist: Tikitiki-o-nga-rangi. Wir nehmen den Tiki/Ki'i jetzt gleich mit, weil er - ungeachtet gegenteiliger Behauptungen - ein ebenso bedeutender 'Gott' ist wie die anderen.p40
Tiki ist in zahlreichen Mythen, besonders denen der Maori, der erste Mensch, oder aber dessen Verfertiger: auf jeden Fall ist er der erste Gestorbene. Im Hawaiischen Kumulipo hörten wir, daß erst "the dog child" erschien und gleich darauf die Dame La'ila'i nebst Kane-the-god, Kl'i-the-man und Kanaloa-the-octopus; in anderen hawaiischen Texten hat der erste Mensch den Titel Kumu-honua, das wäre auf Maori Tumu-whenua; Tumutumuwhenua ist aber bei den Maori der Überlebende der Sintflut, entspricht also Noah bzw.Utnapishtim und nicht Adam; Tumuwhenua/Kumuhonua sollte bedeuten "Anfang", oder Quelle oder Wurzel der Erde oder des Landes, kein besonders treffender Titel für einen rellen 'Menschen'. Auf Mangaia ist Tiki ein Mädchen, die Schwester des ersten Gestorbenen Veetini, und auch dieser Umstand, daß Tiki zur Abwechslung weiblich sein kann, ebenso wie Atea/Wakea, jener vorgebliche 'Urvater' und wie der Tu, ebenfalls auf Mangaia, sollte den Fertility-Trust ein wenig unsicher machen.
Bei welcher Gelegenheit ich erneut darauf hinweisen muß, in welchem Umfang die Sinnerwartung der Übersetzer die Interpretation determiniert: in Polynesien erwartet "man" nichts ernsthaft Bedenkenswertes - Bastian muß ausgenommen werden, Fornander zum Teil - Hochgeschraubte Erwartungen bringt man indischen Texten entgegen, chinesischen und partiell auch japanischen; die materiellen Errungenschaften, Architektur und Kunst dieser Kulturen haben es dem primitiven weißen Mann früh angetan. So würde nicht so schnell jemand auf die unverschämte Idee kommen, dem rigvedischen Yama, dem ersten Gestorbenen, dem Todesgott und stereotyp "König Yama" Geheißenen, mit den Geschäftsmethoden des Fruchtbarkeitskonzerns beikommen zu wollen; mit indischem Material tut man sowas nicht ohne Hemmungen. Aber Yama und seine Zwillingsschwester Yami - im persischen Awesta Yima und Yimag - sind nichts anderes als Veetini und seine Schwester Tiki. Yama ist derjenige, von dem es heißt "er fand uns den Weg", den sog. Väterweg ins Totenreich; und "Tiki's hole" war auf Mangaia der Weg ins Totenreich, der erst geschlossen wurde, nachdem Maui aus eben dieser 'Unterwelt' Feuer geholt hatte, von dem 'alten Maui', Mahuike oder Mafu'i. Noch auch würde sich jemand erdreisten, die chineischen Chiffren Yang und Yin gewaltsam auf eine "Grund"-bedeutung wie Phallus und Vulva hinbiegen zu wollen. Bei den Polynesiern hingegen legt man sich derlei Hemmungen nicht auf.
Schwieriger war es schon, mit dem 'Verhältnis', mit der Proportion Tane/Tiki zu Rande zu kommen. Der alte Stokes z.B. schlug vor (JPS 22,15 f., 21 f.), es habe der Tane den (älteren) Tiki ersetzt oder abgelöst; bzw. Tane sei ein Euphemismus, indem "Mann" an die Stelle von "Phallus" getreten sei. Zu solcher Deutung fühlte er sich angeregt durch den Umstand, daß nicht nur regelrechte Plastiken den Namen Tiki tragen, sondern auch Menhire, alswelche natürlich als 'schlicht-primitiv' gelten. Gemäß der Devise "primitiv ergo älter" folgerte er, im Zuge der Veredelung und Euphemisierung habe man die Menhire mit Gesichtern versehen und die Phalli zu Figuren 'hinauf'entwickelt. Diese geniale Lösung wird hinfällig schon dank des Befundes, daß in Hawaii die angeblich rohen Menhirs "Kane-Steine" heißen, die ach! so veredelten Plastiken aber Ki'i. Handy urteilt, quasi den Fall abschließend, bei Behandlung marquesanischer Plastiken (Dixon-Festschrift 30): "Both Eisdon Best and I have demonstrated that tiki signified phallus, both in mythology and in iconography.p41
Specifically it signified the phallus which symbolized the god Tane (whose name means 'male') in the role of procreator of nature and of man. The Marquesan tiki, therefore, may be said to correspond both philosophically and oeremoniallq to the lingam." (Bei dieser Gelegenheit kann ich mir nicht verkneifen, Ihnen zu berichten, daß normale zeitgenössische Hinduisten sich dessen nicht bewußt sind, daß Lingam 'eigentlich' Shiva's Phallus sei. Man kann ja von den Indern schwer behaupten, sie ver-stünden nichts von Sex; offensichtlich verstehen sie besser als die weißen Interpreten, was "eigentlich" und was "uneigentlich" sei. Shiva's Lingam ist erst einmal die Weltachse.
Orientieren wir uns aber geschwind auch über das Wort Tiki in Tregears Wörterbuch. Maori: "1. a post marking a portion of ground made tapu; 2. the carved figure on the gable-end of a house; 3. an image of a deity; 4. the lower part of the back...Tikitiki a girdle, 2. a knot of hair worn on the top of the head. Tahiti: ti'i, an image; 2. a demon, or wicked spirit; tuati'i, to stand like an image in a senseless gaze of surprise; autii, an ancestor; a carved image at the head of a canoe; fetii a binding or knot; to bind or tie. Hawaii:: ki'i an image, a picture; an ideol; a statue. Kiikii to swell, to enlarge...hoo-kii to pine away, as in consumption; akua ki'i a god represented by an image;... nakii to bind fast, to tie a knot, nikii, to tie as a rope; nikiikii to tie in knots, to bind. Tonga: jikijiki, the name of one of the ropes in a Tongan canoe. Mangaia: tiki, a carving; tikitiki the carved figure of a man squatting; itikitiki to tie up. Marquesas: tiki, an idol; 2. a name of the gods; 3.tatooing; itiki to bind. Tuamotu: tiki, an idol, an image; cf. putiki, a plait, a tress; the hair tied up in a knot. For Tiki as Termini, or gods of boundaries, see Tregear, Trans. XX. 390."
Wie man aus diesem Vokabular die 'Grund'bedeutung von Phallus herauslesen kann, ist mir unerfindlich. Und die Knoten, das 'binden' und 'verknoten' würde ich auch nicht so sang- und klanglos verabschieden; in den Pyramiden-Texten rühmen sich Götter, die Himmel zusammengeknotet zu haben, und Quetzalcouatl betet zu der höchsten bisexuellen Gottheit "über dem neunfach verknoteten Himmel." Aber setzen wir mal, spasses-halber, voraus, Tiki sei wirklich 'ursprünglich' Phallus; der Tregear verweist da auf eine eigene, mir nicht zugängliche, Abhandlung über "Tiki as Termini, or gods of boundaries" - bimmelt es da nicht irgendwo in Ihrem Gedächtnis? Beinahe alle mesopotamischen Kudurrus/Grenzsteine sind ausnehmend naturalistisch gestaltete Phalli, auf die Konstellationen und Planeten eingemeißelt sind. Nicht, daß uns dies blitzartig erleuchten würde hinsichtlich Tiki oder Tane oder Ku oder Rangi; was da beleuchtet wird, ist unsere totale Unwissenheit : wir verstehen nicht im entferntesten, was Phallus in kosmologischet Terminologie bedeutet, und mithin erklärt diese hitzig verfochtene 'Lösung' von Tiki schlechterdings nichts. Bedenkenswert bleibt der Vergleich mit uns sehr viel näherstehenden 'Grenzsteinen' und 'Wegweisern': den griechischen Hermen oder Hermessäulen, bei denen ebenfalls der Ausweis der Männlichkeit nicht zu fehlen pflegte; zu Deutsch: es wäre zu untersuchen, ob Tiki der Merkur sein könnte.
/"herma Phallus (?)" Gruppe 1329 A.9; herma = Pfosten, Pflock, speziell zum Aufdocken von Schiffen, auch Schiffsballast/p42
Die Hawaiier also lassen die "drei Welten" dem Kane, Ku und Lone gehören, die Tuamotuaner dem Kiho, Atea und Tane; in der Mitte ist in Hawaii Ku, in Tuamotu Atea. Welche Region nördlich und welche südlich sei, das ist für den Tuamotu-Archipel, für Mangaia, für die Maori und auch für Tahiti nicht endgültig auszumachen. Man weiß nicht definitiv, was 'stärker' ist und mehr wiegt: die Tradition oder die Realität. Eigentlich müssten alle Polynesier, die sich südlich des Äquators angesiedelt haben, die Welt auf den Kopf stellen: der Kiho-tumu am "tiefsten unten" müsste rechtens am Nordpol sein, aber ob er tatsächlich dorthin verpflanzt worden ist, das ist noch nicht heraus.
Und nun lassen wir, ungeachtet der Seminar-Lektüre, auszugsweise Traditionen von Tahiti und Raiatea (Rangiatea) Revue passieren. Ta'aroa/Tangaroa nimmt anf den Gesellschafts-Inseln die Stellung des Kiho von Tuamotu und des Kane von Hawaii ein.
(Nevermann 95 f.): "Ta'aroa war der Ahn aller Götter und erschuf alles. Von undenklichen Zeiten an war der große Ta'aroa, der Ursprung. Ta'aroa entwickelte sich aus sich selbst in der Einsamkeit.Er war sein eigener Erzeuger und hatte weder Vater noch Mutter. Tausendfältig war Ta'aroas Natur: Er war Ta'aroa oben und Ta'aroa unten und Ta'aroa im Stein; Ta'aroa war ein Haus der Gottheit" - d.h. er war ein fare atua, wovon später vermutlich mehr. Nevermann fährt fort: "Und nun folgt nach einer Aufzählung seiner Beinamen, die sein Wesen schildern, und der Schilderung der Furchtbarkeit seines Zorns der eigentliche Beginn der Mythe: 'Ta'aroa weilte in seiner Muschel in der Dunkelheit unzählbare Zeiten lang. Die Muschel war wie ein Ei und drehte sich im endlosen Raum, in dem nicht Himmel oder Land und nicht Mond, Sonne und. Sterne waren. Alles war Dunkelheit, eine immerwährende Dunkelheit. Rumia war der Name von Ta'aroas Muschel'." Bleiben wir erst noch bei dem, was Nevermann (97) "die tahitische Mythe in großen Zügen" nennt. "Endlich bricht der Gott seine Muschel von innen her auf. 'Dann schlüpfte er heraus und stand auf seiner Muschel. Und er sah um sich und fand, daß er allein war. Da war kein Laut, und alles war Dunkelheit.' Nichts antwortet auf sein Rufen als der Widerhall seiner eigenen Stimme, und so kehrt er wieder in seine Muschel zurück und weilt in ihrem Innern in Tumu-iti, dem 'kleineren Ursprung', der als Muschel in der Muschel Rumia gedacht ist, wieder unermeßliche Zeiten. Dann aber verlässt er die Muschel wieder. Aus der inneren Muschel macht er den Erdgrund und aus Rumia das Himmelsgewölbe, das noch niedrig ist. Im Dunkel wächst Ta'aroa, und ihm entstehen Erinnerung, Gedanken, steter Blick und Beobachtung. Als er erstarkt ist, belebt er das Himmelsgewölbe, das aus Rumia, dem Fundament für seine Füße entstanden war, und nacht es zum Manne. Aus dem Erdgrund macht er ebenso die Urgöttin Te Papa. Noch weigern sich beide, sich zu begegnen, aber diese Weigerung sprechen sie schon mit ihrer Stimme, und so ist das Schweigen des Anfangs durchbrochen. So erschafft Ta'aroa selbst Felsen, Sand und Erde und zaubert Götter hervor, von denen ihm Tu als der große Handwerker und Künstler bei der Schöpfung hilfreich zur Hand geht. Vereint erschaffen sie die Wurzeln aller Dinge und die Welt wird immer besser und schöner. 'Als Ta'aroa das alles sah, war er stolz darauf. Die Erde war zu Land geworden, und das war voll von lebenden Wesen. Süßwasser strömte durch das Land, die See füllte den Ozean, - und auch sie waren voll von lebenden Wesen. Aber alles war noch in dichter Dunkelheit unter dem niedrigen Himmel der Rumia in Hava'i, der Heimat des Landes, der Heimat der Götter und der Heimat der Menschen.'
p43
Zwischen den Göttern des Himmels, der Erde und des Hades, der von beiden abgetrennt worden ist, brechen heftige Kämpfe aus, in denen Tane und sein Bote Ro'o (Rongo) hervortreten. Unter den Gottheiten, die Ta'aroa erschuf, ist auch Atea, zunächst als weibliche Gottheit, die den engen Raum zwischen Himmel und Erde verkörpert und die Sterne hervorbringt, dann aber mit der Gottheit Fa'ahotu. ("Was Form annehmen läßt") das Geschlecht wechseln muß und zum männlichen Gott wird. Beide gehören unter den Göttern zu den zuerst entstandenen. Immer mehr Götter entstehen durch Ta'aroas Schaffen oder Zeugung. Die Winde, die Tiere und neue Inseln, die sich schwimmend von Havai'i abspalten, entstehen, und schließlich wird von Ta'aroa und tu durch 'Zauber' Ti'i erschaffen, der mit der Göttertochter Hina vermählt wird. Auch die Heroenfamilie der Maui wird geboren. Immer aber ist es noch dunkel, und eine Nachtperiode ist der anderen gefolgt. Ein riesenhafter Tintenfisch hält mit seinen Fangarmen den Himmel fest, sodaß nach vergeblichen Versuchen der Gottheiten, ihn zu heben, erst Tane mit Hilfe des Heros Maui-ti'iti'i beide trennen kann und die Welt licht wird. Ta'aroa schmickt den Himmel mit Sonne, Mond und Sternen. Nach neuen Streitigkeiten unter den Göttern wird dann jedem sein Wirkungsbereich zugewiesen."
So oder ähnlich pflegen eben Überblicke über "das große Ganze" auszusehen. Wer erst einmal in die Texte hineingeschaut hat, dem vergeht der Appettit auf dergleichen Überblicke, Ta'aroa schlüpft aus seiner ersten Schale Rumia (Upset) heraus, stellt sich darauf und ruft:
Oh, space for skies
Oh, space for hosts,
Oh space for land, extending high above and far below!
So wie Kiho Tumu von Tuamotu und Kane von Hawaii, so visiert auch Tangaroa von Tahiti drei 'Räume' an, deren Bezeichnungen aber, wieder einmal, Rätsel aufgeben. Es heißt:
Aere ra'i
Aere nu'u
Aere fenua.
Rangi und Whenua, kristallklar, wie sie sich haben, die hatten win schon - honua sahen wir angewandt auf die sich bewegende "Große Erde des Kane". Nu'u begegnete gleichfalls in Hawaii: die drei Stockwerke oder Platformen des hawaiischeu Tempelgerüstes hießen nu'u (Beckwith: Earth, Henry "for hosts") lani (Beckwith: heavens) mamao ("Far off but not beyond hearing").
Tregear bietet uns an s.v. Nuku (271 f.): "1. a wide extent; 2. space; 3. the earth (for Papa-tu-a-nuku) - laut Tregear 315: "Earth standing in space" - 4. a portion of the earth; 5. far off. Tahiti: nun, a fleet of canoes; an army or host passing by land or water; 2. to slide along, to glide. Hawaii: nuu, a raised place in a temple...; 2.evenness; an evenly raised surface; 3. a wide space; the air; the firmament. Mangaia: nuku, a host, an army. Mangareva: nuku, the earth; 2. a country. Tuamotu: nuku, a crowd, a throng." Da ist guter Rat teuer. Bzw. er wäre teuer, wenn wir uns nicht, auf Grund von Befunden aus anderen geographischen Provinzen innerhalb des Hochkulturgürtels, ausrechnen könnten, worum es sich bei den drei 'Welten' oder 'Räumen' handelt: um die 'Wege' von Anu, Enlil und Ea im Alten Mesopotamien, um den Nord- Süd- und Mittelweg der alten Inder.
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Der Weg des Anu nimmt die Zone zwischen 15° nördlich und 15° südlich des Himmelsäquators ein; im Norden schließt sich der Weg des Enlil an, im Süden der des Ea, des sogenannten Meergottes, sumerisch Enki. Enlil scheint der Jupiter zu sein, Ea der Saturn; Anu ist in der Seleukidenzeit stets der Mars; ob das immer so gewesen ist, das weiß man nicht genau, vieles spricht dafür.
Nachdem Ta'aroa die drei Wege propagiert hatte, schwamm er umher im landlosen Raum, weit hinauf und tief hinab. Und dann kehrte er zurück nach Tumu-iti, d.i. Kleiner Ursprung oder Kleines Fundament, also nach Tumu-iti in Fata-iti, was "kleines Tal" heißen soll. Hinsichtlich Fa'a-iti/Kleintal erfahren wir später (359), es handle sich um Perseus. Im besagten Kleinen Ursprung im Kleinen Tal innerhalb seiner Schale blieb Ta'aroa lange Zeit in Enge und Dunkelheit. Auf die Dauer wurde er der Muschelschale überdrüssig, und so schlüpfte er aus einer neuen Schale heraus und stand außerhalb auf der alten Schale Rumia. Und er nahm, anscheinend, seine neue Muschel als Fundament der Welt , wobei 'Welt' wieder mal nichts sagend ist: was dasteht ist tumu nui no te ao nei, und ao heißt, wie Sie inzwischen wissen, Tag und Licht; seine neue Muschel also nahm er als Fundament von ao, "for stratum rock and for soil for the world", wie Henry übersetzt. Dastehen tut: papa fenua e ei repo no te fenua, und die Übersetzung ist glatte Willkür. Papa fenua müsste genau Rangiatea entsprechen. Das Ei Rumia aber, das Ta'aroa zuerst geöffnet hatte, wurde sein Haus, "the dome of the gods' sky", d.i. te apu o te ra'i atua. Tahitisch apu (s.Tregear s. kapu) ist "the shell of seeds, nuts and fish", von 'Dom' kann sowieso nicht die Rede sein. Henry sagt, soweit wohl richtig, "the gods' sky", mit den 'Göttern' im Plural, ich bin aber doch dafür, es bei dem Terminus Rangi-atua zu lassen. Rumia war ein 'enger' (confined, piri) Himmel, der die sich formende Tagwelt umschloß. Ta'aroa verweilte in besagtem beengten Himmel (Ra'i piri) in totaler Dunkelheit, for ages tat er solches, und rief 'Götter', atua, ins Dasein; sie wurden ihm in der Dunkelheit geboren.Und aus eben diesem Grunde wurde der Himmel Götterhimmel genannt (338), eben Ra'i-atua. Als Ta'aroa drinnen war und sein Gesicht wendete, um zur Dunkelheit zu rufen, so tat er das, um atua zu schaffen. Es war viel später, daß der Mensch geschaffen wurde (ta'ata/Tangata/Kanaka). Tu war mit Ta'aroa zusammen, als er Menschen schuf. Und am Ende heißt es von dem Oktopus Tumu-Ra'i-fenua, er habe nicht locker gelassen: seine Arme hielten im Süden, Norden, Osten und Westen fest zusammen rangi-piri und whenua, den beengten Rangi und Whenua. Den Oktopus, genannt Tumu-ra'i-fenua, übersetzt Henry mit "Foundation-of-earthly-heaven", aus mir nicht einsichtigen Gründen. Der Oktopus heißt, so scheint mir, Anfang/Arche von Rangi und Whenua.
Es ist, wie Sie sehen, schwierig, sich von den penetrant unpraecise 'übersetzten' Namen frei zu machen. Einigen wir uns erst einmal auf den, vielleicht täuschenden, Augenschein, wonach das erste gesprengte Ei Rumia den Namen Rangi-atua (alias Götterhimmel) führte; in Rumia scheinen nur atua geboren worden zu sein. Das könnte von großer Tragweite sein. Später hören wir wieder und wieder von "the long night of Rumia", ja von "the shameful millions of night" of Rumia (Henry 404), und diese schändlichen Millionen Nächte finden erst ein Ende, als man dem Oktopus die Arme abhackt, die dann herabfallen und Tubuai bilden (summit); das irdische Gegenstück zu dem himmlischen topos findet sich, wie Sie inzwischen ja wissen, auf dem südlichen Wendekreis.
p45
Der erste sog.Schöpfungs-Text aus Tahiti stellte fest: "Ta'aroa was a god's house, his back bone was the ridge pole, his ribs were the supporters." Der zweite Text ist etwas ausführlicher, wenn schon nicht klarer. Nach Ausschlüpfen aus der ersten Schale, kehrte Ta'aroa diese um und hob sie hoch als Himmels-Schale (apu...ra'i) und nannte sie Rumia. Nach kurzer Weile schlüpfte er aus einer zweiten Schale, die ihn umfing, und benutzte sie als "rock...and sand" (papa + one). Aber sein Ärger war noch nicht verflogen, und so nahm er er sein Rückgrat als Bergrücken, seine Rippen als Bergabhänge, seine lebenswichtigen Organe (vitals) als ziehende Wolken, sein Fleisch als Fett der Erde, seine Arme und Beine als "strength" , doch wohl Stützen, der Erde; aus einen Finger- und Zehennägeln machte er Schuppen und Muschelschalen für Fische, aus seinen Federn Bäume,Sträuche und Schlingpflanzen, um die Erde zu bedecken; aus seinen Eingeweiden machte er machte er Hummer, shrimps und Aale für Flüsse und das Meer, und Ta'aroas Blut erhitzte sich und trieb fort als Röte für den Himmel und für den Regenbogen. Aber Ta'aroas Haupt blieb ihm selbst heilig, und er lebte noch, das gleiche Haupt an einem unzerstörbaren Körper. He was master of everything.
Wieder anders klingt der Mythos über "The First God's House" (Henry 426):
Mit Berufung auf Tyerman und Bennett gibt der alte Schirren (146) eine Version, wonach Ta'aroa erst Menschen aus seinem Rücken erzeugt und sich dann in einen Kahn verwandelt, der Menschen über die See trägt. "Im Sturm füllt sich der Kahn mit Flüssigem; da dieses mit Kalebassen ausgeschöpft wird, ist es Ta'aroa's Blut, färbt die See, wird in die Luft getragen, röthet die Morgen- und Abendwolken. Da seine Laufbahn auf Erden beendet ist, wird sein Gebein auf die Erde gelegt, das Rückgrat nach oben, die Rippen gegen den Grund; das ist das Haus, in welchem sich die Götter versammeln, das Vorbild aller Tempel zu Raiatea."
In papuanische Tonart umgesetzt, finden wir eine einschlägige Story bei den Kiwai auf Neuguinea. Der generell als "Kulturheros" bezeichnete Sido, der erste Sterbliche, verwandelt sich im Tode in ein Schwein und vergrößert sich als solches zum Hades-Haus: sein Rückgrat wird zum Firstbalken usf. Aus diesem Grunde werden unter der Schwelle des Männer- und Initiationshauses der Unterkiefer, am Dach über der Tür der Kopf, entlang dem Firstbalken Stücke des Rückenknochens, unter den 4 Ecken die Füße eines Wildschweins angebracht (Landtman:Kiwai; s.a. Reschke, IAfE 35, 24-40), so daß das ganze Haus quasi den verstorbenen Sido repräsen-tiert.
Ich weiß leider noch nicht, wie man diese Gleichungen auflösen kann: der unbekannten Faktoren sind zu viele, nicht nur im tahitischen Tangaroa-Mythos; d.h. die übrigen sog. Weltriesen - Ymir in der Edda, Gayamaretan im Awesta, Purusha im Rigveda, der Ptah der Ägypter - sind in das gleiche undurchdringliche Dunkel gehüllt wie Tangaroa. Ziemlich sicher ist nur die sozusagen direkte "Quelle" der Tangaroa-Story und der Version der Kiwai-Papua: der P'anku der Chinesen. Besagter P'anku wird von den amtlich befugten Sinologen mit schöner Regelmäßigkeit "zur Sau gemacht", um es deutlich zu sagen. Ganz jung soll er sein, eine Figur der sog. "Volksreligion" - so als ob sich "das Volk" so ganz nebenbei ex nihilo seine Religion und seine Mythen erfände - , eine Ausgeburt taoistischer Narren.
p46
Man darf allerdings hoffen, daß sich Joseph Needhams Riesen-Opus irgendwann einmal herumspricht, und damit die Erkenntnis, daß die chinesische Naturwissenschaft auf dem Taoismus basiert. Mithin kann es uns nur beruhigen, daß man den P'anku einmütig eben den Taoisten zuschreibt. Vorläufig aber liest man noch in dem am weitesten verbreiteten Buch über chinesische Mythologie (Werner 79): The picturesque person of P'anku is said to have been a concession to the popular dislike of, or inability to comprehend, the abstract".
Von dem P'anku heißt es (de Groot: Universismus 130 f.): "Als das Chaos noch die Gestalt des Hühnereies besaß, schwebte diese Gottheit darin bereits umher; Yang und Yin hatten sich damals noch nicht voneinander getrennt, und Himmel und Erde, Sonne und Mond waren mithin noch nicht entstanden." Später, nach Trennung von Yin und Yang, nach der Entstehung von Gewässern und Tieren, heißt es: "Hoch über dem Zentrum des Himmels thronte damals der P'anku auf dem Yü king Shan (dem Berg der Hauptstadt von Jaspis)." (Cf. Werner 76 ff.; Baumann: Doppeltes Geschlecht 107 ff., 281 ff.). Innerhalb seines Eies arbeitete der P'anku mit Hammer und Meißel - Ta'aroa hingegen "conjured forth" -, dem Vernehmen nach volle 18 000 Jahre lang; während dieser Zeit formte er Sonne, Mond und Sterne, Himmel und Erde, "himself increasing in stature day by day, being daily six feet taller than the day before, until, his labours ended, he died that his works might live. His head became the mountains, his breath the wind and clouds, his voice thunder, his limbs the four quarters of the earth, his blood the rivers, his flesh the soil, his beard the constellations..." Näher zu untersuchen bleibt für einen sachverständigen Sinologen, was an den langen Ausführungen von Gustave Schlegel dran ist (Uranographie 242-264), der unbedingt den P'anku mit "Jin-Sing, Etoile de l'Homme" identifizieren will; das sind
e, f, g und Nr. 12 Flamsteed im Pegasus, und zwar will Schlegel diesen Stern des Menschen am Wintersolstiz haben und meint, von eben diesem Jin-Sing, alias P'anku, hinge mehr oder weniger das Verständnis der gesamten chinesischen Sphaera ab.
/kappa, s.Schlegels Stern-karten/
Das an die Schöpfungsberichte anschließende Kapitel, überschrieben "Chaotic Period" ist zu 90% undurch-schaubar. Immerhin tauchen plötzlich "Säulen" auf (342). Ta'aroa, heißt es, etablierte die Schale des Himmels, die Muschelschale Rumia, auf Säulen (pou). Er sagte: "0 Tumu-nui and Papa-raharaha, bring forth pillars"; ergo wurden Säulen gebracht, zuvörderst Hotu-i-te-ra'i for a front pillar. Henry übersetzt "Fruitfulness-of-the-sky" --hotu bedeutet auf Tahitisch a) anfachen, speziell Ärger, b) Frucht tragen, wie ein Baum, c) anschwellen wie das Meer; zu Hotu-te-ihirangi verzeichnet Makemson (Nr.136)"Yearning for-the dawn; a star known to the Maori of the Bay of Plenty district"; natürlich ist der Stern nicht identifiziert. Alsdann wurde gebracht Ana-feo, was Korallen-Stern heißen soll, als hintere, ebenfalls nicht identifizierte, Säule, und Ta'aroa dehnte mittels dieser Säulen den Raum, Atea (vast expanse), and he invoked a great spirit to pervade Atea, worauf er weitere Säulen anforderte, und zwar die "Innen-Säule" Tiama-Ta'aroa (Perfect Purity), das ist Spica, alpha Virginis; and there were the pillar to stand by, the pillar to sit by, the pil lar to blacken by, the pillar to debate by, the elocution pillar, and the pillar of exit. Worauf festgestellt wird, alles breite, dehne sich aus, Tumu-nui sowohl wie Papa-raharaha, die Gemächer (chambers) für Götter und Menschen (? a fa'aroa i to piha, afa'aroa i te 'opi a ra'i), der Horizont. Der Himmel dehnte sich aus, er wurde erweitert mit den Säulen des Landes von Havai'i."
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Plötzlich also kommt Hawaiki, die sog. Urheimat, bzw. der sog. Hades ins Spiel. Es wird betont, alles sei weiterhin in der dichten Dunkelheit des engen Himmels von Rumia geblieben, "in Havai-i , the birth-place of land, Havaii the birthplace of gods.... of kings of man (Havai'i fanaura'a fenua... atua...ari'i...ta'ata)." Wenn wir wüssten, in welchem Verhältnis Rumia zu Hawaiki steht, so wären wir vielleicht fein heraus, aber so leicht wird uns das aus Prinzip nie gemacht.
Um etwas mehr über Rumia zu erfahren, das jedenfalls nicht deckungsgleich mit Hawaiki ist, müssen wir uns mit den speziellen Säulen des Rumia-Himmels befassen, von denen der Text von der "Geburt der Himmels-körper" kündet (361ff.). Alle 10 Rumia-Säulen beginnen mit dem 'Gattungsnamen' a n a, was, laut Henry und laut Tregear, eigentlich "Höhle" bedeuten soll; Henry übersetzt durchgehend mit "Aster". Makemson (Nr.9) vermerkt zu Ana "Splendor; a name applied in the Society Islands to ten conspicuous stars which served as pillars of the sky. Ana appears to be related to the Tuamotuan ngana-ia 'heavens'... The Tahitian conception of the sky as resting on ten star pillars is unique and is doubtless connected with their cosmos of the heavens." (Nix unique). Der ganze Text von der Geburt der Himmelskörper, auf den wir wenigstens im Seminar näher eingehen müssen, wurde 1818 in Porapora rezitiert von "Rua-nui (a clever old woman)... The stars were identified with their equivalents in English in 1822 by the aid of Paora'i, counselor of Porapora, and in 1842 by the best authority in Tahiti." Ob die Identifizierungen wirklich stimmen, das kann niemand wissen. Immerhin ist es überzeugend, daß es mit Antares 'losgeht' - auch im Hiro (Merkur)-Mythos (Henry 551) heißt es: "Ana-mua (Antares in Scorpio), the parent-pillar of the sky". (Ich erinnere an die Mondstation Antares = "Die Ältesten" in Indien).
Diese Liste, so bescheiden sie ist, enthält wenigstens ein paar wenige Dechiffrierungen von 'Stationen'. Es ist nützlich zu wissen, daß einer seine Beredsamkeit bei Procyon (alpha Canis minoris) entfaltet (Bull. 103, 20: Rongo wird ernannt zum "lord of oratory and eloquence", , während bei Cor Hydrae hitzige Debatten angebracht erscheinen, oder, daß man bei Arkturus 'steht', bei Betelgeuze aber 'sitzt'. Die in Mesopotamien häufig auftretenden 'sitzenden' versus 'stehenden' Gottheiten machen einen ohnedies nervös. Zur 'Methode': es geht nicht darum, spornstreichs den tahitischen Befund "Arkturus = Stehen" und "Betelgeute = Sitzen" in babylonische Gleichungen einzusetzen, obgleich es nicht undenkbar wäre, daß sich eine solche Maßnahme im Nachhinein als berechtigt herausstellte. Ausschlaggebend ist es zu wissen, daß Sitzen und Stehen, große Reden schwingen usw. an einen himmlischen topos gebunden sind; in Polynesien, in der gleichen Manier, wie z.B. der viel diskutierte Bart der Venus barbata eine Konstellation meint; in Babylonien: "Venus (Morgenstern) hat einen Bart: das meint, sie steht in den Pleiaden, oder der Mars steht nahe bei ihr", so heißt es auf einer Keilschtifttafel bei Kugler; bei welcher Gelegenheit ich daran erinnere, daß sowohl in Babylonien wie in Indien als planetarischer Stellvertreter der Pleiaden ausschließlich der Mars in Frage kommt. M.a.W. die Säulen von Rumia sind ein gravierender Beweis dafür, daß die 'Grammatik' der mythischen Fachsprache in Mesopotamien und Polynesien die gleiche ist.
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Es ist auch nützlich, zu wissen, daß Aldebaran, alpha Tauri für "Tattooing" steht: Tätowieren ist eine markante Station am Wege von polynesischen Helden, besonders betont bei Tama-nui-a-raki, dem großen Sohn von Rangi, und zwar beim Übertritt in das Jenseits (Pol. Ms. 104, Texte S.35 ff.). Eine kurze Orientierung: unser. Wort Tätowieren stammt vom tahitischen tatau; außer tatau gibt es aber noch das Wort moko/mo'o, so heißen die Tatauiermarken (moko heißt außerdem "lizard, serpent, snake, shark"). Auf West-Neuguinea heißt "tattooing in scars raised by burning: moksa", alswelches Wort Ihnen nicht ganz unbekannt sein dürfte, seitdem so viel von Akupunktur und überhaupt von chinesischer Medizin die Rede ist. Unter Ngai , dem chinesischen Wort für moxa, verzeichnet Couvreur (592, Sp.3): "Armoise, absinth, le cinq du cinquième mois de l'annee (cauterisation)" Wenn Sie schon mal ein chinesisches Kalenderdatum haben, dann können Sie sich beinahe immer darauf verlassen, daß an einer Geschichte was dran ist: irgendwo am Himmel wird tattauiert oder kauterisiert; es muß ja nicht unbedingt konstant der Aldebaran sein. Und um das Anzünden des chinesischen moxa wird ein beträchtliches Brimborium veranstaltet: es muß rechtens mit Bronze-Brennspiegeln bewerkstelligt; werden, die ihrerseits punkt 00 Uhr am Wintersolstiz fertig gegossen sein müssen. Wenn Sie weiter nach Osten segeln, so finden Sie beim Sahagun (Florentine Codex 7, 60 f.) im Kapitel 3 Angaben über "the stars called Castor and Pollux":
"They (nämlich die Azteken) name these stars mamalhuaztli, and by the same name they call the sticks with which they drill a fire, because it seemeth to them that they somewhat resemble (the stars) and that from them there came to them this manner of producing fire. From this it was customary that the men make certain burns on the wrist in honor of those stars. They said of him who was not marked by those burns that, when he died, there in hell they would produce fire on his wrist, drilling it as those do who here drill fire with the stick."
Das gilt übrigens generell: Tattauier-Narben sind das Visum der Totenseelen: wer diesen Stempel nicht hat, wird vom Wächter des Totenreiches nicht zugelassen. Darüber hinaus begegnet das Tattauieren im Rahmen einer der denkwürdigsten 'Heldentaten' des polynesischen Herakles, des Maui. Maui verwandelt seinen Schwager in einen Hund - das bewerkstelligt er, in dem er beim Landen das Heck seines Schiffes über den Rücken des Schwagers zieht und ihm das Rückgrat bricht - und dann tätowiert er den Hundeschwager und verweist ihn obendrein in seine Toilette. (Auch dies ist ein astronomischer topos; im zivilisierten Griechenland hören wir an Stelle dessen vom Stall des Augeias, in welchem ja aber einzig der Mist von Bedeutung ist, und Sterculius ist ein Beiname des Saturns. In der Edda,d.h. in der Lokasenna, hören wir, daß Loki eine Weile als potchamperl der Riesentöchter fungierte, im 'Ur-Hamlet' des Saxo Grammaticus wirft Amlethus den Polonius in eben diese Örtlichkeit; in China endlich unterrichtet man uns, daß die Mistgrube aus Lepus- und Eridanus-Sternen besteht). Dies alles aber nur nebenbei: keinesfalls aber ist eine Tattauier-Säule ein triviales Element.
Der Himmel also, dessen Eingangssäule Antares repräsentiert, soll Tangaroa's Himmel sein, und der Rangi-atua, der "Götter-Himmel" - allerdings ist unser Ausdruck "Götter" ein hoffnungslos unzureichender Begriff (s.Smith, Wh.-w. pp.XIV ff.). Nun ist aber Rumia ein Po, ein abgelaufenes Weltalter, Rumia "the confined sky". Andererseits: die tahitischen Megalithplätze, die marae - auch die von Tuamotu - waren mit geschnitzten Hölzern ausgestattet, den Unu-marae, Marae-carvings, und diese geschnitzten Bretter stellen die Rumia-Säulen dar; so scheint es jedenfalls.
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Der Bericht von Orsmond und Henry ist ausnehmend schlampig und lässt, wie üblich, genau das aus, was wir gerne genau wüssten. Es heißt da über diese (Henry 134) "planks...upon which were free-handed engravings of various designs. Terminating the top were carvings of gods and other figures divided off with three or four open spaces about a foot deep, some of which were fork-like. These planks were painted over with red ocher and were called unu-marae (marae-carvings).They served as holders on which to attach the property of the gods. The planks represented the ana mua, ana roto, ana muri, and all the other great stars of the heavens, which may indicate that they were substitutes gradually adopted for candles burning upon the altar." Eine Fußnote verweist den geneigten Leser auf den "Creation Chant (p.336) and the chapter on the Birth of Heavenly Bodies (p.359)." So was nennt man "Quellen". Lassen wir den kriminellen Unfug von "gradually adopted substitutes" für Altarkerzen beiseite: die drei aufgezählten Sterne beginnen mit ana, und der besagte Text von der Geburt der Geburt der Himmelskörper konstatiert "the pillars of the sky Rumia have become great twinkling stars in the heavens: Ana-mua...Ana-muri...Ana-roto.." Mithin fühle ich mich vorläufig befugt, die Unu-marae für die Repräsentanten. der Rumia-Säulen zu halten und nicht für " all the great stars of the heavens." Warum aber stattet man die Sakralplätze mit den Säulen jenes Rumia aus, dessen Beendigung in ellenlangen Texten gefeiert wird? Dieses Phaenomen bleibt mir so unerklärlich wie die kontinuierliche Verehrung und Anbetung des Krsna, der schließlich ein, weit zurückliegender, Avatara des Visnu gewesen ist, und sich verabschiedete, bzw. in Vishnu wieder einging, akkurat vor Beginn unseres finsteren Kali-Yuga.
Mit den Ereignissen, die sich, laut Orsmond/Henry, in der "Chaotischen Periode" abspielen, bzw. in dem nachfolgenden Kapitel "The Genealogies of the Gods" (355 ff.) legen wir uns besser nicht an. Man stolpert von einem, poetisch, aber haarsträubend übersetzten, Namen zum anderen: Etruskisch könnte nicht unbekannter sein, und ich will Sie ja nicht all zu brutal abschrecken.
Im Text von der Geburt der Himmelskörper stoßen wir zuerst auf die Feststellung: "Rua-tupua-nui was the origin." Rua-tupua-nui übersetzt Henry (oder aber Orsmond) mit "Source-of-great-growth", die Quelle großen Wachstums (355 f.). Da sie Ra'i-tupua-nui mit "Great-sky-developer" wiedergibt, kann man wieder nur von Willkür sprechen. Tupu, von wannen tupua, bedeutet "to grow, to increase, to spring up, to sprout".
/Rangi-tupua-nui "caused the great developments of the world (o to tupu nui ot te ao) by laying out of the world, the renovation of the world (o te rito o te ao)' rito = ausschlagen, von Bäumen im Frühling. "Atea dwelt with Papa-tu-'oi, and there was born to them Ra'i-tupua-nui-te-fanau-'eve (Great sky-developer-born-in-commotion)."/
Rua (Hawaiisch Lua) meint "a hole, a pit, an aperture", durch die Bank. Rua ist auch Solstitium; bei den Maori ist ruaroa das Dezembersolstiz, ruapoto das Juni-Solstiz; auf Hawaii bedeutet lua auch die Fertigkeit des Knochenbrechens, bevorzugt des Rückgratbrechens, sowie den Platz, wo man diesen liebenswerten Sport betrieb - denken Sie an Maui, der solches seinem Schwager antat, um ihn dann in einen Hund zu verwandeln, zu tattauieren und ins Klo zu verbannen. Über "pit-of-great-growth" für Rua-tupua-nui, und "Rangi-of-great-growth" würde ich erst einmal nicht hinausgehen, das Solstitium aber im Sinn bewahren - alle diese Namen sagen uns vorläufig ohnedies nichts, wie gesagt: Etruskisch.
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Rua-tupua also nahm die Dame Atea zur Gattin, geboren wurden angeblich Sternschnuppen, Mond, Sonne und Kometen; alsdann "Kleintal" (Perseus) Groß-Tal (Auriga) und das Offene Tal (Gemini). Im Kleintal/Perseus - und zwar in Tumu-iti/kleiner Ursprung in Kleintal/ Perseus - befand sich Tangaroa, nachdem er die 3 Räume propagiert hatte. Von Auriga und Capella soll Venus (Ta'urua-nui) geboren worden sein, welche Zusammenstellung nicht besonders einleuchtet, "and there followed Ta'ero (Bacchus, Mercury), by the sun" - eine meisterlich undeutliche und nichtssagende Übersetzung, was tut die Sonne hier? - und die Krähe, die mit Corvus nicht soll identisch sein. Ta'ero bedeutet "berauscht", und Merkur wird noch öfters als der "königliche Besoffene" (the royal inebriate) angesprochen.
Venus macht sein Schiff reisefertig und segelt, via Westen, zu König Süd und weilt mit seinem Weibe "Rua-o-mere (Cavern-of-the-parental-yearnings, Southern Solstice, Capricornus), the compass - der Bereich (avei'a) -that stands on the southern side of the sky." Den Capricornus vergessen Sie erst mal, wir sind nicht befugt, den Wintersolstizpunkt gleich auf Capricornus festzunageln.
Der topos heißt Rua-o-mere, Rua, pit und Solstitium, hatten wir schon. Mere ist, bei den Maori, erst einmal eine Steinkeule, außerdem "a voice of joy"; auf Hawaii bedeutet mele "a song, the words of a song, a chorus...melemele, to sing often". Für Tahiti gibt Tregear nur an: "cf. mere, the affectionate grief of a parent", unter mere-mere gibt er an: "the Evening Star...Tahitian - mere, the name of a star, Mangaian, the name of a star, Sirius." Makemson hat alle vorgeschlagenen Identifizierungen zusammengetragen (p.235, Nr.397-400):
"Melemele is a Hawaiian star, possibly Beteigeuse. Kamohoula states that melemele is 'male' and the neighbouring Polapola a 'female' star. Melemele is the name for Antares among the Pukapukans.
Mere is the Tuamotuan name for Antares according to Fariua, but Paea pointed Mere out to Emory as Spica and called attention to the manner in which its color changed from red to white, an effect of atmospheric instability when seen near the horizon. In Mangaia Mere is the name for Sirius. In the Society Islands Mere stands for Orion's Belt and also appears in such compound terms as Taurua-nui-o-Mere, Beteigeuse, Rua-o-Mere, Capricorn, and Te Uru-meremere which was identified with the whole of Orion. I have shown in the first chapter that Uru-meremere cannot be Orion, but is probably Venus as evening star, since it served a guide to the Hawaiian Islands. Taranga-nui-o-mere is a Tuamotuan navigation star.
Mere-hau is a medium bright star known to the Tuamotuans.
Meremere is the Maori name for the planet Venus, seen in the evening twilight."
Wissen Sie nun genau, wo Rua-o-mere gelegen ist? Jedenfalls wird als Folge von Venus' Vereinigung mit Rua-o-mere Mars geboren (Maunu-'ura, Fading-redness), der angeblich am Abend mit zwei Gesichtern aufgeht, ein roter Stern. Mars enteilt zu Schiff nach Süden und zeugt dort mit seinem Weibe Apu-o-te-ra'i {Vault of heaven), die Rangi-Schale, die Prinzen Fomalhaut und das südliche Kreuz. Von Fomalhaut heißt es, er steuere Piscis Austrinus.
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Es folgt "the nature of the sky of Atutahi", des Südhimmels, laut Henry Piscis-Austrinus-Himmel. Im Allgemeinen ist Atutahi, auch Aotahi, der Canopus. Aufgezählt werden drei Sterne dritter Größe und 5 klitzekleine, worauf nochmals festgestellt wird, das Schiff gehöre Atutahi/Piscis Austrinus, und sei der Steuermann; einleuchtender wäre natürlich Argo mit dem Steuerruder Canopus. Darauf werden geboren das Südliche Kreuz um Canopus, alias Great-Festivity-of-the-border-of-the-South (Ta' urua-nui-o-te-hiti-apato' a). Picis Austrinus segelt gen Westen zu Hydra, geboren werden Corvus und Crater (Vortex-ocean-in-which-to-lose-crime). Corvus und der Himmel zwischen Leo und Hydra zeugen Saturn. "Saturn was king", wie sich das gehört. Die Natur von Saturns Nachfahren lässt sich aus dem Text nicht ersehen, eventuell Veränderliche Sterne und Nebel, aber ich traue diesem Frieden nicht. Rätselhafte Fische schließen sich an, darunter der hübsche Hai, und dicht dabei Tane's Weiße Seeschwalbe, Deneb in Cygnus, angeblich alles in der Milchstraße.
Es folgen die zehn Säulen des Rumia-Himmels nebst einem dunklen Schluß über Ta'urua: "All the heavenly bodies were to beautify the rugged house, /rauh, uneben, holprig, zerklüftet, gefurcht, runzlig/
to pass before Ta'urua, the guiding star that rides in the evening, as a nation in the presence of king Ta'ero", das ist der Merkur. Ta'urua kam schon mehrmals vor, Venus, und später Jupiter werden so genannt; Henry übersetzt allemal "Great-Festivity". Makemson (Nr. 596-602, p.254 ff.) verzeichnet allein 26 verschiedene Zusammensetzungen mit Takurua und' konstatiert: "Takurua, and its equivalent forms in other dialects, the Kaulua of Hawaii, Takulua of Samoa and Tonga, Taurua of the Society Islands, is applied to many bright stars and planets, as well as to the months and seasons over which the stars presided. The name is used as meaning 'bright star'. Takurua in the Maori is the name for Sirins and winter" (so auch Tregear). Kurz, der Name Takurua wird in Polynesien just so freizügig verliehen wie der Name Horus in Ägypten.
Nach der Unterbrechung der sog. 'Geschehnisse', d.h. nach der Aufzählung der Rumia-Säulen geht es weiter. Alphard/ Cor Hydrae (Ana-heu-heu-po) begibt sich in Richtung Pisces, geboren wird Jupiter, und die folgenden Zeilen halte ich für den kümmerlichen Rest des Kampfes von Jupiter mit Typhoeus: "he suppressed the tail of the great storm. This was the deviation that caused Ta'urua to lose his balance against Ta'ero, whose eyes were closed by the sun, flying in the burning expanse of Atea." Es kann sich auch um eine Parallel-Geschichte zu der von den Tuamotus handeln, wo Atea die Balance verliert - die Angaben sind zu dürftig. Jupiter freit ein unidentifiziertes Individuum und zeugt die Pieiaden und Orion (wenn's stimmt) "And there followed Ta' urua-nui-i-te-amo-'aha (Great-Festivity-the sennit-carrier)", Sirius. Sennit oder Sinnet ist die Schnur oder das Seil aus Koskosfasern, mit deseen Hilfe die Polynesier alles zusammenhalten und befestigen, wozu wir Nägel, Schrauben etc. brauchen, vor allem ihre Schiffe. Sirius ist derjenige, der alles zusammenhält. Wieder folgt Rätselhaftes, eingeleitet mit den Worten: "A fa te fenua / Land appeared" - in einem späteren Text wird weiteres tLand' geboren, und zwar von Spica aus. Sirius aber begibt sich ostwärts und zeugt mit Avalanche die Megallanischen Wolken. Welcher Stern Avalanche sei, habe ich nicht herausfinden können (Kunitzsch, Allen, Makemson Fehlanzeige). Und dann heißt es von Sirius, er sei derjenige Takurua, der König, der Ariki der irdischen Scharen schuf, auf der anderen Seite die Himmelshäuptlinge - Sirius entscheidet also, zu welchen "hosts" einer gehört.
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Alle waren Ariki in Fa'a-hiti (Bordering-Valley) - beinahe möchte ich annehmen, es sei Fa'a-iti/Kleintal gemeint, also Perseus - seit der Periode der Dunkelheit, und jeder hatte einen Stern. Sie tragen den Namen dieser Sterne, und diese Namen haben sich in denen der Tempel in dieser Welt (ao) erhalten. Worauf uns tahitische Tempel aufgezählt werden, denen sich auf Anhieb nur so viel entnehmen lässt, daß Porapora zu "Groß-Tal", d.i. Auriga, gehört.
Jede Insel hat, ihr himmlisches Pendant, wie sich versteht, aber wie die Paare zusammengehören, das ist vorläufig nicht herauszukriegen. Die Maori sagen unumwunden (Handy, Bull. 34, 54 nach Best, der Passus steht aber im Whare wananga): "Everything has a space of its own of the Earth (Papa) and of Heaven (Rangi). There is no thing of which it can be said it belongs to the earth alone, or to the heavens alone. " In einem Falle, den Austral-Inseln, Hervey-Gruppe, haben wir zwar Namen, aber sie sind, wie üblich, Schall und Rauch. Der Missionar Gill aus dem 19. Jahrhundert läßt uns wissen (16-17): "The Hervey-Group consists of seven inhabites islets. Each is supposed to be the body, or outward form, to which a spirit, bearing a distinct name, located in Avaiki, belongs" (cf. Smith, Whare wananga 107 zu Rarotonga). Ich will Ihnen die "body"- und "spirit"- Namen nicht vorenthalten, obgleich sie uns nicht helfen; auf der Skizze des 'Universums' von Mangaia (Gill p.2) sind nur zwei Geistnamen aus dieser Liste zu finden: der Wohnort von "Echo" und Enua-kura, "land-of-red-parrot-feathers", die anderen fünf sind Fehlanzeige.
Zurück nach Tahiti und dem Ende der "endlosen Nacht von Rumia" (Henry 409 ff.), nicht ohne festzustellen, daß sich dem Text von der Geburt der Himmelskörper so etwas Ähnliches wie "Welt-Horoskop", oder wenigstens ein Rumia-Horoskop, schwerlich entnehmen lässt. Bezüglich Mond und Sonne erfahren wir nur, daß sie Nachfahren von Rua-tupua-nui - jenem pit-o - great-growth - sind, gefolgt von Kometen, Perseus, Auriga und Gemini. Venus stammt von Capella, in Auriga, bei Merkur wird weiter nichts angegeben, als daß er hinter Venus kommt; Mars wird am Wintersolstiz geboren, Saturn zwischen Corvus und Leo, Jupiter in den Pisces: damit ist auf Anhieb kein Staat zu machen.
Nach mehreren Fehlschlägen gelingt den Göttern die Tötung des Oktopus, aber die Arme des toten Ungeheuers halten die Weltmuschel so fest umklammert wie zuvor. Und trotz gigantischer Anstrengungen gelingt es nur, den Himmel um, sozusagen, Centimeter zu heben; wir begegnen dort wiederum einigen der schor, bekannten Sterne, zu deren Gunsten so gewaltige Stemm-Aktionen unternommen werden. Zuerst bemüht sich Ru im Interesse von Beteigeuze; dann versucht sich Tino-Rua (Dual-body) zugunsten des unidentifizierharen Oropa'a. Es folgt Maui-tikitiki, der fordert, man sollte Rumia vorne und hinten abtrennen, lostrennen den vorderen, inneren und hinteren Pfeiler, also Antares, Spica und Aldebaran, sowie den Stehpfeiler Arkturus und den Ausgangspfeiler, alpha Columbae. "So Maui struggled with the sky for his king, Rehua-i-te-ra i (Pollux-of-the-sky) and he succeeded in raising it to a good height. But it was only raised; the lifting of the sky was not accomplished by Ru or Tino-Rua, nor by Maui. They just left the sky thrown together in a heap, upset by mountains and great forests." Gegenüber der hier vorgenommenen Identifizierung von Rehua mit Pollux (beta Geminorum), ist eine gewisse Zurückhaltung geboten.
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Außer Henry hat nur Ellis angegeben, Castor und Pollux hießen auf den Gesellschafts-Inseln Pipiri und Rehua (Makemson p.250, s.a.Best 56). Makemson (no.529, pp.249 f.) konstatiert: "Rehua, an important Maori star and an influential god, elder brother of Tane dwelling in the tenth heaven. Rehua has been variously identified with Jupiter by Tregear - der sagt aber nur "probably Jupiter" - (Colenso erwog Jupiter oder Mars (Best 56) - with Sirius by Stowell and with Antares by Best, and there can be no doubt that the name was applied to different objects in various sections of New Zealand." Kurzum, man muß versuchen, dem jeweiligen Kontext zu entnehmen, welcher Stern gemeint sei. Der Rehua z.B., dem von den Maori und den ausgestorbenen Moriori auf Chatham vorgeworfen wurde, er sei "Rehua enervator of man", "he burns up the weeds, his word concerning water is 'Drink thou up the water'," (Best 56, Makemson p.99) ist der Antares, Repräsentant der Sommerhitze auf den Inseln des Südens. Rehua ist unmißverständlich einer der hervorragendsten Himmelstützen bei den Maori (White 1,47), und eine ausnehmend wichtige: ihm wird das erste Feuer zugeschrieben (Fire was first kindled by Rehua, ibid.37), was nun wieder für einen Gemini-Stern sprechen würde. Elston Best meint (56):"Students of Maori myth are very liable to become confused over this name of Rehua, for it is not only the name of a star but also (!!) of one of the super-natural beings, termed Whatukura, who abide in the uppermost of the twelve heavens and act as messengers for Io, the Supreme Being. The name is also used as a sort of synonym for chieftainship; hence, when a chief dies, we hear the saying, Ko Rehua ka mate (Rehua is dead)." Die letztere Rolle würde für den Saturn sprechen, der Rehua-Mythen sind indessen Legion, und wir müssen darauf verzichten, ihnen nachzujagen.
/Best: Astr.57: "The offspring of Rehua... are the koko (= tui, a bird), and the inanga (a small fish often called whitebait).." Für den Vogel in Rehuas Haaren s.Grey 65ff. Best 58: "lehua...is a Hawaiian word, now obsolete, denoting the forest." Smith: Wh.w. 89 An.17: Rehu = sea-foam. Makemson Nr. 628: "Taumata-o-Rehua, Reflector-of-Rehua (Stowell); the Maori name for a group of stars in Canis Major forming the mirror of Sirius". Smith: Wh.w . 155 f.,14 über tuna, barracuta, inanga im Eridanus (Waihau), und Aufstieg des Tawhaki. S.a. Best 56: "Rehua is a star, a bird with two wings; one wing is broken, the other is whole. Under the unbroken wing is the Waka o Tama-rereti (Tail of the Scorpion)."/
Maui, der im Auftrage seines Königs Rehua tätig geworden war, band das 'Land' fest, vertäute den noch unzureichend gelüpften Himmel mit Seilen an den hohen Bergen fest, und flog hinauf in den zehnten Himmel, "the open sky of Tane", um dessen Hilfe zu erbitten. Tane packte seinen Werkzeugkasten, his working-basket, d.h. er sortierte die verschiedenen Kokosnuss- und Muschelschalen aus, die er benötigen würde, pfiff seiner weißen Seeschwalbe, d.i. Deneb, ergriff das "sky-measure", und dann flogen beide durch die neun Himmel hinunter. Der Passus, der von den Spezialaufgaben handelt, die Tane mithilfe dieser ausgesuchten 'Schalen' bewältigte, bleibt böhmisch: "The coconut shell was what drew out the face of the sand of Atea to the morning star...evening star...Castor and Pollux...Mercury." Tane markiert also wohl mit Hilfe der Kokosschale die Standorte von Ta'urua po'ipo'i, dem Dämmerungsstern (s.o. zu pongipongi) und von Ta'urua ahiahi, angeblich dem Abendstern, vielleicht Venus, vielleicht nicht, für die Gemini und für Merkur. Tane (411) stand in dem beengten Tal unter den strahlenden Schalen und blickte zu Atea. Er nahm große Holzstücke als Pfähle und Hebel. Wozu waren die Hebel gut?
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Sie taugten dazu, die Vorder- und Hinterseite zu strecken (?), das Innere und das Äußere, Whenua von Rangi zu trennen, den Wind abzuhalten, und als Pfeiler für den Rücken Ateas zu dienen. Tane "grub" und "bohrte" auf Atea herum, ungeachtet der Klagen Ateas, den die Muschelschalen und das Himmelsmaß schmerzten. Nach langem Bohren, Graben urd Stossen "Atea was quite detached and ascended upon high. Then Atea was free, and light came into the world."
"The arms of the great octopus, Tumu-rangi-whenua, who was conjured to death by Rua-tupua-nui, became detached from the sky, and they fell away south, and the great octopus became land, which is Tupua'i which remains there to this day" (Tregear 556: Tupuai the crown of the head, the top of a mountain.)
Man kann schwerlich sagen, aus den tahitischen Texten ergebe sich klärlich, welches Praecessions-Alter sein Ende durch Rua-tupua-nui, Tane und Maui findet. Der Augenschein spricht für das Ende des Aldebaran-Alters, denn dem Rumia-Himmel wird der Garaus gemacht, und dessen Hauptsäulen waren Antares und Aldebaran; beim näheren Hinsehen wächst die Ungewissheit, zumal auch der neue, nunmehr nicht mehr "confined sky" Rumia zu heißen scheint.
Zur Undurchsichtigkeit - nicht nur auf Tahiti - trägt erheblich bei der nachlässige Sprachgebrauch der Mythographen, den wir hier schon häufiger zu beklagen hatten: eine Formel-Garnitur, die eigentlich nur für das grundlegende 'Ereignis' geprägt worden war, wird unbefugter Weise auf ähnliche spätere Ereignisse übertragen, d.h. es werden die Unterschiede verwischt zwischen dem Hauptereignis, der Etablierung der Schiefe der Ekliptik, alias der Trennung von Ouranos und Gaia, und den sich anschließenden 'Katastrophen', zuvörderst dem Sich-entfernen der Aequinoktien von den Schnittpunkten von Ekliptik und Milchstraße in Gemini und Sagittarius. In anderen Weltgegenden resultiert aus dieser mangelhaften Terminologie das Durcheinander von 'wirklichem' Paradies, in dem es noch keine Zeit gab, und dem 'irdischen' Paradies, das rechtens nur Goldenes Zeitalter heißen dürfte, markiert eben durch Gemini, Sagittarius, Virgo und Pisces.
Die Hoffnung, die anschließenden Texte könnten Klärung bringen, ist eitel; weder dem Text "After the sky was raised" noch dem Kapitel "Disorder dispelled" lassen sich Fixpunkte entnehmen, und zappenduster wird es bei "Tane's voyage and struggle with Atea" (455- 8): der Text ist noch unergiebiger als der entsprechende von den Tuamotu-Inseln, mnd das ist deprimierend, da wir es entweder mit der Titanomachie oder mit der Gigantomachie zu tun haben, und beide Kosmos-Kriege sind von entscheidender Bedeutung. Gleichwohl muß die 'vertriebene Unordnung' abgekürzt wiedergegeben werden. Nach Hebung Ateas waren "the skies in confusion", Sterne, Sonne und Mond hatten keine geordneten Positionen, worauf Tane den Maui mit 8 Köpfen zu Rangi-tupua schickte, der sich im Lebenswasser-See bei Tane aufhielt und mit (Tane's) Seeschwalbe spielte, also mit Deneb in Cygnus. Rangi-Tupua flog herunter, und er und Tane machen sich ans Werk, wie die Schiffsbauer: "Tane measured the the spaces between ech sky with his sky-measure. Ra'i-tupua set the moon, the sun, and the stars in...the heaven from below, while his artisan, Ma-tohi, adjusted them from above.
/Ma-tohi, cf. Wh.w. 169-70, sieht nach Schalttag aus; Makemson p.233 f.erwägt Algol/
Atea became clean for the gods to fly through...The sky of Rumia became fixed and extended by those artificers." Und dann setzte Tangaroa, von dem seit geraumer Weise nichts zu hören war, dem Atea den Venus- Abendstern als rechtes, Frieden bringendes, Auge ein, Merkur aber als linkes und sagte dazu: "Let anger be kindled, let war rage upon the earth: thy left eye is Ta'ero, o Atea!"
/Tangaroa = Rangi-tupua?/
p55
Vor den Kampf zwischen Tane und Atea hat Henry zweierlei eingeordnet, 1) den Sonnenschlingenfang durch Maui, den wir aber im Zusammenhang mit anderen Maui-Taten betrachten wollen, 2) hat sie die Geschichte von "Tahiti-dem-Fisch" hier eingeschaltet (433-45), die wir hier oberflächlich zur Kenntnis nehmen. Das bare Faktum, daß das 'Zentrum' des tahitischen Kosmos, eben Tahiti, "umzieht" und erneut "befestigt" werden muß, dürfte Ihnen das in der Luft liegende 'Praezessions-Klima' fühlbar machen. Tahiti also entschwimmt als Fisch --die Ursachen klingen trivial -, es trennt sich von Hawaiki; gesteuert von Turahu-nui (Stability-the-great-conjurer, 438), artificer of Ta'aroa, kommt es am neuen Ort zum Stillstand. Es wird betont, daß es auf dem entschwimmenden Tahiti der Krieger keine Arii gab, und daß die Insel deshalb Tahiti-manahune hieß, was Henry mit "Plebeian Tahiti" wiedergibt: wir werden noch sehen, was es mit manune und mit den Menehune auf sich hat.
Der Fisch Tahiti stand für's erste, aber um eventuellem Weiterschwimmen zuvorzukommen, war es nötig, seine Sehnen durchzuschneiden. Dieses Unternehmen erwies sich als ungemein schwierig, weil Tahiti-manahune keine 'Götter' hatte: die Krieger schwangen ihre Äxte vergeblich, Tawhaki/Tafa'i rief Götter an, aber keiner antwortete. Da fuhren Tawhaki und sein Freund 'Ohu-na (Spun-around) mit einem Canoe "south to Tupuai" und suchten den dortigen König auf und schilderten ihm ihr Dilemma , die vergeblichen Versuche der Krieger, weil "Tahiti-manahune stands there without gods". Nach längerem Nachsinnen übergibt der König von Tupuai den Bittstellern eine Axt, mit deren Hilfe es dem Tawhaki tatsächlich gelingt, die Sehnen des Fisches durchzuschneiden und Tahiti fest zu machen.
/Name der Axt undurchdringlich, s.Habil.165/.
Der hilfreiche König von Tupuai am südlichen Solstitium trägt den Namen Marere-nui-marua-toa. Henry übersetzt: "Great-soarer-falling-from the-rock" - to soar = sich erheben, aufsteigen, sich aufschwingen, schweben -. Marere = to fall, to be in danger of falling, to get down; rua ist der oft besprochene 'pit', marua hingegen unauffindbar, to'a = stone, rock ... der Name gibt nichts her, es sei denn Anlaß zu nichtsnutzigen Spekulationen. Auf den erfolgreichen 'Krieger' und Axt-Besorger Tawhaki/Tafa'i kommen wir zurück.
Die Axt von Tupuai/Dezembersolstiz, gehandhabt von Tawhaki, brachte den Fisch Tahiti zum Stehen. Vom Abschneiden der Arme des Oktopus wurde uns keine anschauliche Schilderung gegeben - an Stelle dessen hörten wir viel von Graben, Auskratzen aus dem Sand von Atea, von Pflöcken und Hebeln. Abgeschnitten werden hingegen bei den Maori die Arme von Papa und Rangi, den Welteltern. Auch dies ging nicht reibungslos vor sich.
Es wird berichtet, daß die 70 Söhne von Rangi und Papa zwischen ihren Eltern geboren wurden und dort auch vorläufig wohnen blieben. Nur wenige dieser Söhne spielen eine bedeutende Rolle, nämlich Tu, Tane, Rongo, Tangaroa, Tawhiri und Whiro. Die Brüder, mit Ausnahme des Whiro, drängt es nach 'draußen', und einer nach dem anderen siedelt sich außerhalb der engverschlungenen Eltern an: das ereignete sich im 7.-10. Po (Wh.w. 120).Und dann schlug Tane vor, die Eltern zu trennen. In manchen Versionen werden verschiedene Methoden versucht, das Unternehmen glückt aber erst dann, als Tane sich auf den Kopf stellt, und mit den Fiißen den Himmel hochstemmt.