Germaine Dieterlen und Marcel Griaule (Paris, 1965)

Der "helle" Fuchs

Kapitel I

AMMA

Erschaffung der sene. Erschaffung der "ersten Welt". Zerstörung der "ersten Welt".


(Teil 1/ Part 2, Schöpfung)                                                                                                                                                     

2. Erste Genese

Als Amma dachte und dann die Welt, die er erschaffen wollte gemalt hat, wagte er versuchsweise von jedem Material ein wenig zusammen zu mengen , das dann Fleisch von seiner eigenen Person bildete, etwas Schmutz, dem er noch seinen eigenen Speichel hinzufügte. Dies knetete er behutsam mit seinen Händen und formte daraus nach Art eines Samens das i, (ein Kind nennt man auch i); die Teile, die seiner Hand entglitten, wurden zu "Wurzeln". Als Resultat dieser ersten Arbeit entstand der Samen des sene na Baumes, die erste aller Pflanzen. Das Werk wird im Gedächtnis behalten durch einen der Namen, die dem Schöpfer zueigen sind, "Ammma der Kneter", (amma manane). Der oval geformte Samen, vergleichbar mit dem "Ei eins Huhns" (ene talu), enthielt vier Elemente und die Prinzipien aller Wesen. Er war viel dicker als später dann die anderen Samen, vor allem die der Getreidesorten.
Man sagt, daß Amma, um den sene na zu erschaffen, sich geräuspert hat, woraus dann Erde wurde; sein Speichel wurde zu Wasser; er hat zum Himmel hin ausgeatmet, die wurde das Feuer; er hat stark geschnauft, dies wurde der Wind. Er hat die Elemente nicht vermischt, sonder hat sie aufeinandergelegt: zuunterst die Erde, dann das Wasser, dann das Feuer und oben auf die Luft. Um den sene na zu erschaffen hat Amma die in "vier Teile" getrennten Dinge aufeinander gelegt . Man sagt auch, daß die vier Elemente des sene die "vier Daumen- und große Zehennägel von Amma" sind. Eine Graphik, die Fundament des sene genannt wird, mit vier (Elementen) aufgeschichtet - so wie man den lebe Altar des Fuchses errichtet - stellt den Samen (Kreis) und die 4 Elemente dar, willentlich asymmetrisch und aus der Mitte verschoben gemalt (Fig. 12).

 

Fig. 12:


Der Vorgang, der sich im Innern des kugelig ovalen Eies von Amma durch die Aufeinanderschichtung der Elemente abspielt, ist vergleichbar mit der Erzeugung eines Nests senu, woher der Name kommt, dem der Same gegeben wurde, sene i . Diese Aktion ist auch verbunden mit der Etymologie des Wortes, das den Baum im allgemeinen meint, timmu, das von timme, "aufschichten" abstammt.
Erinnern wir uns nochmals an die Gestaltung des primordialen bummo und an das des sene, denn davon heißt es: "Das Wasser ist die Nahrung , der sene stellt das erste erschaffene Ding von Amma dar" .


Erschaffung der "ersten Welt"


Beginnend mit dem Samenkorn des sene na und dessen Baum, von dem man sagt, sie waren die "Dinge, die in der ersten Welt erschaffen wurden" . Amma schuf ein erstes Universum. Über diese Schöpfung, die im Geheimen in den Schlüsselbeinern von Amma durchgeführt wurde, weiß man wenig, denn sie wurde zerstört; man kann davon nur skizzenhaft reden. Er begann mit dem Pflanzen eines Samenkorns der Gattung Acacia Faidherbia (sene i), das die Form der Dornen des heutigen Baumes hatte, auch vergleichbar mit einem Glöckchen, ganana, das oben zugespitzt endet. Auf der Spitze dieses Dorns nach oben gerichtet, war eine umgekehrte Kalotte (Schale?) angebracht, desselben Holzes in Form eines Deckels, und hatte an einem Ende eine pilzähnliche Ausbauchung als Handgriff. Diese Kalotte wurde umgedreht, um alles zu empfangen, was es "im Himmel" gab, und wurde dann wieder zur "Erde hin" umgedreht. Drum herum und im Innern waren die Zeichen. Er konstruierte mit Hilfe eines zweiten Dorns, der nach unten wies, mit dem ersten eine Achse, um die sich die Kalotte drehen konnte, Symbol des Raumes, wobei dessen Teile folgende Bedeutung haben: die Ausbauchung ist die Erdkugel, aduno gunnu, die die Samen der Wesen und der Dinge enthielt. Die Kalotte selbst, die sich oberhalb der Ausbauchung ausdehnte, stellt die Expansion der Welt dar (aduno ginnay), (Fig. 13 A).

Fig. 13 A, B

Das ganze wird die "Hand des Fuchses" genannt, denn die Keime, um in die Welt geschleudert zu werden, werden wie von einer Hand gezogen, die selbst wiederum ein Übergang ist; man sagt auch, daß die "Keime durch eine Hand verstreut werden". Man sagt auch, daß Amma die Dinge des sene eins auf das andere gelegt hat, und an zweiter Stelle die "Hand" selbst (Fig. 13B).
Dieser ganze Apparat stellt die Welt, aufgestellt auf nur einem Bein dar, die sich um sich selbst dreht und die Keime enthält die durch den Kontakt mit den zwei Dornen befruchtet werden; der obere Teil ist der "männliche Himmel", der untere die "weibliche Erde". Seine Glockenform, Symbol der Vergrößerung durch die Multiplikation, erlaubte es den Dingen durch ihr eigenes Gewicht herabzufallen, um den gunnu (Schale, die die Keime enthält) zu passieren, und als gefiltert, geläutert und wahrhaftig daraus hervorzugehen.
Die Schale drehte sich langsam zwischen den zwei Dornen (dies erinnert an den Kreisel der ponnu-Frucht) . Wenn man die Geschwindigkeit erhöhte, zersprang der Apparat, und alle Samen flogen heraus. Die Samen hatten sich in der Kalotte entwickelt, wobei Amma sie immer hin und her drehte. Das war wie eine Befruchtung der Keimlinge, die dann vergossen auf eine "Erde", wohin sie durch ihr eigenes Gewicht fielen, in der Folgezeit eigenständig entwickelten, währendem die zwei Dornen sich wieder verbanden.
Dies ist das erste Funktionieren der Welt, wie sie nun beschrieben wird: "Amma hat die "Hand des Fuchses" zwischen die zwei Spitzen (die eine von oben und die andere von unten) gestellt, und darin entstanden die Dinge. Amma ließ dann die "Hand des Fuchses", die sich in der Mitte befand, drehen, und alles, was sich im Innern befand, flog heraus; alle Arten von Dingen flogen heraus. Die Hand des Fuchses, die da oben als Bauch erschien, enthielt alle Sorten der Dinge der Welt; durch das nach unten drehen, flogen (alle Dinge) heraus. Dann bremste Amma langsam die Umdrehung der Hand, die zwischen den oberen und unteren Spitzen der zwei Dornen war und hielt sie an, und die zwei Dornen, die nun in Ruhe waren, waren wie eine Frau und ein Mann, die miteinander schliefen und sich vereinigten (wörtl. eintraten). Diese zwei Dornen (stellten dar) die Vereinigung von Himmel und Erde" .
Als die Keimlinge herunterfielen, sagt man, daß die leere Hand "abmagerte" und die flache Form der aktuellen Hand des Fuchses annahm.


Zerstörung der ersten Welt


Aber Amma hat zu viele Dinge in diese erste Schöpfung gesteckt; andererseits war das Aufeinanderschichten nicht besonders wirkungsvoll; er scheiterte. Denn im Moment des Drehens verließ ein wesentliches Element, "das Wasser", die Gesamtheit. Deshalb unterstreicht man, daß dieses Zerstreuen der Elemente, die im Samen enthalten waren, der Schöpfer der Unordnung war, und man sagt, daß der Samen des sene weder lebendig noch tot ist , weder Pflanze noch Baum, noch niemand, "denn es ist das Schachmatt von Amma".
Amma war nicht gerade zufrieden mit dieser durch den sene erschaffenen Welt, das einen ersten fehlgeschlagenen Versuch darstellte, ein erstes Einüben. Er gab sie auf, zerstörte sie und bewahrte auch keine Skizze dieser Schöpfung mit dem sene auf, das den Keimling selbst und die vier Elemente, die er enthielt, sowie gewisse Keimlinge von wilden Samen, die sich später einmal entwickeln sollten.
Diese Ereignisse werden bei der Grundsteinlegung unter dem Altar des Fuchses durch eine Graphik dargestellt (yurugu lebe). Sie verbindet die "Hand des Fuchses", yurugu numo, mit den vier Elementen, die im sene enthalten sind und von Amma erhalten wurden. Sie besteht aus vier yala, sene i yala genannt, ins Zentrum gemalt und von Ost nach West orientiert, mit zwei umgekehrten Händen, die im Norden und Süden angebracht wurden (Fig. 14) .

Fig. 14

 


Und Amma entschloß sich, sein Werk wieder aufzunehmen, ein anderes Universum zu erschaffen, diesmal mit dem Menschen als Grundlage. Diese neue Welt wird - schon in den bummo, dem Bauch der Welt, enthalten und vorgeformt (siehe Fig. 3) - in ihrer Fortentwicklung durch eine Serie von Zeichen, die die Etappen bezeichnen, dargestellt. Sie wird auch in einer anderen Technik angefertigt, in der nicht nur das Aufeinanderschichten sondern auch das kontinuierliche Mischen und Verrühren der Elemente, Voraussetzung ihrer vollkommenen Integrierung sind.
Man sagt vom sene, der von Amma errettet wurde und seinen Platz im zweiten Universum haben wird: "der sene ist der gegenwärtige Zeuge einer alten Schöpfung , die man "vorvergangene Welt" nennt. Er wird in die zweite Welt fundamentale Elemente übertragen, die ihm Amma anvertraut hat.
Der sene war und bleibt die erste Pflanze, die von Amma erschaffen wurde; da die "Erste Welt" durch die Mithilfe einer Pflanze realisiert wurde, wird in der zweiten Welt diese Pflanze wie eine "Person" betrachtet. Man opfert ihm jährlich auf dem Thron des sene na, auf dem "Familienhausfeld" ginna minne, und dieses Opfer gilt für alle Pflanzen. Man sagt: "Das dem sene angebotene (geweihte) Opfer ist (gilt) für alle Bäume; die Bäume sind wie die Nommo, wie eine Person" .Die Tiere, die die Blätter des sene fressen, reichern in sich das nyama des Baumes an; ihre Exkremente dienen dann zum Wachstum des Getreides und der anderen Pflanzen. Die Menschen nehmen diese Kraft durch das Essen der Samen der Früchte und Blätter der verschiedenen Pflanzen auf und geben sie wieder überall der Erde und den Steinen zurück. Die Alten, kurz vor ihrem Tod, schlafen auf sene Matten. In den Häusern wird die Wassertonne aus dem sene Holz hergestellt; sie wird bei Begräbnissen vom Besitzer vor der Tür, die zum großen Platz zeigt, aufgestellt. Denn dieser Ritus vereint die Zeugen der alten Welt mit der neuen, dargestellt durch das Gewebe, alle beide Symbol von Ammas "Wort".


 

Unsere Anmerkungen:

 

Originalanmerkungen:

[1]

[2]

zu (Teil 1/ Part 3) Noch in Bearbeitung

zurück/back

(Hinweis:
Wir verwenden hier unveröffentliches Material, das vom französischen Verlag bisher nicht authorisiert ist, hoffen aber auf das Einverständnis des Verlags dieses wissenschaftliche Material in Auszügen veröffentlichen zu können. Falls dies nicht der Fall sein sollte, werden wir umgehend diese Seiten nicht mehr publizieren.)