Nachdem wir Buttermaschine und Feuerdrill als Mechanismus
kennen gelernt haben, und anhand des Sturzes des bedauernswerten Phaeton
das Schicksal eines Planeten und die mit solchem Sturz verbundene
Parallaxis, seien ein paar andere Methoden kurz gestreift, mittels
deren ein überholtes Gradnetz wirkungsvoll zerstört, oder
aber das definitive Weltende herbeigeführt werden kann.
Man kann den 'Nord-Nagel' oder Welt-Nagel direkt angreifen.So sagen
die Lappen: "Wenn Arkturus am letzten Tag mit seinem Pfeil den
Nordnagel herunter-schießt, dann wird der Himmel auf die Erde
fallen und alles in Brand setzen."
Proklos beschuldigt in seinem Hesiod-Kommentar (Boll, in Rascher sub
Sternbilder 876) Alkor, den Fuchsstern - unser Däumling, Dümeken
über ?-Ursae [maioris] - er nage kontinuierlich an dem Jochleder
von Himmel und Erde - in eurasiatischer Folklore sind es zuweilen
ganze Rudel von Hunden und Wölfen, die nagen, nur ist das Joch
dann nicht aus Leder, sondern aus Eisen: wenn das Joch durchgenagt
ist, folgt das Weltende.Um das zu verhindern, müssen die Schmiede
am Gründonnerstag 3 kalte Schläge auf den Ambos führen,
dann wächst das weggenagte Eisen wieder nach. (Berge von diesbezüglichem
Material finden Sie in Axel Olrik's Ragnarök). -Von Alkor ließe
sich Stunden reden, über Ursa maior mühelos ein ganzes Semester,
vielleicht sogar zwei.Der klassischen Altertumswissenschaft zuliebe
nur eine Portion aufgewärmten Sauerkrauts: Elektra, die Stamm-Mutter
der Troer, war so verzweifelt über Ilion's Fall, dass sie ihren
Platz in den Pleiaden verließ, und sich als Fuchsstern in Ursa
maior einrichtete - dass Alkor der Fuchsstern ist, wissen wir aus
babylonischen Sternverzeichnissen... wieder mal keine Erfindung der
Griechen .
Weniger bedrohlich im Sinne eines Weltendes, wennschon klärlich
von einem Weltalter, oder 'Welt-Sub-Alter, handelnd, lautet das Motiv,
wenn ein klassischer Historiograph es handhabt, wie der Arrian (Anabasis
2.32ff., den weithin berühmten Gordischen Knoten, welcher sich
an dem Joch eines ländlichen Lastwagens befand, den der Midas
nach Gordion, der Hauptstadt Phrygiens, gebracht hatte. "This
knot was of cornel bark, and you could see neither beginning nor end
of it." Mit dem Schwert soll Alexander den Knoten durchgehauen
haben. "So at least say some, but Aristobulos puts it that he
took out the pole pin, a dowel driven right through the pole, holding
the knot together, and so removed the yoke from the pole."
In beinahe unkenntlicher Schwundform, wenn auch aufreizend durch perfekte
Sinnlosigkeit, begegnet uns bei Turkstämmen Südsibiriens
die "Vorstellung von einem durch 'einen kupfernen Pfeiler' bezeichneten
'Nabel der Erde', den unter allen 'Helden und Starken' nur der 'neunjährige
Held Kara Par' zu heben und herauszuziehen vermag." Jetzt frag
ich Sie, warum soll eigentlich Einer den Nabel der Erde herausziehen,
obendrein ein Held?
In solchem Falle ist es nützlich, sich der Worte (s. Org.Text??)
zu vergewissern - man kann garnicht häufig genug etymologische
Wörterbücher aufschlagen, möglichst miteinander rivalisierende
obendrein, und je älter sie sind, desto besser (Beispiel Autenrieth:
Homer-Lexikon, Schramm hat noch [eine] Auflage, worinnen Levy: 'Die
semitischen Lehnwörter im Griechischen' alsfort zitiert.Meine
Auflage erfolgte nach "Beschluß", semitische Sprachen
haben nichts mit idg.zu tun). 'Nabel' ist reichlich vieldeutig und
undurchsichtig, sobald man das Wort aus dem konkreten physiologischen
Kontext herausnimmt; aber Nabel und Nabe, nave and navel gehören
zu Sanskrit nabhi, und das meint beides, Nabel und Rad-Nabe. Wenn
es im Rigveda (ausgerechnet in einem der Shunahshepa-Lieder von den
Dioskuren, den Ashvinau, heißt "Ihr hieltet das Rad auf
dem Haupte des Stieres an, das andere fährt um den Himmel",
und Sie assoziieren des Nonnos Formulierung, krios mesomphalos Olympou,
so können Sie sich reimen, dass an der Rgveda-Stelle von Taurus
als mesomphalos die Rede ist, Nabe des Ekliptik-Rades; wo die Nabe
des den "Himmel" umkreisenden zweiten Rades ist, wissen
wir damit noch nicht genau -man sollte erwarten dürfen, es handle
sich um Polaris -aber erst müssen wir halt halbwegs adaequate
Fragen stellen.Antworten mögen sich später finden, oder
auch nicht.
Noch ein winziges Beispiel, das mir über den Weg lief und zur
Erheiterung bei-trug, weil es unscheinbarer ist als jenes vielgerühmte
Veilchen im Grase, und doch so deutlich bekundet, dass "a pole-pin"
und seinesgleichen,genau wie Skambha/Sampo, für das sphärische
Koordinatensystem steht. Im Indischen "Ozean der Märchenströme"
(Kathasaritsagara, Penzer 1, p.3) heißt es: "When ..Shiva
drove his trident into the heart of Andhaka, the king of the Asura,
... the dart which that monarch had infixed into the heart of the
three worlds was, strange to say, extracted" .
Genug vom Untergang der Welt, oder eines Weltalters: seien wir "positiv"!
Der, mehr oder weniger auffällige, Ein-Leiter, Ein-Führer
eines frischen, zu Beginn tugendhaften, neuen Weltalters muss, wie
wir erwähnten, den Himmel aufhängen, die Erde gründen,
und die Tiefe des Meeres messen. Auf die zuletzt genannte Maß-nahme
wird das allergrößte Gewicht gelegt: Himmelshöhe und
Erd-"Breite" zu kennen und zu beherrschen ist gut und schön,
aber der Teufel kann das auch! Ausschlaggebend ist die Tiefe des Meeres,
von wo man sich den chvarna, die Glorie, den "Kavischen"
Glücksglanz zu besorgen hat. Wer das Meer ausgelotet hat, versucht
sich an der Handhabung des himmlischen Bogens. Ist auch dies geschafft,
scheint einer gedeihlichen und ereignislosen Regierungstätigkeit
nichts im Wege zu stehen.Bis - wie es die periodoi der organa chronou
so mit sich bringen - neue Ver-messenheiten auftreten - da capo sin
al fine.
Im Enuma elish, dem sog. Babylonischen Weltschöpfungsepos (4.141;
5,117; 6.62) vermisst Marduk/Jupiter nach der Besiegung der Tiamat
die Welt (seine neue Welt): er stellt sich gegenüber dem Apsu
auf, der Behausung des Nudimud (Ea), misst die Dimensionen des Apsu
aus, und als Gegenbild zum Apsu bestimmt er Esharra, "seinen"Stufenturm;
er legt die Wege Anus,Enlil's und Eas fest, die Tierkreiszeichen,
die 36 Dekane.Hernach erhält er 50 neue Namen, und Ea/Enki verleiht
ihm obendrein noch seinen eigenen (7,141):
"His name shall be Ea. All my combined rites he shall administer;
all my instructions he shall carry out."
Das war auch ganz gut so, denn Ea scheint häufig, wenn nicht
kontinuierlich zu schlafen, und wenn die Mitgötter etwas von
ihm wollen, so muss er durch seine "Mutter" (Engur/Hubur)
geweckt werden. Ebenso verhält sich Kiho-tumu, Kiho-the-All-Source
in Great-Avaiki-the-Unattainable im Tuamotu-Archipel.
Auf der Insel Ogygia schläft Kronos in einer leuchtenden Höhle
und träumt, was Zeus vorausbedenkt, wie wir von Plutarch hören:
hosa gar ho Zeus prodianoeitai taut' oneiropolein ton Kronon.
Das klingt alles hübsch naiv, und es wird Ihnen vielleicht nicht
passen, wenn die Tonart plötzlich zu wechseln scheint.In einem
Stückchen Text aus des Proklos Kommentar zum Kratylos nämlich
(391A, 27,21 Pasqu. = Kern frg.155, p. 194f. Abel frg. 118), dessen
Dr.Saltzer sich freundlicher Weise des Näheren annehmen wird
- und sich bereits mit-angenommen hat.
Es heißt dort, dass der größte Kronos von oben her
(ho megistos Kronos anothen) die archas, die Anfänge oder die
principia, ton noéseon gab, der zu erkennenden, zu begreifenden
(Dinge, oder Phänomene).Und zwar gab er sie dem Demiourgen (Zeus),
und er (Kronos) steht der gesamten Schöpfung vor, oder beaufsichtigt
sie: kai epistatei tés holes demiourgias.Weshalb Zeus ihn auch
Daimon nennt, beim Orpheus: orthou d'hémeteren geneen, arideikete
daimon (orthou von ornymi, erregen, in Bewegung setzen): Setze in
Bewegung unser Geschlecht, ausgezeichneter Daimon.
Und es scheint der Kronos bei sich zu haben die höchsten Ursachen
der Zusammenführungen und der Trennungen : kai éoiken
tôn synagôgôn kai tôn diaireseon tas akrotatas
aitias echein par heautôi ho Kronos. diá men tôn
ouraniôn tomon proagon eis ta mére ten holoteta ten noeren
: stellen wir ein wenig um, vorausgesetzt Dr.Saltzer erlaubt es: tén
holoteta tén noerén tôn ouraniôn tomen proágôn
eis ta meré; indem er die "verständige" (oder
erst mal intelligible, rationale) Gesamtheit der himmlischen Schnitte
(Abschnitte) in die Teile hinein ""fortführt"
- ich schlage vor "über-setzt" im technischen Sinn,
wie ein Fahrrad eine Übersetzung hat; und indem er die Ursache
geworden ist des Fortganges von
von Zeugung und Vervielfältigung - kai prohoden gennetikon kai
pollaplasiasmon aitios ginómenos (pollaplasiamos kann auch
geradeheraus mathematische Multiplikation sein), und der Anführer
des ganzen titanischen Geschlechtes, von dem die Aufspaltung/Trennung
ton onton herrührt (aph'hes he dihairesis ton onton), dia de
ton kataposeon synagon ta heautou palin gennemata kai henizon pros
heauton kai analyon eis ten heautou monoeide kai ameriston aitian
, durch die Verschlingungen (=mehrfaches Auftrinken) aber zusammenführend
die von ihm wiederholt Erzeugten vereinigt er sie auf sich selbst
und löst sie auf in die einförmige und ungeteilte Ursache
seiner selbst.
Der Demiurg (Zeus) empfängt von ihm (par autou prosechos hypodechetai)
die Wahrheit (ten aletheian ton onton) und erkennt/begreift zuerst
"die in ihm" (ist ta onta zu ergänzen? kai noei ta
en autoi protos). Es weissagt/ prophezeit (manteuei) ihm aber auch
die Nyx, aber der Vater prosechos gibt ihm direkt (vielleicht sagte
mat.sogar "garantiert ihm") alle Maße der gesamten
Demiurgia: panta ta metra tes holes demiourgias endidósin.
Befremdlich, wie der Text zunächst klingt, ist er doch beruhigend
für jeden, der konkreten, schwierigen Sinn farbig-barbarischer
Phantasie vorzieht. Da er aber wirklich sehr schwierig ist, müssen
wir uns auf ganz wenige Bemerkungen beschränken.
Nr.l.
Sie sehen, bzw. hören selbst die Betonung von noesis, noeron,
noein.Im gleichen Kratylos-Kommentar (p.6 Pasquali) nun lässt
Proklos uns über den Pythagoras wissen, dass er dem Schöpfer
der menschlichen Worte nur den zweiten Weisheitsrang zugesprochen
habe; das Allerweiseste sei die Zahl.
"Was aber Pythagoras in seiner 'rätselhaften Ausdrucksweise'
(so sagt Proklos) unter Zahl verstanden habe, das sei die intelligible
Ordnung des Alls, der noetos diakosmos, der identisch ist mit dem
Nous. Unter dem aber, der den Dingen die Namen gegeben habe, sei nach
Pythagoras die Seele zu verstehen. Der Nous habe die Zahlen, die noera
eide; die Seele aber ahme den Nous nach, indem sie Namen gebe.Die
Namen seien Bilder jener reinen Erkenntnisformen; nichts Ursprüngliches
also, sondern Abbildhaftes, aber nicht Abbild der Dinge sondern der
eide." (Ernst Hoffmann: Die Sprache und die archaische Logik.Tübingen
1925, pp.8,22f.)
Angesichts so schwer-wiegender Ausführungen pflegt
man dem Autor, hier dem Proklos, seine historische 'Jugend' vorzuhalten,
und ihn damit in Fachkreisen zu entkräften - da es nun einmal
bequemer ist, von ''Zahlen-Symbolik' zu reden und im besten Freud'schen
Sinne zu 'verdrängen', dass die Götter Mesopotamiens Zahlen
sind (Anu 1 bezw.60, Marduk 50, Enki/Ea 4o, bezw.2/3,Ishtar 15 usw.usf.).
Wer schon des öfteren von mir angeödet worden ist, wird
sich hoffentlich des Proklos nicht auf so billige Weise entledigen,
sich vielmehr vague daran er-innern, dass die Maß-Norm die Hochkultur
überhaupt ermöglicht hat, und dass diese genormten Maße
abgeleitet sind vom Zeitmaß, dem einzig objektiven absoluten
und als Grundlage brauchbaren Maß , das die Natur dem Menschen
gegeben hat; die zweite von Mutter Natur gestiftete Garnitur von Maßen
sind die harmonischen Intervalle, und Sie wissen ja, mit welch unermüdlicher
Verbissenheit man pitch-pipes und Zeitzyklen, Intervalle und Planetenabstände
in Übereinstimmung zu bringen gesucht hat.
Kronos gibt die noera eide, die Maßzahlen.Und die Zeit des Timaios
ist "das nach der Vielfalt der Zahl sich bewegende Abbild der
in Einheit verharrenden Ewigkeit." Im 13.orphischen Hymnus wird
Kronos angeredet als der "immer junge, alles verschlingende und
neu zeugende Sohn des Aion, polymetis Titan, Sohn von Ouranos und
Gaia, festes Land (syndesmos) der Welt, verehrungswürdiger Prometheus".
Im Kapitel 87 des ?gypt. Totenbuchs sagt der Tote von sich:"Ich
bin
die Sata-Schlange, deren Jahre weit ausgedehnt sind (so Röder;
Budge: Whose years are many, litt. dilated with years). Ich sterbe
und werde wiedergeboren jeden Tag. Ich bin die Sata-Schlange an den
äussersten Enden der Welt."
Nun haben die Orphiker Chronos und Kronos gleichgesetzt, und dazu
wollen wir nur eine Stimme hören, die von Robert Eisler, der
es besser hätte wissen sollen (Weltenmantel 385):"Sprachlich
ist ein Zusammenhang mit dem seit Pherekydes und den Orphikern dieser
Gestalt (d.h. dem Chronos) unterlegte Kronos ganz ausgeschlossen..."
Sachlich findet er solches noch unhaltbarer, da solch "hoch ab-strakte
Vorstellung" von einem Zeitgott spät, später, am spätesten
sein müsse. Die Schriftgelehrten, die sich gegen die Gleichung
Xronos = Kronos ereifert haben, ist Legion.Gemeinsam ist ihnen allen,
dass sie niemals mit der Möglichkeit rechnen, Kronos könne
Kronos sein, der Planet Saturn. (Eisler hält ihn für den
Mond, und den Orion, räumt aber ein, er werde "auch"
im Planeten Saturn "verkörpert). Was nach den ehernen Gesetzen
der Sprachwissenschaft möglich oder nicht möglich sein soll,
ist gänzlich irrelevant, wenn es sich um, na: sagen wir "Persönlichkeiten"
("auch Agastya ist eine schwer zu fassende Persönlichkeit
)wie Saturn, Mars usw. handelt:Fachterminologie unterliegt eigenen
"Gesetzen" - und beim Xronos möchte ich darauf wetten,
dass jeder pythagoräische Fachmann an das ? des Timaios gedacht
hat: die Schiefe der Ekliptik, mit der messbare Zeit ins Leben trat
- in Mexiko nennen sie's Olin = Bewegung, in China ist es das "Symbol"
für Yin/Yang.
Kronos gibt die Maß-Zahlen.Der Gott des Alten
Testaments - Gott des Sabbats/Satur-day - schuf die Welt numero, mensura,
pondere. Ptah, Herr der Jahre (Herr des Jahres, und der Triakontaeteris),
ist Herr der Ma'at und Halter des Djed-Pfeilers, Enki/Ea Gebieter
der 'me', der Maße, Varuna der des indischen Rta; den hawaiischen
Kane/Tane sieht man in allen kritischen Sitznationen mit seinem "sky-measure"
herzufliegen, auf der Schulter seine "Seeschwalbe" (das
ist der Cygnus: derlei gibts in Polynesien nicht); wir würden
sagen, Kane hat den himmlischen Zollstock in seinem Handwerkskasten:
Holzkästen haben sie dort nicht, das Himmelsmaß steckt
in Kane's "working basket". In China hieß es, wie
erwähnt:" Huang-ti established everywhere the order for
the sun, the moon and the stars", und Granet (Civilization 12)
zitiert diesen Satz quasi als Beweis für den vorhergehenden:"The
Sovereign rules over space because he is master of time."
Dieses 'pattern' vom Maß-gebenden 'Gott' -den verdrängten
Saturn wollen wir ihnen im Moment noch nicht mal so stark ankreiden
- wäre längst männiglich aufgefallen, wenn nicht alle
Philologen darauf bestünden, "Wahrheit" zu über-setzen,
wenn "Maß" im Text steht, weil sie auf 'Religion'
gefasst sind - und da denunziert sie ihr Unbewußtes: Religion
bedeutet für sie 'irrational', aber nicht im Sinne von Wurzel
aus 2, Verdoppelung des Würfels und dgl., sondern im Sinne von
geglaubtem Unsinn. Die Ma'at hatten wir ja schon öfter am Wickel:
die Bilder allein sollten ausreichen. Eine Feder in der Wagschale
oder in der Mitte des Wagbalkens hat mit 'wahr' nichts zu tun, sondern
mit 'maß-gerecht'.
Nr. 2.
Die Maße werden von Kronos dem Zeus gegeben, fortlaufend. Im
persischen Minokheird (c.III. Eisler 410onach West) heißt es:
"The creator, Auharmazd, produced this creation... with the blessing
of Unlimited Time (Zorvan akarana)." Ahura mazda/Ohrmazd ist
der Planet Jupiter, wie Marduk, dem Enki/Ea ja auch kontinuierlich
beisteht.
Die Koppelung von Kronos und Zeus, Saturn und Jupiter läßt
sich m.E. einzig aus der bedeutenden Rolle verstehen, die allenthalben
die Große Konjunktion spielt. Last not least wurde unsere eigene
Aera dadurch eingeleitet, sogar durch eine 3 Mal wiederholte Große
Konjunktion, und das ist ein äußerst rares Ereignis., Die
Große Konjunktion wiederholt sich nach 19.9 Jahren. In 59.6
Jahren (59.5779 = Needham 3,408) produzieren Saturn und Jupiter selbander
ein Dreieck , dessen erste Spitze nach 41 Konjunktionen, rund 814
Jahren den ganzen Tierkreis durchwandert.
Sie begreifen, dass man solcher Konjunktionen bedarf,
um die größten 'Ereignisse' zu determinieren.D.h. angesichts
des Schneckentempos der Präzession braucht man ein-engende, auf
lange Sicht im Vorhinein berechenbare, und gewichtige, Faktoren, die
anzeigen, wann ein neues Tierkreiszeichen "angebrochen"
werden soll, wann die Glocken für solch ein gigantisches Sylvester
anheben sollen zu läuten. (Kepler hat für Moses Zeit eine
große Konjunktion, d.h. Anfang eines neuen 800 Jahr Zyklus ausgerechnet,
und vieles spricht dafür, dass Moses das Aries-Alter introduciert
hat. Ich darf an Vergils 4.Ekloge erinnern, an die allenthalben erwartete
Rückkehr des Saturn, nicht die eines vaguen 'Heilbringers').
Wir haben Zyklen, und Festzyklen von 59 und 60 Jahren,
z.b. die griechischen
Daidala oder das westsudanische Sigui-Fest der Dogon, das einzige
Fest, an dem alle Masken auftreten (bzw. -traten).
Vor 170 Jahren hat man auch noch in Europa ein wenig
besser verstanden, was
es mit dem maß-gebenden Saturn auf sich hat; Charles Dupuis
fand es nur "natürlich", dass dieser Planet "etait
le pere des annees et des siècles", und dass alle anderen
Zeitperioden ihm untergeordnet waren, da er das längste Zeitmaß
mit sich trägt, und alle anderen Umläufe sozusagen mehrfach
'enthält' (Orig. 1, 234,310, bei Schlegel 628).
Ganz so natürlich, wie Dupuis sich das dachte, ist es nicht,
speziell nicht mit dem "mehrfachen" Enthaltensein, denn
in den 30 Jahren gehen die anderen Perioden halt nicht auf - cyklische
Zeit scheint furchtbar schwer zu kapieren zu sein. Gleichwohl hat
Dupuis nicht ganz Unrecht. Die "Idee" ist die, dass Kronos
nach Aufschlucken aller Perioden den Zustand allgemeiner 'Gleichheit'
wieder herstellt, am Startplatz, ehe er sie neu 'zeugt'. Es ist das
Kennzeichen aller Saturnalien, dass urtümlich/goldene Gleichberechtigung
herrscht, dass für die Dauer des Festes Standesunterschiede nicht
gelten (umgekehrt: die Herren bedienen die Sklaven); häufig wird
eine Amnestie damit verbunden, Schulden werden erlassen u.dgl. Es
wird einem so schwer gemacht, das pattern zu begreifen, weil faktisch
erhalten nur die bare Idee ist, aber kein sinnvoller Termin mehr.
Das große Sabbat- oder Jobeljahr der Juden war fällig nach
49 Jahren; Cornford hält die Olympischen Spiele für ausgemachte
Saturnalien, und auch die Azteken begehen ihre Tezcatlipoca-Feier
mit Amnestie und allem, was dazu gehört, nach Ablauf von 4 Jahren.In
Rom fanden die Saturnalien an jedem Jahresende statt, und derartige
Unsitten haben auch die Polynesier angenommen.
Die Ägypter haben das Königsjubiläum nach 30 Jahren
festgehalten -die Perser noch im letzten Jahrhundert - aber da wissen
wir nichts von Saturnalienbräuchen. Das babylonische Akitu-Pest
heißt in unserer Literatur 'Neujahrsfest' - ich bin vorläufig
nicht davon überzeugt, dass dem so war (Saturnalien waren es!).
Dass so unhandliche Festivitäts-Zyklen wie 30-
oder 60-Jahr-Jubiläen nur in relativ ungestörten Gegenden
aufrecht erhalten werden können versteht sich (in Ägypten
also eher als in Babylonien, bei den Dogon leichter als an der afrikanischen
Nordküste).Dass man große Perioden in leichter manipulierbare
hinein-projiziert, ist eine häufige Erscheinung (vertrautestes
Beispiel: das Leben Christi wird in ein einziges Jahr hineingepresst);
dazu kommt aber noch die Tendenz, große und kleine einander
'ähnliche' Perioden miteinander in Verbindung zu setzen.So assoziiert
man zu den beinahe 30 Jahren des Saturn die beinahe 30 Tage des Mondes,
zu den ungefähr 12 Monaten, in der die Sonne umläuft, die
ungefähr 12 Jahre, die der Jupiter braucht. In China galten entsprechend
die Sonnenjahre für 'Monate' des Jupiter und jedes Jahr hatte
einen Jupiter-Monatsnamen. Da die europäischen Reisenden von
Sachkenntnis ungetrübt sind, mockieren sie sich über die
Javaner und Balinesen, die keinen besseren Gebrauch vom Tierkreis
zu machen wüssten, als die Jahre einer Dodekaeteris nach den
12 Zeichen zu benennen. Der 'eigentliche', d.h. theoretische "Neujahrs"-Punkt
des chinesischen Jupiterjahres ist im Sagittarius - auf den javanischen
Tierkreisbechern haben Sie ja gesehen, dass der Vogel beim Sagittarius
startet (Dodekaeteris Java und Bali: Maass, Tijdschr. 1924, 75,82f.).
((Nur in Klammern möchte ich betonen, dass man dieses Charakteristicum
der alten Kosmologie, nämlich das in Parallele, oder in 'Konzentritität'-setzen
von kleinen und großen 'verwandten' Perioden und Zeit-Punkten,
immer im Auge behalten muss; unter anderem, dass Mitternacht = Wintersolstiz,
Mittag = Sommersolstiz; so wurde etwa in Mexiko jede Nacht um 12 Uhr
das Muschelhorn geblasen, und das gehört bei den Maya (somit
bei den Azteken) wie bei den Griechen zum Wintersolstiz (Aigikeros/Capricornus
hat es "erfunden", daher wurde er verstirnt); und die gefürchteten
"Mittags-Geister" (Pan, Empusa, Artemis-Hekate, und die
Seirenes, oder gar die "Milchstraße als daemon meridianus,
Gruppe 7591) sind ohne das Sommersolstiz nicht zu verstehen: genauer,
ohne Sirius nicht zu verstehen)).
Die Chinesen geben uns aber noch weitere Winke, wie
wir unseren orphischen Kronos zu verstehen haben.
"Da man dafür hielt",berichtet Schlegel (631), dass
Saturn "imprimait le mouvement à l'Univers", und
sozusagen dessen König sei, so hing alles, was die irdischen
Könige betraf, von diesem Planeten ab.Auch sagt man, wenn der
König schlechter Laune ist, dass Saturn s'agite violamment.
Aus diesem Grunde ist Saturn das Domizil des Gelben Kaisers (Hoang-ti),
welcher [als] Gott dem Zentrum vorsteht, und den man deshalb che-tchou-niou
nennt , ou le Domicile du Pivot - der am Drehpunkt sitzt -ein Name,
den man dem Polarstern oder Zentralstern des Himmels gab "(cf.p.525).
"Consequemment, Saturne est la planète de l'Empereur ou
la planète imperiale, et on la fait présider aux quatre
saisons. Da es der Polarstern ist, der dem ganzen Universum die Bewegung
aufprägt (oder einprägt), und der Saturn dort seinen Sitz
hat, so ist man der Meinung, er, der Saturn, teile die Macht des Polarsterns
und regiere das Universum."
A b e r eben nicht alleine Saturn "partageait cette domination
avec la planète Jupiter qui régissait l'année
par sa revolution en douze grands mois ou années; aussi avait-elle
le même Domicile que Jupiter, domicile qui se trouve dans le
Pegase ."
Nun die 3. Bemerkung zu dem orphischen Bericht: Kronos "verschlingt"
beim Proklos nicht seine 'Erzeugnisse', er trinkt sie, und das ist
sehr viel be-deutungsvoller, als Sie zunächst annehmen mögen
und bringt uns zurück zur Tiefe des Meeres, die der Canopus am
Steuerruder der Argo beherrscht, Agastya, der das ganze Meer austrank,
weshalb die himmlische Ganga auf die 'Erde' transportiert werden musste.Agastya
heißt nun aber Khumbasambhava, der "Krug-Geborene";
er und Vasishtha enstanden aus dem Samen von Mitra und Varuna, der
in einen Krug (Kumbha) fiel; Vasishtha ist ?-Ursae maioris, direkt
bei ihm steht die gemeinsame Gattin der 7 Rishis, Arundati = Alkor;
zu welchem Planeten Vasishta gehört, habe ich verdrießlicher
Weise noch nicht herausgebracht. (Die Verbindung Canopus- ?-Ursae
scheint langlebig; Sprichwort der Araber ist: wie könnte Suhayl
as-Suha sehen? Canopus den Alkor).
Kanopos aber ist ein kompletter Krug-Gott, und er wird -wie wir von
Röder in der RE sub Kanopos erfahren - "mit ganz kleinen
Füßen dargestellt, mit zusammengeschrumpftem Hals und geschwollenem
"Bauch nach Art der Rydria mit entsprechend gerundetem Rücken.
Und der Rufinus unterrichtet uns in seiner Kirchengeschichte (II.26
- oder 16 -cf.Roeder + Casanova 112) obendrein über einen Wettstreit
zwischen Priestern des Kanopos und Baals-Priestern, in denen Kanopos
glänzend siegte - als personifizierter Melitta-Filter, dessen
Löcher anfänglich mit Wachs verstopft wurden, löschte
er das Feuer der Baalspriester .
Und Stephanus von Byzanz (bei Roeder, RE) erwähnt einen Tempel
des Poseidonos Kanobu. Ath. Kircher hat ihn, wie Sie sahen, zu einem
regelrechten Springbrunnen promoviert, ihn aber, so scheint es mir,
mit dem Gefäß verwechselt, aus dem er entstand, der Urne
des Wassermanns.