Der Versuch muß, wie mir scheint, gemacht werden, weil "Archaeoastronomy"
und EthnoAstronomie "in" sind, weil die Publikationen, Symposia,
Kongresse sich häufen, ohne daß man irgendwo einen Ansatz
zu verständiger Fragestellung gewahren könnte. Das macht:
es haben sich da 1) eine Anzahl höchst interessierter und mit
Sicherheit ehrenwerter Astronomen, Astrophysiker und Geodäten
eingeschaltet, 2) sind auch hier Social Anthropologists mitbeteiligt,
3) natürlich Velikowsky Fans und Däniken Anbeter, der detrimentalen
Journalisten nicht zu gedenken, die eine fette Weide wittern, kurzum:
ausschließlich Leute, die nicht die leiseste Ahnung von Kulturgeschichte
haben, und die schlimmer, das auch garnicht haben wollen...don't confuse
me with facts. Die historische Ahnungslosigkeit und, natürlich,
die Unkenntnis unserer Verordnungsparagraphen, speziell das Nicht
Gewärtigen einer Fachsprache, muß fatale Folgen haben,
wie Sie gleich begreifen werden, nachdem ich Ihnen ein paar wenige
Literaturangaben gemacht habe.
Den Stein ins Rollen, d.h. das öffentliche
Interesse an praehistorischer Astronomie, haben hauptsächlich
drei Leute gebracht, unter denen Gerald Hawkins vom Harvard Observatory
der Populärste ist, weil er spornstreichs bis ins amerikanische
Fernsehen vorgedrungen ist mit seinem "Stonehenge Decoded"
(als Delta Paperback zu haben); mit seine Methoden und Interpretationen
sind aber bei weitem nicht alle Experten einverstanden. Gründlicher,
länger und verständiger hat sich der Schotte Alexander Thom
mit sämtlichen britischen, z.T. auch französischen Megalith
Anlagen beschäftigt und tut das auch unverdrossen weiter.
Eine lesbare Zusammenfassung von Thom's
älteren Arbeiten nebst Ergänzungen aus deutschen Landen
frisch auf den Tisch finden Sie in Rolf Müller: Der Himmel über
dem Menschen der Steinzeit (Heidelberg: Springer 1970, Verständliche
Wissenschaft). Hawkins, Thom und Müller handeln von teils neolithischen,
teils bronzezeitlichen Steinsetzungen. Der ältesten Zeit, d.h.
unseres Jungpaläolithikums, hat sich Alexander Marshack angenommen
in mehreren Artikeln und in seinem Hauptwerk "The roots of civilization.
The cognitive beginnings of man's first art, symbol and notation"
(New York: McGraw Hill 1972), das sich durch unübertreffliche
Abbildungen auszeichnet. Eine stattliche Bibliographie von Elizabeth
Chesley Baity finden Sie in Current Anthropology 14 (1973) 389 449.
Ich nehme an, Sie beginnen meine grenzenlose
Abneigung gegen Sprachverrottung zu verstehen -"astra events"
ist noch nicht einmal das Ärgste , und Sie sehen wohl ein, wie
läppisch es ist, von "early man's astronomical interest"
zu reden, wenn nicht nach dem zureichenden Grund für dieses,
viele Jahrtausende brennende Interesse gefragt wird. Natürlich
ist es höchst erfreulich und dankenswert, daß Marshack
es wahrscheinlich gemacht hat, daß man im Magdalénien
über Mondphasen Buch führte und dgl. mehr, und daß
ungezählte Arbeiten über die Orientierung von Kultplätzen,
Gräbern usw. erscheinen, aber w a r u m sind Gräber orientiert
oder meridionalisiert oder borealisiert oder occidentalisiert? M.a.W.
wem frommt und wozu taugt die Etablierung der Tatsache des Orientiertseins,
speziell von Gräbern, wenn gleichzeitig unbeirrt weiter von einem
Totenreich im Innern unseres Planeten gefaselt wird, den die Schriftgelehrten
obendrein noch zu einem Pfannekuchen ernennen, da die Kugelgestalt
unseren Vorfahren entgangen sein soll?
Darüber hinaus aber: Felsbildern, ausgegrabenen
Knochenschnitzereien auf sog. Kommandostäben usf. kann man nicht
an der Nasenspitze ablesen, was sie bedeuten; Interpretationen sind
mehr oder weniger willkürlich, womit nichts gegen Marshacks Lunare
Notierungen gesagt sein soll, wahrscheinlich hat er recht. Indessen:
sind wir wirklich darauf angewiesen, uns stirnerunzelnd über
ausgegrabene paläolithische Hinterlassenschaften zu beugen und
zu r a t e n, was sie uns wohl zu sagen haben möchten? Oder gibt
es nicht vielmehr noch, oder hat es bis vor kurzer Zeit gegeben, Populationen,
die von der neolithischen Revolution und der vorderasiatischen Stadtkultur
und deren Erben überhaupt nicht oder nur ganz minimal tangiert
worden sind, also die sogenannten Wildbeuter in Australien, im nördlichsten
Asien, in Teilen Nordamerikas, im südamerikanischen Urwald und
auf Feuerland, in den südafrikanischen Steppen und Wüsten?
Sollte man nicht tunlichst d i e s e Völker verhören, um
in Erfahrung zu bringen, was unsere eigenen europäischen Paläolithiker
gedacht haben könnten?
Man muß, wenigstens oberflächlich, mit den Methoden und
Ergebnissen der kulturhistorischen Ethnologie vertraut sein, um zu
wissen, wo man sich, berechtigter Weise, entsprechende Auskünfte
besorgen kann. Unsere total ahistorische, wenn nicht sogar antihistorische
Unternehmergruppe "Archaeoastronomy" kann also nicht mitspielen.
Da sie zudem niemals auf Fachjargon gefaßt sind und auch noch,
unseren modernen Kategorien gemäß, die Stichworte "Astronomie"
einerseits und "Religion und Mythologie", andererseits sorgfältig
auseinanderhalten, kommen sie nicht auf die Idee, nach der "Astronomie"
dort zu suchen, wo sie steckt: in den Mythen und Riten der Wildbeuter.
Und eben darum kann ich nicht umhin, die, an sich ja doch erfreuliche,
Regsamkeit der vielen Hobby Archaeoastronomers für eher fatal
denn förderlich zu halten: Gott schütze mich vor meinen
Freunden, vor meinen Feinden will ich mich schon selber schützen.
In früheren Jahrhunderten verstand
es sich von selbst, daß man zur Erklärung der eigenen frühen
Überlieferung die Tradition weit weg lebender Steinzeitler heranzog.
Als Beispiel zitiere ich Ihnen einen passus aus dem 1724 erschienenen
vierbändigen Werk des erzgescheiten Missionars Joseph Francois
Lafitau "Moeurs des Sauvages Américains, comparées
aux moeurs des premiers temps11 (nach Schmidt Koppers 20):
"Ich habe mich nicht begnügt,
den Charakter der Wilden kennen zu lernen und mich über Sitten
und Gewohnheiten zu erkundigen. Ich habe vielmehr in diesen Gewohnheiten
und Sitten die Spuren des entlegensten Altertums gesucht. Ich habe
sorgfältig diejenigen der ältesten Schriftsteller gelesen,
welche von den Sitten, Gesetzen und Gebräuchen der Völker
gehandelt haben, von denen sie einige Kenntnis hatten. Ich habe die
gegenseitige Vergleichung dieser Sitten durchgeführt, und ich
gestehe, daß, wenn mir die alten Autoren Aufklärungen geliefert
haben, um einige glückliche Vermutungen hinsichtlich der Wilden
zu stützen, die Sitten der Wilden mir Aufklärung verschafften,
um manche Sachen, die sich bei den alten Autoren finden, leichter
zu verstehen und besser zu erklären."
Zugegeben, dazumal tat man sich noch leichter,
und als Jesuitenpater noch besonders: wer gezwungen ist, an das eine
Stammpaar Adam und Eva zu glauben, der kann gar nicht umhin, ein Diffusionist
zu sein. Mühe hatten Lafitau und seinesgleichen nur mit dem überaus
beengten Zeitplan, d.h. mit der Frage, w a n n die Indianer in den
neuen Kontinent gekommen sein konnten, denn das mußte ja unbedingt
nach der biblischen Sintflut passiert sein. (Mitunter können,
wie Sie sehen, falsche Voraussetzungen zu richtigen Resultaten führen).
Seit Lafitau spätestens hat man abgesehen natürlich von
den independent inventionalists nicht mehr ernsthaft daran gezweifelt,
daß anderswo auf unserem Planeten noch lebendig geblieben war,
was in Europa der Prähistorie angehörte, und das Problem
war nur, was jeweils wo weitergelebt hatte, womit wir wieder bei den
Kulturkreisen gelandet wären.
Die Behauptung der Dame Baity, rezente oder
historische Wildbeuter Kulturen zeigten kein Interesse an himmlischen
Phänomenen, ist downright falsch, noch sehr viel verkehrter als
ihre Annahme, vor Marshack sei es noch niemanden beigefallen, astronomische
Interesse bei Mesolithikern zu vermuten. Leo Frobenius hat derlei
vermutet, aber er hat den Gedanken nur so hingeworfen und nicht weiter
verfolgt. In seiner 1934 erschienenen "Kulturgeschichte Afrikas"
fragte er hinsichtlich der Magdalénien-Felsbilder (p.146):
"War es so, daß diese Mittelsteinzeitler, als sie in die
Wände ihrer sicherlich frommer Weihe dienenden Unterwelt ihre
Bilder einritzten, zwar Bilder von Tieren malten, aber das Wesen der
Gestirne, der Sterne, des Mondes und der Sonne im Herzen trugen?"
Kurz darauf redet er (ibid.) von der " 'Ersten Kunstperiode'
der Menschheit, in der die Künstler... die Tiere die Rolle der
Gestirne spielen ließen", später (187, s.a.188) von
der "Gestaltwelt der astralen Tiermalerei und Tierbildnerei...
in der Mittelsteinzeit. Die Umwelt des damaligen Kultus aber war die
Unterwelt, die Höhle das natürliche Heim der Nachtrolle
des gestirnten Himmels." Mit der deutschen Sprache stand Frobenius
nicht auf intimem Freundschaftsfuße, aber er hat gewittert,
daß man die gemalten Tiere nicht "beim Wort" nehmen
darf, nicht bei ihrer zoologischen Gestalt. Daß außer
Frobenius anscheinend keiner auf diese Idee gekommen ist, bleibt mir
rätselhaft, denn die mit der Steinzeitkunst befaßten Forscher
haben sich häufig die Frage vorgelegt, w a r u m die Bilder des
polychromen, sogenannten frankokantabrischen Großtier Stils
sich in den jeweils unzugänglichsten, stichdusteren Partien der
spanischen und französischen Höhlen gefunden haben, wo sie
ja niemand anschauen konnte, und wo der schiere Akt des Malens eine
enorme physische Anstrengung gewesen sein muß. Die Erklärung
von Leakey (Adam's Ancestors 154), es handle sich um eine Manifestation
des Magisch Religiösen (a manifestation of the magico religious)
ist reines Blabla; nicht umsonst ist in unseren Spielregeln der Gebrauch
derartiger Worte untersagt, die sich prompt einstellen, wo Begriffe
fehlen. Überlassen wir aber die Felsbilder erst einmal sich selbst
und schauen uns danach um, was uns Wildbeuter zu erzählen wissen,
über deren wichtigste und älteste Vertreter, die südafrikanischen
Buschmänner, Hermann Baumann sagte (Vkde 85): "Es ist erstaunlich,
wieviel besser die Buschmänner die Sterne kennen, als die negriden
Pflanzer." Aber auch da sind weder Ethnologen noch Naturwissenschaftshistoriker
imstande, sich einen Reim auf die Stories zu machen und zu ermessen,
was sie indizieren.
Ein Modellfall: der südafrikanische
Ethnologe I. Schapera referiert die Ansichten des deutschen Missionars
Wilhelm Heinrich Immanuel Bleek, der unser zuverlässigster und
kenntnisreichster Gewährsmann für die inzwischen restlos
ausgestorbenen Kham Buschmänner der Kap Provinz gewesen ist.
Khoisan Peoples 174 f.
In Wischnewski's Dissertation "Afrikaner
und Himmelserscheinungen" (P.51) lesen wir:
"Die Namen für Sterne und Konstellationen beziehen sich
bei den Buschmännern wie auch zum Teil bei den Hottentotten vielfach
nicht auf die Form und Gestalt, die sie am Himmel zeigen, sondern
auf die Zeit des Erscheinens. Dann scheinen auch die Sternbilder von
diesen Eingeborenen im Hinblick auf die sie umgebenden Geschöpfe
(Tiere) benannt worden zu sein, die zur Zeit ihres Sichtbarwerdens
besonders häufig vorkommen." Hinsichtlich südamerikanischer
Guyana Stämme sagt Zerries (Paideuma 222 f.): "Wenn im Laufe
des Jahres ein Sternbild am Himmel erscheint, vermehrt sich die betreffende
Tierart. Nach Roth (1924,715 f,) sind das Auftreten und die Stellung
verschiedener Sternbilder in Guayana mit besonderen Jahreszeiten verbunden,
und jeder solche Stern ist das dauernde Heim, d. h. der Geist desselben
Wildes..., in welches er sich zu der besagten Zeit verwandelt."
(s.a. Wildgeister 130).
Das klingt soweit alles ganz harmlos und nicht so, als ob man wirklich
aufhorchen müßte, außer daß Sie so beiläufig
über das wichtige Faktum unterrichtet werden, daß bei der
Prägung von Sternbildern Ähnlichkeit, also eine Abbildung
von Tieren, gar nicht beabsichtigt gewesen ist; tatsächlich ist
Scorpius das einzige Sternbild, das mit dem Tier, dessen Namen es
trägt, große Ähnlichkeit aufweist.
"Viele Sterne", hieß es da hinsichtlich der Buschmänner,
"viele Sterne und Sternbilder verdanken ihren Namen n u r der
Tatsache, daß sie zu gewissen Zeiten gesehen werden." Und
dann, irgendwann später, sollen Phantasie und Personifikationsdrang
einsetzen und "nur so" poetische Geschichten produzieren,
die am Himmel spielen. Die bare Tatsache aber, die hier wegwerfend
mit "nur" bedacht wird, nämlich daß der Lebensrhythmus
der Tiere mit dem Aufgang von Sternen verknüpft wurde, die sollte
Sie aufhorchen lassen. Denken Sie kurz ein wenig konzentriert nach:
wenn Sie Sterngruppen nach Tierarten nennen, die ihre Brut oder Vermehrungszeit
zur Zeit des Aufgangs dieser Sterngruppen haben, dann müssen
Sie vorher schon nicht nur über den Lebenszyklus der Tierarten
Bescheid gewußt haben, Sie müssen auch bereits festgestellt
haben, welche Sterngruppe im Laufe des Jahres wann heliakisch aufgeht,
und das bedeutet: Sie müssen auf jeden Fall mit der Länge
des Sonnenjahres vertraut sein wie auch mit der Tatsache, daß
jeden Monat andere Sterne vor Sonnenaufgang sichtbar sind.
Eben dieser entdeckte Sachverhalt muß notwendiger Weise diejenigen,
die ihn zuerst gewahrten, zu ausgiebigem Nachdenken und zu dem entscheidenden
Schluß veranlasst haben, das irdische Leben werde von den Sternen
geregelt. So wurde der Aufgang von Sternbildern zur U r s a c h e,
das irdische Geschehen zur Wirkung gestempelt. Um die gewonnene Einsicht
in den Zusammenhang zwischen Sternaufgängen und Vermehrungszeiten
der Tiere auszudrücken, hat man nun nicht nur Sterne und Sterngruppen
nach Tierarten, zuweilen auch nach Pflanzen, genannt, was ja eine
relativ unverbindliche Aussage darstellte und uns noch keinen Schluß
auf die Präponderanz der himmlischen Erscheinungen erlaubte.
Wir wären also auf's Spekulieren angewiesen, wenn uns die Wildbeuter
keine deutlicheren Auskünfte gegeben hätten. Das haben sie
glücklicher Weise getan, indem sie uns zahlreiche Mythen und
Riten hinterlassen haben, die sich um den, bzw. die Herren der Tiere
drehen, eine zentrale Vorstellung aller Wildbeuterkulturen, dis bis
in rezente Zeit auch bei solchen Völkern quicklebendig geblieben
ist, die zwar unter starken Hochkultureinfluß geraten sind,
bei denen aber Jagd und Fischerei nach wie vor eine bedeutende Rolle
spielen.
Der sogenannte "Herr der Tiere",
der in der Literatur auch unter dem Namen Wildgeist oder Buschgeist
umläuft (master, lord, owner, guardian of the game, maître
des animaux, genie des bois, Paulson in Supernatural Owners) hat,
um das das sog. 'Praktische' an den Anfang zu stellen, die Funktion,
die erlegten Tiere aus ihren Knochen wiederzubeleben. Das kann nur
klappen, wenn die Knochen unverletzt beisammen sind, weshalb denn
alle Jägervölker dafür sorgen, daß die Wildknochen
unversehrt und gebündelt dem Wildherrn zurückerstattet werden,
man hängt sie in Bäume, bestattet sie an bestimmten Plätzen
und dergleichen. "Sonst", sagen die Buschmänner, d.h.
wenn man Wildknochen zerbricht, "sonst vergeht das Licht des
Sternhimmels" (LF Kulturgesch.130).Weniger katastrophal, aber
noch schlimm genug: andernfalls entzieht der Herr des Wildes dem Jäger
das Jagdglück, er schickt keine "neuen", wiederbelebten
Exemplare auf die Erde hinunter oder er macht den Jäger krank."Der
Wildherr bestimmt, welches Individualtier sich erlegen lassen muß,
manchmal wird auch gesagt, z.B. bei den Abchasen im Kaukasus, ein
Jäger könne kein Tier erlegen, das nicht zuvor von dem Wildherrn
und seinen Töchtern getötet und verzehrt worden sei (Dirr,
Anthropos 1925, 140). Daß der Wildherr selbst Tiere verspeist,
Besitzer der Knochen ist, und daß aus "himmlischen"
Knochen irdische Tiere entstehen, erhellt sich auch aus den Angaben
der nordaustralischen Murngin (W.Lloyd Warner: A Black Civilization.
London 1937/1958, 542) über ihren "Great Father up there
in the sky", der zu den beiden Stammeshälften (Dua und Yiritja)
gleicherweise gehört: "He looks like an ordinary man but
he is much bigger...Everything everywhere, fish, iguana, kangaroo,
opossum, when he eats them he puts the bones in a pile and does not
let them drop down to earth.If a fish bone dropped down it would make
plenty of fish, or if a kangaroo bone dropped down it would make many
kangaroos. In fact, any animals bone that fell to earth would multiply
its species."
Von den ethnologischen Experten für Jägerkulturen wird ein
Unterschied gemacht zwischen "individuellen" und "kollektiven
Tierschutzgeistern" (Paulson 92), weil häufig so ein Tierherr
nicht für alle Tierarten zuständig ist, sondern nur für
eine bestimmte Gattung in welchem Falle eben jede Gattung über
ihren eigenen Schutzherren verfügt. Bei diesen Herren der einzelnen
Tierarten handelt es sich meist um ein, ausdrücklich als riesen.
groß bezeichnetes, Musterexemplar dieser Gattung, bei den für
mehrere oder für alle Tierarten zuständigen um ein anderes
Wesen, manchmal anthropomorph, manchmal nicht. Bei der für uns
wichtigsten Modell Population, den Buschmännern, ist es die Mantis
religiosa, die Gottesanbeterin Heuschrecke, Kaggen, der sog. Buschmannherrgott,
und Mantis scheut vor keinem Kniff zurück, um seine Pfleglinge
vor Jägern zu retten. So heißt es z.B. (Bleek:Mantis 12,
Übers.16): "Die Leute sagen, Mantis schuf zuerst Elentier;
Hartebeest war es, das er nach seines Elentieres Tod schuf. Das ist's,
warum er Elentier und Hartebeest nicht nur wenig liebte, er liebte
sie zärtlich ... Gemsbock war es, den er nicht so sehr liebte,
jedoch hatte er Gemsbock gern. Denn da sind Hasen, welche wir sehen,
wenn wir Gemsbock schießen, und diese Hasen rühren sich
nicht, weil sie wollen, daß wir sie töten. Wir sehen nach
ihnen, weil sie seine Hasen sind. Er will, daß wir die Hasen
töten, damit Gemsbock lebe. Und Gemsbock erholt sich, wenn wir
Hasen töten, denn er fühlt daß es Mantis ist, den
wir töten. Er wird zu Hase, weil er die Absicht hat, daß
wir ihn töten, damit Gemsbock sich erhole." Und dann wird
noch gesagt (Mantis 14, Übers.16): "Unsere Eltern pflegten
zu sagen, daß Mantis zwischen Elentiers Hörnern sitzt."
Was die Herren der einzelnen Tierarten angeht,
die, wie gesagt, meist als riesige Musterexemplare ihrer Gattung angesehen
werden, so haben sich da Unklarheiten eingeschlichen, denen zufolge
es zu dem Begriff des "Großtier-Kultes" gekommen ist,
dem unsere ersten homo sapiens Vorfahren gehuldigt haben sollen, zuvörderst
dem vieldiskutierten Bärenkult. Umfängliche Bären Riten
lassen sich zeitlich bis ins Jungpaläolithikum verfolgen die
Herausgeber der Time Life Serie "Frühzeit des Menschen"
datieren den Bärenkult ohne fromme Scheu ins Jahr 40 000 und
finden sich bei fast allen Völkern der nördlichen Landmassen,
angefangen bei den Lappen im Westen, bis zu den Tungusen, Kamtschadalen,
Ainu, bis zu einer großen Anzahl von nordamerikanischen Algonkinstämmen,
bis zu Kwakiutl, Tlingit und Nutka an der Nordwestküste und zu
einigen Präriestämmen; Spuren von Bärenriten ließen
sich sogar noch bei den Pueblo Indianern und bei den Maidu in Kalifornien
nachweisen (Hallowell 77 f., Koppers 1933, 48. Fehlanzeige bei Samojeden
und Eskimo, Hallowell 74, Koppers 48). In südlichen Ländern
sind an die Stelle des Bären andere Großjagdtiere getreten.
1945 hat der amerikanische Ethnologe Frank
Gouldsmith Speck eruieren können, daß der von den kanadischen
Munsee-Mahican mit feierlichen Riten geehrte und geopferte Bär
der Gesandte und Stellvertreter des himmlischen Bären ist, von
Ursa maior (The celestial bear comes d.own to earth. Reading, Pa.
1945). Wie in unserem beschleunigt vertrottelnden Jahrhundert nicht
anders zu erwarten, hat man von Specks Ergebnissen wenig bis keine
Notiz genommen. Vielmehr erschien 16 Jahre später (1961) eine,
ansonsten als Materialsammlung sehr brauchbare, Sammlung von Untersuchungen
über Tierherren und Buschgeister unter dem Titel 11The Supernatural
Owners of Naturel". Darin äußerte sich der schwedische
Herausgeber Ake Hultcrantz (60) zu der einzigartigen Bedeutung des
Bären: "It cannot in and per se be the bear's dangerousness
and strength that has given it this individual position...The cause
of the special position of the bear cult is rather to be sough in
deep lying historical conditions". Die Beharrlichkeit, mit der
man an sinnwidrigen Wörtern wie "übernatürlich"
klebt und nach "tiefliegenden historischen Bedingungen"
fahndet, anstatt sich auf Sternbilder umzustellen, ist erstaunlich,
macht Ihnen aber eher begreiflich, auf welche Weise Ihnen kontinuierlich
der Blick auf Kosmologie verstellt wird. Die Beharrlichkeit ist umso
erstaunlicher, als inzwischen andere einschlägige Arbeiten erschienen
waren, vor allem diejenigen von Otto Zerries, der alles verfügbare
südamerikanische, und einiges mittelamerikanische Material über
Sternbilder als Herren der Tierarten zusammengestellt hat. (Sternbilder
als Ausdruck jägerischer Geisteshaltung. Paideuma 5,1951,220
35; Wild und Buschgeister in Südamerika; Wiesbaden 1954; Wildgeiste
und Jagdritual in Zentralamerika. Mitt.Mus.Vkde Hamburg 25, 1959,144
50).
Da erfahren wir beispielsweise, daß
dem Oriongürtel die Buschhühner unterstehen, den Pleiaden
die Bienen, dem Kreuz des Südens die Strauße, die Tapire
anscheinend Taurus; die Toba (221) erblicken in zwei Sternen von Canis
maior oder Lepus den Herren aller Gürteltiere, bei den Taulipang
haben die Wespen ihren Herren in einem Centaurus Stern, bei den Paressi
und Bakairi heißt es generell, die Tiere am Himmel seien die
ältesten, die es gibt (nach vd. Steinen, Zerries Paid.222, Buschgeister
355). Von Guayana.Stämmen höre wir bezüglicher dieser
Herren des Wildes und der Pflanzen, die auch Kuyuha, d.i. Vater
oder Mutter der Gattungen genannt werden, der Kuyuha reise zur gegebenen
Zeit von seinem Stern zur Erde, zu einem Brutplatz, wo er sich mit
anderen seiner Art vereine, "bereit, in den neugeborenen oder
fruchtbringenden Organismen seinen zeitweiligen Wohnsitz zu nehmen,
die er so mit Leben und Tätigkeit begabt und nur mit dem Tode
wieder verläßt, wenn er in sein Heim in den Himmel zurückkehrt"
(Wildgeister 130) Wir erfahren darüber hinaus, daß "die
Brutplätze der Tiere auf der Erde, wo die Kuyuha ... sich einfinden",
Namen erhalten, "die identisch sind mit denen der Sterne",
so daß dann also ein Brutplatz der Strauße Crux australis
hieße usf.. Da begegnen wir einer Art von "uranischer"
Geographie, die man eigentlich erst den Mesopotamiern und Ägyptern
zuzuschreiben geneigt wäre.
Lange vor solch relativ neuen Nachrichten
konnte man bei dem schon erwähnten Jesuiten-Missionar Lafitau
aus dem frühen 18.Jh. nachlesen (1,360 f. bei Hultcrantz 60 A.29),
kanadische Algonkin Stämme seien der Ansicht, que chaque espece
a dans le ciel ou dans le pays des âmes le type et le modele
de toutes les autres, qui sont contenue dans cette espece: ce que
revient aux idées de Platon"; "daß jede Species
den Typus und das Modell aller Artgenossen im Himmel oder im Seelenlande
habe, was auf die Ideen von Platon hinausläuft". Letzterer
Vergleich hinkt, ist aber nicht ganz so verkehrt, wie er sich anhört.
Ebenfalls an Platons Ideenlehre fühlte
sich ein alter deutscher Reisender namens Lintschotten gemahnt angesichts
von Meinungen der Peruaner, Meinungen also, die aus einem ausgesprochenen
Hochkulturgebiet stammen (Bastianian; Culturländer des Alten
America 1,490,_603,s.a.Zerries: Wildgeister 131 f ).
Das peruanische Sternbild chuqui chinchay
in der Quechua Sprache bedeutet das "vorzüglicher Jaguar"
(Zerries 131) hat Robert Lehmann Nitsche (ibid.) für identisch
mit scorpius erklärt, zusätzlich einiger Sterne in Ophiuchos,
Sagittarius, Ara und Triangulum australis, was ich ihm vorläufig
nicht abkaufe. Darüber hinaus aber gibt Lehmann Nitsche an (1928,160
f.), "daß anscheinend in einigen Teilen Perus ein wirklich
lebendiger Tiger gemeint ist natürlich ein Jaguar .. als irdischer
Repräsentant des siderischen chuqui chinchay zu Kultzwecken gehalten
wurde."
Unter Hochkultureinfluß stehen auch
die Pawnee und die Cherokee und andere Populationen, die noch zu erwähnen
sein werden, aber Hochkultureinfluß bedeutet nicht, daß
alles und jedes, was solchermaßen Beeinflußte erzählen,
aus dem Import Paket stammt, seien Sie also unbesorgt.
Über die Cherokee berichtet Stansbury Hagar: (Boas Festschrift
354 f.):
"Den Ansichten der Cherokee gemäß ist jedes lebende
Wesen auf Erden der Abkömmling eines Ahnherren im Himmel, der
durch einen Stern oder eine Sterngruppe repräsentiert wird. on
diesem Ahnherren hat es alle seine Charakteristica erhalten; tatsächlich
wird der Ahne definitiv als der einzige wirkliche Vertreter seiner
Art angesehen. Seine irdischen Nachfahren werden nurmehr als dessen
Schatten oder Spiegelbilder oder, vielleicht passender, als dessen
Emanationen betrachtet. Daraus folgt natürlicher Weise, daß
der himmlische Prototyp unumschränkte Macht über seine Kinder
hat, an die er durch unwiderstehliche Sympathie gebunden ist, die
auf der Ähnlichkeit beruht. Wer irgendetwas hinsichtlich eines
Tieres erreichen will, muß erst die, jeder Spezies eignende
magische Macht überwinden, die das Tier von seinem himmlischen
Ahnen als Geburts Recht erhalten hat. Solches kann man nur erreichen,
indem man den unsichtbaren Ahnen besänftigt... Der Bären-Jäger
muß z.B. erst den himmlischen Bären günstig stimmen,
ehe er die Verfolgung eines Tieres aufnimmt, denn alle Bären
bleiben für den Jäger unsichtbar, wenn sie auf dem Rück
liegen, die Tatzen in die Luft, es sei denn, der Jäger habe die
für ihre Gattung gültige Jagd Magie erlernt. Es besteht
wenig Zweifel, daß diese interessante Doktrin von dem himmlischen
Prototyp Gemeingut der amerikanischen Indianer gewesen ist."
Nun, diese Doktrin war nicht nur Gemeingut
der amerikanischen Indianer gleichwelchen Kulturniveaus. Das erhellt
vorzüglich aus der imposanten Verbreitung der sogenannten Tierversöhnungsriten,
die keineswegs nur dem Bären gegolten haben; die Bären Riten
sind nur am bekanntesten, weil ihnen gute Publikationen gewidmet worden
sind, an erster Stelle die von Hallowell (Irving H.: Bear ceremonialism
in the Northern Hemisphere. American Anthropologist 28,1926, 1 175).
Ohne uns auf die detaillierte Beschreibung
solcher Kulte einzulassen, seien die folgende Punkte herausgehoben.
Man fängt, besonders in Nordasien, gerne ganz junge Bären
ein (Hall 121) und zieht sie in den Siedlungen auf. (Sie hatten vorhin
gehört, daß man sich zu Kultzwecken in Peru einen lebendigen
Jaguar hielt). Am Haupttage des Bärenfestes wird der aufgezogene,
oder andernorts der frisch eingefangene, Bär getötet, wobei
man ihm ständig gut zuredet. Das tote Tier, oder nur sein abgezogener
Pelz mit Kopf, wird in dem Fest
Zelt auf einem Ehrenplatz in aufrechter Stellung aufgebahrt, mit den
besten Speisen bewirtet und dann mit langen Entschuldigungsreden bedacht.
Nicht die freigebigen Gastgeber haben ihn getötet, das waren
ganz andere Leute, wenn der Bär nicht gar selbst an allem schuld
war. Die Giljaken beschuldigen die Kröte des Bärenmordes,
die Itälmen in Kamtschatka "die gewalttätigen Russen",
die Lappen nennen Polen und Finnen, die zu den Algonkin zählenden
Ojibway bezichtigen die "Englishmen". Entsprechendes hörten
wir von afrikanischen Jägervölkern bei Baumann (Nyama 216,Wildgeister
232 ff.): "man wälzt die Schuld auf andere ab, nennt die
Tötung einen Unfall, betont z.B., daß man 'nur das Elfenbein
des Elefanten als Handelsgut benötige', daß das Tier selbst
Anlaß zur Tötung gab usw." Auch "redet man dem
Leoparden vor, daß man ihn töten mußte, weil er sich
gegen die Gesetze vergangen hätte." Nicht anders gehen die
Guarayu in Brasilien mit Jaguaren um, die in die Falle gegangen sind;
sie bitten den toten Jaguar, nicht "an unseren Kleinen Rache
zu nehmen, weil du durch deine eigene Unwissenheit gefangen und getötet
worden bist. Denn nicht wir waren es, die dich getäuscht haben,
du selbst warst es. Unsere Männer haben nur die Falle aufgestellt
... sie haben nie daran gedacht, dich zu fangen." (Zerries 139)
Von dem rein jägerisch gebliebenen Stamm der Bugre (=Shokleng
= Kaingang) in Ostbrasilien wird von Ta- pir Zeremonien berichtet,
die laut Zerries (Paideuma 8,1962,106) "vollkommen an die Bärenzeremonien
der Ainu und anderer nordeurasischer Völker gemahnen. Der Körper
des getöteten Tapirs wird aufgerichtet, d.h. auf die Hinterbeine
gesetzt (!), mit 'Tapir-Gras', der bevorzugten Nahrung des Tieres,
bestreut und seine Seele mit freundlichen Worten beschwichtigt, auf
daß sie nicht die anderen Tapire vom Jäger fernhalte. Bei
den Selknam auf der großen Feuerland Insel (nach Gusinde 1931,
280.707, bei Zerries 1962, 105 6), einer einwandfreien Wildbeuter
Population, sagt der Jäger zum erlegten Fuchs, den er das Fell
abzieht: "Lieber Fuchs, ich bin dir nicht übel gesinnt.
Ich habe dich gern und will dir kein Leid zufügen. Aber ich benötige
dein Fleisch, weil ich Hunger habe, und für meine Kinder brauche
ich dein weiches Fell. Sei mir nicht böse. Eines Tages werde
ich ja wohl auch den oder jenen aus deiner Verwandtschaft erwischen,
ihnen werde ich dann gleichfalls das Fell abziehen. Damit werde ich
einen schönen Mantel zusammenstellen und das Fleisch werden wir
essen, wenn wir Hunger haben. Sei mir nicht böse, lieber Fuchs,
ich habe dich sonst sehr gern."
Solchermaßen versöhnte Tiere kehren heim und erzählen
im Himmel, wie gut man sie behandelt habe. "Das Versöhnungsritual",
so Baumann über das afrikanische Material, "das Versöhnungritual
wird oft geradezu mit der Aufforderung verbunden, dem Jäger andere
Tiere zuzuführen." Der Bär wird angeredet:"Du
darfst dich nicht ärgern. Befreit von deinem lästige Leibe,
eile freudig zum Herren der Berge und des Waldes"(ef. Hallowell
121,Ainu); "Sag deinen Brüdern, wie gut du es bei uns hattest
und sage ihnen, sie sollen auch zu uns kommen." Die Finnen, die
dem Bär erst einmal weisgemacht haben, er sei alles selbst schuld
(Holmberg 426) verabschieden den toten Bären mit den Worten (ibid.443):
Sag, wenn du hier weggegangen, in den Wald zurückgekehrt bist,
keiner hat mich dort mißhandelt, Waben gab man mir zu essen,
süßen Honigtrank zu trinken.
Die Lappen sind der Meinung, ein ordnungsgemäß
versöhnter Bär, dessen Knochen sorgsam aufbewahrt wurden,
"stehe wieder auf und ließe sich von neuem schießen",
und. von den Eskimo berichtete Rasmussen (bei Friedrich 31, n.1):
"Das Fell und der Kopf meines ersten Seehundes wurde draußen
auf dem Eis versteckt, damit ich später imstande sein sollt denselben
Seehund wieder zu fangen ... Dem toten Seehund tröpfelt man Wasser
in den Mund. Wenn er dann wieder Seehund wird, lässt er sich
gerne wiederum von dem Jäger fangen, der ihm Wasser gab. Zieht
man nach neuen Jagdgründen um, so soll man die Schädel der
erlegten Seehunde so hinlegen, daß die Augenhöhlen in die
Richtung des Reiseweges zeigen. Dann werden die Seelen der Robben,
die man schon gefangen hat, mitfolgen, und man wird sie im neuen Jagdgrund
wiederum fangen". Die Yuracare' in Ost Bolivien sammeln alle
Knochen von Landtieren, Vögeln und Fischen, "damit die Tiere
der getöteten Art nicht zornig werden und erlauben, daß
sie wieder getötet werden" (Zerries 169).
Die Knochen müssen, wie schon zu Anfang
betont, sorgsam aufbewahrt werden, "sonst", so hatten die
Buschmänner gesagt, "vergeht das Licht des Sternhimmels"
bzw. kann der himmlische Wildherr sie nicht erneut beleben. In Nordasien
werden Bärenschädel zuweilen noch besonders aufgebahrt,
ja, die Giljaken legen regelrechte Bären Friedhöfe an. Und
dieserUmstand hat Sachverständigen wie Hallowell, Koppers, Friedrich
zu denken gegeben. (Hall.161 f., A.696, Koppers 52, Friedr. ). Friedrich
bemerkt:"Zu solchen Bärenbestattungen weist die Vorgeschichte
Europa höchst bemerkenswerte Parallelen auf. Das Drachenloch
im Taminatal und andere schweizerische und süddeutsche Höhlen
//Mixnitz Steiermark, Koppers, Anthropos 27,1932,978 ff.11 aus mittel
wenn nicht frühsteinzeitlicher Zeit bergen Schädel und Knochen
von Bären, z.T. wohlgeordnet hinter künstlich aufgesetzten
Mäuerchen und in regelrechte Steinkisten eingebettet. Unter den
südfranzösischen Felsbildern finden sich neben Bison und
Eber, Mammut und Wildpferd auch des öfteren der Bär dargestellt,
worunter ein Bild in der Höhle Trois Frères,Arriège,
das den König der Wälder von vielen Pfeilen durchbohrt und
sein Blut von sich speiend zeigt. Bedenken wir, daß sich bis
in die römische Zeit hinein Spuren der Bärenverehrung in
Gallien und Helvetien nachweisen lassen...so können der Wahrscheinlichkeit
einer Blüte der Jägerkultur und des Bärenkultes im
steinzeitlichen Europa nicht verschließen." Es hat sich
auch niemand verschlossen und, wie schon erwähnt, verzeichnet
eine chronologische Tabelle in der Time Life Serie "Frühzeit
des Menschen" unter dem Datum von 40 000 den Bärenkult.
Zu den Bildern von Bären, die von Othenio Abel sorgfältig
gezählt und beschrieben worden sind (Abel + Koppers:Eiszeitliche
Bärendarstellungen und Bärenkulte.Palaeobiologica 5,1932,
7 64) allein in Les Combarelles fanden sich 20 (S.14) gesellt sich
eine Besonderheit in der Höhle von Montespan (Haute Garonne);
man sieht da "einen in Lehm modellierten Bärenrumpf (ohne
Kopf, während aber ein wirklicher Bärenschädel sich
zwischen den Vorderfüßen dieser Statue vorfand), der mit
zahlreichen kleineren und größeren Löchern versehen
ist", so als ob man auf die Figur geschossen oder eingeschlagen
hätte (Koppers 52). Einen ebensolchen, aus Lehm geformten Rumpf
fand Frobenius später im West Sudan: dort wurde einem Löwen
oder Leoparden das Fell samt dem Kopf abgezogen und über die
Lehmfigur gestreift. Noch später hörte Jensen in Süd
Aethiopien von einer kopflosen Tierfigur, mit der ängstlich geheimgehaltene
Riten verknüpft waren, aber die dortigen Ackerbaustämme
haben, bzw. hatten das Tier umfunktioniert: über die Lehmkalotte
werden Haut und Kopf eines jungen Stieres gestülpt, also eine
Haustieres. Erstaunlich genug, daß sich auch in Ostafrika diese,
nicht besonders naheliegende Sitte, wennschon entstellt, erhalten
hat.
Sie gewahren, hoffe ich, die Bedeutsamkeit
der Bärenkalotte in Montespan und die Bestattungen von Bärenschädeln
und knochen in schweizerischen, süddeutschen und österreichischen
Höhlen; sie besonders erteilen uns die Befugnis, die rezenten
Bärenzeremonien und die ihnen entsprechenden Riten zu Ehren anderer
Tiere geradenwegs aus dem Jungpaläolithikum herzuleiten. Dem
unentwegt Skeptischen könnte man u.a. mit Ljungman antworten
(in Hultcrantz 83):"Einen d i r e k t e n Beweis zu finden, der
das Bärenfest der schwedischen Lappen in die Steinzeit verlegt,
ist sicherlich zu viel verlangt."
Das Material über die Tierversöhnungsriten ließe sich
beliebig vermehren, und andere Zeugnisse ließen sich anführen
für die Unwilligkeit der alten Jäger, zu töten, bzw,
sich zu den von ihnen nolens volens veranstalteten Tötungsakten
zu bekennen. Am deutlichsten kommt das heraus in der im Jägergebiet
Afrikas verbreiteten Sitte, Tiere im Lauf zu Tode zu hetzen, was bei
manchen Stämmen zur Initiation der Knaben gehört (HB Vkde
31,80,91, 132:Ila). Noch Anfang dieses Jahrhunderts stellte Siegfried
Passarge fest (Buschm.d.Kalahari 71 f.): "Manche Buschmänner
vollenden...heuzutage noch das Kunststück, ganz allein eine große
Antilope zu Tode zu hetzen". Als der schon erwähnte Missionar
Bleek, dem wir beinahe alle Nachrichten über die ausgestorbenen
Buschmänner der Kap Provinz verdanken, einen seiner letzten Gewährsmänner,
Kabbo, im Gefängnis besuchte, ließ er sich erzählen,
was alles Kabbo nach seiner Entlassung tun würde, und da sagte
der u.a. Folgendes: "Am Morgen würde ich den Hasen jagen.
Ich würde ihn ...aus seinem Lager aufspringen machen und forttreiben,
bis er tot niederfällt. Daher schoß ich Hasen, damit ich
ihnen jagend den Tod mit der Sonne zugleich bringe. Daher jage ich
ihn in der Sonne, damit die Sonne ihn durch ihren Brand für mich
töte, damit ich ihn, von der Sonne getötet, esse."
Die Sonne also soll für Kabbo den Hasen
töten. Und da wäre noch etwas zu berichten, ein Erlebnis,
das Frobenius mit Pygmäen im Kongo Urwald hatte, und das ihn
möglicher Weise zuerst dazu veranlaßt hat, über "astrale
Tiermalerei" nachzudenken. (Kulturgesch.127 f. Urbild 16 18).
Frobenius meint dazu (128 30): " Dieser Maßnahme muß
eine sehr wesentliche und vielsagend Vorstellung zugrunde liegen,
die nicht ohne weiteres deutbar ist. Klar ist, daß Sonne und
Blut eine große Rolle spielen. Das Bild des Tieres ist augenscheinlich
mit dem Tiere selbst gleichgesetzt und ebenso auch wohl der Pfeilschuß
mit dem Sonnenstrahl. Hier scheint mir der lösbare Teil. Denn
ein Hinweis auf das über den Bärenkultus Wiedergegebene
zeigt, daß das ängstliche Streben dieser alten Kultusgesinnungen
darauf gerichtet ist, die Handlung des Tötens einem anderen zuzuschieben.
Die Giljaken machen die Kröte als Mörder verantwortlich"
usw. "So dürfte denn auch hier der Wunsch, eine andere Kraft
einzuschalten, als sittenbestimmend angenommen werden. Natürlich
braucht solche Interpretation durchaus nicht erschöpfend zu sein,
denn es folgt ja die Erklärung, daß das 'Blut der Antilope
die Jäger vernichten würde, wenn das Wiederauslöschen
des Bildes nicht bei Sonnenaufgang' vorgenommen würde. Also muß
das Bild nicht einfach vernichtet, sondern b e i S o n n e n a u f
g a n g zunichte gemacht werden. Demnach nimmt die Sonne mit einem
ersten Strahl das Leben des Tieres an sich, und mit einem zweiten
wendet sie die Gefahr der Blutrache vom Jäger, das heißt
wohl, daß die Sonne das Leben der Antilope zurückgibt."
Ich will diese Deutung nicht in den Wind
schlagen, aber wir müssen uns erst doch noch nach weiteren Wildherren
umtun, eben jenen, die kein Riesenexemplar der Gattung darstellen,
wie eben der erwähnte Buschmannherrgott, Mantis, der So listenreich
für seine Geschöpfe eintritt, zunächst für sein
geliebtes Elentier die männliche Elenantilope ist im Procyon
(alpha Canis minoris) zu suchen, die dazugehörigen Elenkühe
in alpha beta Geminorum (Wischnewski 71) sodann für Hartebeest:
das männliche Exemplar findet sich in Taurus, das weibliche ist
durch Betelgeuze markiert.
Wir haben aus diversen Kontinenten Angaben
über menschengestaltige Tierherren, über Zwerge, Männlein
mit rückwärts gekehrten Füßen, Mischwesen oder
Insekten z.B. ist bei den Naskapi auf Labrador eine bestimmte Stechfliege
die Herrin der Fische; Tierherren erscheinen auch im Wirbelwind, im
Feuer und in anderen Phainomena, und beinahe niemals läßt
sich auf Anhieb erkennen, um wen oder was es sich handeln könnte.
Zu den erfreulichen Ausnahmen zählen
die nordostasiatischen Tschuktschen, bei denen der Polarstern als
der Herr allen Wildes gilt (Bogoras:Chuckchee Mythology, 1912, 91).
Er besitzt Kisten (trunks, 96), gefüllt mit Seehunden, weißen
Walen, Walrossen, Grau und Blaufüchsen, Eichhörnchen, Hasen,
Rentieren und Wölfen, und er rühmt sich:" I am ...(a
possessor of) the Game Substance. I distribute it among the Lower
People ... I always look to (the wants of) the Lower People"
Sein ozeanischer Kollege bei den Giljaken, der Meeresherrscher, dessen
himmlischer Standort leider nicht angegeben wird, ist ein Greis mit
eisgrauem Bart, der mit seiner Frau auf dem Grunde des Ochotskischen
Meeres in einer Jurte haust. "In der Jurte gibt es eine Menge
K a s t e n mit dem verschiedenartigsten Fischrogen angefüllt,
den er von Zeit zu Zeit handvollweise ins Meer wirft. Damit sendet
er zu bestimmten Zeiten unübersehbare Heereszüge von Lachsen,
ohne welche der Giljake sein Leben nicht würde fristen können;
er ist es auch, der die Schwertwale aussendet, im Meere Ordnung herzustellen
und alle möglichen Tiere des Meeres dem Giljaken entgegenzutreiben.11
(Sternberg, ARW 8,253).
Außer dem generellen Tiereigner Polarstern
hören wir bei den Tschuktschen aber auch von einem gewissen Pic
vu'cin, einem "special owner" wilder Rentiere und überhaupt
des Landwildes. Er ist nicht länger als ein Finger, und seine
Fußspuren sind die einer Maus. Er pocht auf die strikte Einhaltung
aller alten Jagdriten und Opferhandlungen. Der Däumling fährt
auf einem winzigen Schlitten aus Gras; den Schlitten zieht zuweilen
ein Rentier, zuweilen eine Maus, und was für den Menschen Bären
sind, das sind für ihn Lemminge: er erlegt sie und lädt
sie auf seinen Schlitten (Paulson: Schutzgeiste 19611 61 f.). Bei
den Tungusen im Baikalgebiet ist ein weißhaariger Greis für
das Wild zuständig, und den wird von den einen nachgesagt, er
bediene sich zur Fortbewegung eine weißen Hengstes, von den
anderen, er benutze dazu einen Tiger (82 f.), während die Jenissei
Tungusen nur wissen, der Herr der Tiere lebe auf der "dritten
Wolke" der oberen Welt (85 f.). Während einer Jagd Zeremonie
begibt sich der Schamane auf einer sog. Seelenreise zu diesem "Herren
der Taiga und Tiere", um "von ihm verschiedenes Wild (d.h.
die ,Seelen' der Tiere) zu erbitten, die die Tungusen zu ihrer Nahrung
bedürfen" (86). Auch bei den Yukagiren gehörte es zu
den Aufgaben des Schamenen, "to travel to the Owners of the Mountains,
of the Earth, the Rivers, Lakes, the Ocean, and to the Keepers of
the separate species of animals, and, beg them for a plentiful supply
of animals during the hunt" (Jochelson bei Paulson 56 f.). Der
greisenhafte Tierherr der Jakuten gilt als besonders lustig und lärmend,
und die ihm beigesellte Herrin der Fische soll sich durch Heiterkeit
und Geschwätzigkeit auszeichnen (91 f.). Bei den Burjaten haben
die Pferde ihren Spezialherren und Beschützer, Solbon genannt,
und das ist der Planet Venus (Holmberg, FFC 125, 197 ff.). Wie wir
von Holmberg hören, heißt es, "der Stern sei ein großer
Pferdefreund, der mit einen Lasso in der Hand über das Himmelsgefilde
reitet. Er besitzt eine große Pferdeschar, die ein Knecht hütet".
In Mittelamerika, d.h. in Honduras und Nicaragua,
sagen die Tepehuana von dem Meister der Hirsche und Fische, er sei
ein Zwerg, der auf einem Hirsch reite; bei den Cáhita ist der
Häuptling der Tiere ein schwarzer Zwerg, bei den nordamerikanischen
Schoschonen ein Zwerg, der wie ein Kleinkind schreit und Bogen und
Pfeile trägt, von den Ute wird nur von einem "kleinen Mann
in den Bergen" geredet (Haekel, Mitt.Mus.Hamburg 25, 68). Bei
Maya Abkömmlingen im südlichen und zentralen Honduras gilt
"als eigentlicher Patron der Jagd und des Fischfangs, gleichzeitig
aber auch des Feldbaues ... Xulab, der Morgenstern. Man denkt sich
ihn als einen bärtigen, hässlichen Mann... Er war älterer
Bruder von Kin, der Sonne, und wurde später zur Venus. Nach einer
Tradition ist Xulab /Venus Eigentümer aller Tiere der Welt. Er
hält Hirsch, Peccari, Antilope, Truthahn, kurz alle Vierfüßer
und Vögel in G e h e g e n. damit die Menschen zu ihm um Fleisch
kommen können. Für seine Schützlinge hat er ein großes
Maisfeld angelegt. Von ihm wird folgende Mythe erzählt: Als einmal
auf Betreiben eines Zauberers seine Frau des Nachts sein hässliches
Gesicht beleuchtete und dazu lachte, sprang er auf, und alle seine
Tiere brachen aus ihren Umzäunungen und verstreuten sich nach
allen Richtungen. Erzürnt beschloß er, wegzugehen und zum
Morgenstern zu werden. Vorher ... übergab er jedoch den Herren
der Berge und Täler, den Mam , die Herrschaft über die Tiere
und sprach: Die Menschen können nicht länger mehr zahme
Tiere haben. Wenn sie aber meinen Gesetzen gehorchen, werde ich ihnen
Fleisch, Mais und andere Pflanzen geben. Mein Gesetz ist dies: Vor
der Jagd müssen die Menschen Nachtwache halten und in den Stunden
vor der Morgendämmerung für mich Kopalharz verbrennen und
mich um einige meiner Tiere bitten. Das soll geschehen, wenn ich noch
zuhause bin und ich mich noch nicht über den Horizont erhoben
habe. Am Orte der Jagd oder bevor sie ein Feld anlegen, haben sie
wieder Kopal zu räuchern und zu beten, aber diesmal zu den Mam's.
Denn die Mam's werden jetzt das tun, was ich bisher gemacht habe,
nämlich aus ihren Gehegen die Tiere in den Wald entlassen, damit
sie von den Jägern leicht erlegt werden können." Befehlsgemäß
beten die Jäger vor der Jagd zu Venus; ein Gebet lautet:"0
Gott, heiliger Stern, mein Großvater, meine Großmutter,
ich werde jetzt dein Herz belästigen, ich werde jetzt deine Kinder
stören. Wie es dein Wunsch ist, mußt du mir einige deiner
Tiere geben."
"Bei den Cuna in Panama gilt der Planet
Venus, genannt Pugsu, als ein großer Jäger. Wenn die Cuna
einen ganzen Wal auf den Klippen gelandet vorfinden, so glauben sie,
daß diesen Pugsu erlegt hat ... Pugsu ist linkshändig,
deshalb harpunieren linkshändige Leute am besten" Zerries,
Paideuma 5, 229).
Bei dem Ge-Stamm der Serente in Ost-Brasilie
"erscheinen die Planeten Mars und Venus in Menschengestalt den
von ihnen Auserwählten zuerst nachts im Traum, dann tagsüber
im Wald oder in der Steppe, immer an derselben Stelle, rufen sie zu
sich und lehren sie ein guter Jäger oder Medizinmann zu, werden,
wie wir von Curt Unkel, genannt Nimuendaju' hören, (1942, 85
f.) .'Der Jäger isst so viel als möglich von dem Wild, das
er nach der ersten Vision erbeutet, enthält sich jedoch dann
während der übrigen Zeit seiner Unterweisung des Fleischgenusses.
Gerade während seiner Zeit der Unterweisung durch den Planeten
Venus (die 12 Tage währte, s. Zerries: Geister 21) tötete
aber Nimuendajú's Gewährsmann eine überraschende
Menge Wild." "Der Planet Mars personifiziert in dem Dämon
Hieparowawa, erscheint ... gewöhnlich einem einsamen Jäger
auf dem Anstand. Seine Schüler bemalen sich den ganzen Körper
schwarz mit Ausnahme des Gesichtes, der Hände und Füße,
die rot bemalt werden, denn so ist das Aussehen des Daemonen. Wenn
sie ihm während der sechs tägigen Unterweisung im Wald zu
begegnen wünschen, schwingen sie an dem betreffenden Ort ein
Schwirrholz, das 'Brüller des Hieparo wawal heißt, und
sogleich erscheint der Dämon" (Zerries:Geister 21).
Auf welche Weise Mars und Venus zu ihrem Beruf gekommen sind, und
in wessen Auftrag sie dem Vernehmen nach handeln, entnimmt man weiteren
Angaben von Nimuendajú (bei Zerries:Geister 21): "In den
Tagen, als Waptokwa, d.h. Sonne, noch auf der Erde weilte, waren alle
Tiere Menschen (Nimuendaju Lowie 1944, 183 f.). Infolgedessen gab
es keine Jagd, und die Menschen aßen einander. Eines Tages boten
die Menschen Waptokwa gebratenes Menschenfleisch an, er aß davon,
war aber ärgerlich. Er rief alles Volk zusammen und schritt auf
einem freigelassenen Pfad mitten durch die versammelte Menge hindurch.
Da wurden auf der einen Seite alle in Tiere verwandelt; die aber auf
der anderen Seite standen, blieben Menschen. Seitdem essen letztere
kein Menschenfleisch mehr, sondern jagen und verzehren das Wild. Waptokwa,
die Sonne, aber ging darauf mit dem Mond an den Himmel. Mit dem heutigen
Jagdritual stehen Sonne und Mond bei den Serente... nicht direkt in
Verbindung. Denn seit ihrem Weggang von der Erde hat die beiden Gottheiten
(sie sind nicht mit den Himmelskörpern identisch, die auch einen
anderen Namen tragen) niemand mehr gesehen. (Nimuendaju 1942,85 f.).
Alle Verbindungen zwischen Waptokwa und Wairie (dem Mond) und dem
Menschen geschieht bei den Serente durch die Sterne. Sie gewähren
dem Menschen Wissen und Macht nicht nur als Agenten der zwei großen
Gottheiten, sondern auch in eigener Verantwortung."
Den Serente eignet eine exogame Zweiklassen
Organisation, und in diese beiden Klassen (oder moieties) werden möglichst
viele Phänomene eingeordnet. Die Mond und Nachtleute bemalen
ihren Körper mit Serien von Längstreifen, die Tag und Sonnenklasse
aber mit Kreisen (16 f.). Zur Gefolgschaft der Sonne zählen die
Planeten Venus und Jupiter, der Oriongürtel und kappa Orionis,
" who, strangely enough, is identified with Adam" Zum Monde
gehört als "most important companion" der Planet Mars;
dazu kommen die Pleiaden und die Aasgeier, "considered celestial
animals".Wo diese Aasgeier zu finden seien, ist unbekannt, so
unbekannt wie weitere Zuordnungen von Sternen und den restlichen Planeten
zur einen oder anderen Klasse, und Nimuendaju erklärt (83):"the
bulk of their ancient faith has dropped out of the memory of the present
generation', gemeint ist die Vorkriegszeit, heute ist der Fall ohnedies
hoffnungslos-speziell dank der kräftigen Nachhilfe von Missionaren,
die aber doch nicht verhindern konnten, daß christliche Persönlichkeiten
in das Dualsystem eingemeindet wurden; Christus wird mit der Sonne
identifiziert, Petrus mit dem Mond, "and a tailed black demon,
who lies in ambush for the souls of the dead, not with the devil,
but with the Pope."
Die Sonne, bzw. den Sonnengott finden wir als Tierherren u.a. bei
dem Guarani Stamm der Mbwiha in Paraguay (Zerries 18): "Namandu,
der Gott der Sonne, genau genommen, der Geist der aufsteigenden Sonne,
nicht das Gestirn selbst wird in einem Gebet vor Antritt der Jagd
von den Jägern angerufen: 0 Namandu, erlaube uns, ein Tier auf
deinem Wege zu töten. Führe die Tiere zu uns." Bei
den Selknam auf Feuerland gilt die Sonne anscheinend als Herr der
Fische (20 nach Gusinde 1931,711), für andere Tiere scheint der
Fuchs zuständig zu sein, dem auch die einzige Tierversöhnungszeremonie
der Selknam gilt, von der wir schon gehört haben. Nicht direkt
bei den Selknam, aber bei den nahebei im südlichsten Patagonien
wohnenden Haush übernimmt der Fuchs, "der gewöhnlich
in der Verkleidung eines Tricksters" erscheint (vgl.122 bei Toba)
eine sehr ähnliche Rolle wie der durch das Menschenfleischgericht
beleidigte Sonnengott bei den Serente.. Einstmals nämlich waren
alle Tiere zahm und lebten nahe bei den Behausungen der Menschen.
Dieser glückliche Zustand nahm ein plötzliches Ende, als
jemand dem Fuchs etwas Übelriechendes unter die Nase hielt. Dieser
wurde sofort wild und lud die anderen Tiere ein, ihm in die Wildnis
zu folgen, was sie auch taten." Wenn wir uns darauf verlassen
könnten, was wir natürlich nicht dürfen, der Fuchs
der Patagonier sei akkurat der nämliche wie der Fuchs, der Aguara
Runpa der Chiriguano, so wüßten wir wenigstens, wo er "zuhause"
ist: in Scorpius, genauer gesagt, in einer Gruppe von Sternen in Scorpius
und Ophiuchos; die Sterne kappa lambda ypsilon aber sind sein Spaten,
den er mittels einer Wette dem Herren der Gürteltiere abgewonnen
hatte (Nordenskiöld:Indianerleben 269 f.; Zerries 119); ihn selbst,
den Zorrodios aber sieht man so wenig wie den Tapir Gott, der in benachbarten
Sagittarius Sternen wohnt.
Über den in der Literatur am häufigsten
behandelten Tierherren, den Corupira der Tupi-Sprachen sprechenden
Indianern Brasiliens und des Amazonas Gebietes nur so viel: Er tritt
meist als kleiner Mann von3 Fuß Höhe auf; er ist "kahlköpfig,
aber am. ganzen übrigen Körper mit langen Haaren bedeckt,
mit nur einem Auge, mit blauen oder grünen Zähnen, großen
Ohren, mit Beinen ohne Gelenke, die Füße immer rückwärts
gebogen und von außerordentlicher Körperkraft" (Teschauer,
Anthropos 1,1906,26, Zerries 9). Zuweilen reitet er auf einem Hirsch,
auch auf einem Kaninchen, meistens aber auf einem Busch oder Wildschwein.
Immer schwingt er eine Peitsche oder Gerte, womit er gegebenenfalls
die Hunde der Jäger züchtigt, um sie dann festzubinden,
bis sie Hungers sterben. Was Korupira, genau wie die zentralamerikanischen
Mam, die Beauftragten von Xulab /Venus, besonders verübelt, ist,
wenn Jäger Tiere nur verwunden, anstatt sie waidgerecht zu töten,
angeblich weil ihm, dem Korupira, dann die beschwerliche Arbeit zufällt,
Heilkräuter zu suchen, um das verwundete Wild zu heilen. (Zerries
11). Für Tabak zeigt er sich immer empfänglich: schenkt
ihm der Jäger welchen, so verleiht Korupira ihm Jagdglück;
der Wildherr der nordasiatischen Yukagiren indessen bevorzugt Brandy
(Paulson 60).
Bei den Sipáia-Tupi (am Xingu. Zentralbrasilien)
reitet nicht der Kamaphari selbst auf einem Wildschwein, sondern sein
Vetter, der sich einst an Kumapharis riesiger Wildschwei Herde vergriffe
hatte, bzw. das tun wollte. Ursprünglich waren alle diese Wildschweine
Menschen gewesen, aber sie hatten Kumapharis Zorn erregt, weswegen
er sie verwandelte und in einen Felsen verschloß. Besagter Vetter
wollte sich an diesen Privat Wildschweinen vergreifen und ließ
sie alle aus den Felsen heraus. Zur Strafe setzte ihn Kumaphari auf
ein (aus einem Korb hergestelltes) Wildschwein und ernannte ihm zum
Herren dieser Species. "Er ist ein kleines Männlein, das
auf einem Tier der Herde reitet. Wenn man auf ein Wildschwein schießt,
so hört man ihn oft die anderen durch einen Alarmruf warnen"
(Nimuendajú, Anthropos 14/15 (1919/20, 1013 f , Zerries 93)
Ohne hic et nunc Schlüsse daraus zu ziehen, sei vermerkt, daß
die Sipaia die Milchstraße "Wildschweinpfad" nennen
(hozabapa,Nimuendaju 1012).